Schätze der polnischen Musik entdecken

St Ingbert · Unter der Leitung von Christian von Blohn geben die Sopranistin Eva Leonardy, das Collegium Vocale Blieskastel und die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz ein Konzert, das dem polnischen Komponisten Henryk Górecki gewidmet ist.

 Das Collegium Vocale singt im Rahmen der Musikfestspiele Saar am 31. Mai in der St. Ingberter Josefskirche. Foto: Chor

Das Collegium Vocale singt im Rahmen der Musikfestspiele Saar am 31. Mai in der St. Ingberter Josefskirche. Foto: Chor

Foto: Chor

2015 gehen die Musikfestspiele neue Wege: Ein junges Festival mit Werken aus dem 20. Jahrhundert und seinen musikalischen Schätze. "Polnische Komponisten wie Karol Szymanowski, Mieczysaw Weinberg, Witold Lutosawski oder Henryk Górecki, um nur einige zu nennen, sind neben Prokofjew, Strawinsky, Schostakowitsch oder Bartók absolut gleichberechtigt und bedeutend in der Musikwelt, und es ist eine wunderbare Gelegenheit, ein Feuer für diese polnische Musik zu entfachen", so die Organisatoren Bernhard und Robert Leonardy . Die Komponisten Polens hätten die Tonalität nie ganz verlassen und kontinuierlich weiterentwickelt, daher könnten sich die Musikfestspiele Saar diesmal wieder als Schatzsucher und Goldgräber bezeichnen.

Einen Schatz davon finden Zuhörer am 31. Mai um 18 Uhr in der St. Ingberter Josefskirche: Die Sinfonie Nr. 3 für Sopran und Orchester op. 36 (,,Sinfonie der Klagelieder'') von Henryk Górecki. Mit der Sopranistin Eva Leonardy, dem Collegium Vocale Blieskastel und der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, unter der Gesamtleitung von Christian von Blohn wählten die Organisatoren eine Konstellation, die überregional für höchste Qualität und besondere Klangerlebnisse bekannt ist.

Hört man sich dann noch Góreckis 3. Sinfonie an, die über eine Million Mal verkauft wurde und als Klassikstück jahrelang in den Popcharts war, kann man schon im Vorhinein von einem besonderen Abend ausgehen. Selbst in mehrere Spielfilme und Fernsehserien wie "Der Bulle von Paris" mit Gérard Depardieu (1985) oder "La Grande Bellezza - Die große Schönheit" von Paolo Sorrentino (2013) fand das Werk seinen Einzug. Górecki komponierte das Werk 1976 als Auftragskomposition für den Südwestfunk Baden-Baden. Es wurde am 4. April 1977 in Royan (Frankreich) vom Sinfonieorchester des Südwestfunks Baden-Baden unter der Leitung von Ernest Bour uraufgeführt; das Sopran-Solo sang Stefania Woytowicz. Vier Flöten, vier Klarinetten, zwei Fagotte, zwei Kontrafagotte, vier Hörner, vier Posaunen, Harfe, Klavier, Streicher (mindestens 16 erste und 14 zweite Violinen, sowie zwölf Bratschen, zehn Violoncelli und acht Kontrabässe) standen und saßen damals auf der Bühne. Die auf den ersten Blick recht starke Orchesterbesetzung täuscht, denn den Großteil des musikalischen Geschehens bestimmen die Streicher. Harfe und Klavier setzen vor allem Akzente, und die Bläser treten fast ausschließlich in Form von Liegetönen in Erscheinung, um die Klangwirkung der überaus dicht gearbeiteten Partitur noch weiter zu intensivieren. Zarte Leidenschaft, ergreifend, berührend, fast meditativ erscheint die Musik. Alle drei Sätze der Sinfonie sind langsam gehalten. Sie steigern sich zum jeweiligen Höhepunkt bis zum Einsatz der Stimme in einem stetigen Fluss.

Den drei Sätzen liegen drei polnische Texte zugrunde, in denen sich die tiefe Katholizität Góreckis zeigt: Beim ersten Satz handelt es sich um ein Klagelied Marias, die um ihren gekreuzigten Sohn trauert; ein Text aus dem Kloster Heiligkreuz auf dem Berg ysa Góra aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Der Text des zweiten Satzes ist ein Gebet, das an der Wand einer Zelle im Keller des Gestapo-Hauptquartiers in Zakopane gefunden wurde. Der Text des dritten Satzes ist ein oberschlesisches Volkslied aus der Zeit der polnischen Aufstände, in dem eine Mutter um ihren toten Sohn klagt.

Jedem der drei Sinfoniesätze wird eine Chormotette vorangestellt: "Totus tuus" op. 60, "Euntes ibant et flebant" op. 32, "Lobgesang" op. 76. Erstere wurde eigens zum Besuch des Papstes Johannes Paul II in Polen geschrieben.

Der eigentliche Erfolg der Sinfonie der Klagelieder stellte sich erst 1992 ein. In einer Aufnahme unter dem Dirigenten David Zinman (Gesang: Dawn Upshaw ) war sie damals einige Wochen in den Popcharts vertreten. Die 3. Sinfonie inspirierte die Trip-Hop-Band Lamb zu ihrem Lied "Górecki", das es 1997 auf Platz 30 der UK-Top-40 schaffte.

Der Eintritt kostet 20, ermäßigt 15 Euro. Karten gibt es unter anderem in St. Ingbert in der Buchhandlung Friedrich.

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