Brunnen in Spiesen-Elversberg Wo ein Wassergeist brave Kinder zaubert
Unterwegs zu neun Brunnen in Spiesen-Elversberg. Oben warteten sie lange auf ihren zentralen Quell, unten hatten sie gut lachen.
Mit einer Brunnenkarte aus dem Jahr 1996 steigt Dieter Blankenagel ins Gespräch ein. Auf ihr sind im Ortsplan Spiesen alle damals bekannten – noch vorhandenen oder ehemaligen – Brunnen eingetragen. 41 Ziffern zwischen Galgenberg, Beckerwäldchen und Mühlental fallen ins Auge. Ein dichtes Quell-Netz, ehemals Versorgungsstationen für Mensch und Tier. „Sie sehen, wie wichtig die Brunnen mal waren und wie viele es hier gab“, erklärt der Vorsitzende des Heimatvereins Spiesen beim Treffen im Heimatmuseum im Haus Lion.
Historische Brunnenkarte
Für unsere Serie „Öffentliche Brunnen in der Region“ waren wir jetzt auch in der Gemeinde Spiesen-Elversberg (knapp 14 000 Einwohner) unterwegs. Die bei der Verwaltung angefragte Liste führte uns zu neun Brunnen. Infos lieferten Rathaus, Heimatkundler und ihre Archiv-Schätze, alte SZ-Ausgaben.
Brunnenweg über sechs Kilometer
Auf der historischen Brunnenkarte finden sich auch die Wasserbauwerke, die wir heute noch im Mühlental und im Rödgestal sehen. Unter Ziffer 25 etwa den ehemaligen Waschbrunnen, heute Kneippbrunnen. Ziffer 39, 3 und 38 sind heute zum so genannten Brunnenweg, einem Wanderweg über sechs Kilometer, thematisch zusammengefasst. Zunächst der Forstbrunnen, 2007 gefasst und ausgestaltet. Er steht wenige Meter vom Heidenaltar, einem römischen Steinbruch, entfernt. Dann folgt der Eulenbrunnen, vom Heimatverein 1996/97 neu gestaltet. Auf der Infotafel heißt es: „Eulen galten früher als Begleiter der Hexen, heute als Symbol für Weisheit.“ Schließlich erreicht der Wanderer den Hakenbrunnen, mehrfach neu aufgebaut, zuletzt 1968/69. Inschrift: „Ich komm aus Gottes Hand – und bin der Hakenborn genannt.“
Ursprung allen Lebens
Ein symbolischer Hinweis auf den Ursprung allen Lebens, wie es im Heimatkalender zur Geschichte dieses Brunnens im Krockenwald heißt. Der Brunnen trägt das Flachrelief des Hakenmännchens, einer Figur aus den abergläubischen Zeiten, ein freundlicher und hilfsbereiter Wassergeist im Wald, der dem Nass heilende Kräfte verleiht, wie die Spieser weiter nachlesen konnten. Unartige Kinder sollen im Wasser des Hakenmännchens gewaschen worden sein, um folgsam und brav nach Hause zurückzukommen, Klar, so wird ein heilender Geist auch schnell zum Kinderschreck.
Gedenkt eines Waisenmädchens
Kommen wir zurück ins Ortszentrum und zum Spieser Wahrzeichen, dem Gänselieselbrunnen. Das Bauwerk - errichtet 1935 - gedenkt eines Waisenmädchens, das die Einwohner im Dreißigjährigen Krieg mit einer Gänseschar vor dem Hungertod bewahrt haben soll. Lange stand der Brunnen direkt gegenüber der Kirche St. Ludwig. 1990 wurde er saniert. Inzwischen ziert er als Blickfang den neugestalteten Platz vor dem Haus Lion.
Baustellenfoto aus 1986
Nur einen Steinwurf weit weg plätschert der Brunnen vor dem Rathaus. Blankenagel hat ein Baustellenfoto von 1986 ausgegraben, in unserem Zeitungsarchiv ließ sich nichts mehr über die Einweihung finden. Nichtsdestotrotz: Spiesen („unten“) hatte also, was Elversberg („oben“) auch wollte (gesunde Rivalität, bis 2014 zwei Ortsteile mit Ortsräten). Auf den Emmerschberg sollte auch ein zentraler repräsentativer Quell. Wurde allerdings zum Langzeit-Projekt. Erst am 30. April 2013 feierte das Dorf die Einweihung des neuen Brunnens auf dem Alten Markt. Von der Vorgeschichte erzählt das SZ-Archiv: „Dritter Versuch soll klappen“ schrieb unsere Zeitung im Januar 2011: „Licht- und Wasserspiele auf dem Alten Markt“, hieß es weiter.
Feine Wasservorhänge
Ein Entwurf für einen begehbaren Brunnen in Elversberg werde umgesetzt: „Granitscheiben, dazwischen feine Wasservorhänge, Beleuchtung, dazu Reliefs, die auf die Geschichte des Ortes verweisen.“ Na ja, ganz so ging der Plan nicht auf. „Neuer Brunnen wertet Markt auf - Bergmann-Silhouette und Kohle-Symbole weisen auf Geschichte in Elversberg hin“ titelte die SZ, als aus Entwürfen endlich Realität geworden war. „Es ist eine zweckentsprechende und schöne Brunnenanlage geworden“, wertete Bürgermeister Reiner Pirrung bei der Einweihung. Das begrenzte Budget hatte die Umsetzung, nicht einfach gemacht.
Heute eine Wassertretanlage
Zu zwei historischen Elverberger Brunnen schürfen wir in der Heimatstube Elversberg in der St. Ingberter Straße. Deren Leiter Frank Fuchs hat sich auf den SZ-Besuch vorbereitet und uns aus alten Beständen an Text und Bild Hilfreiches zusammengestellt. Da ist der Frisch-Auf-Brunnen am Ende der Herrenstraße, der heute die Wassertretanlage speist. Sein Vorgängerbrunnen wurde in den Jahren 1855-58 als Waschbrunnen erbaut. Der Zweite Weltkrieg hatte das Bauwerk zerstört, aber die Quelle sprudelte weiter. Saar-Wald-Verein und Gemeinde nahmen den Wiederaufbau in Angriff.
Kolonie Galgenberg
Im Nachrichtenblatt vom 29. Oktober 1954 lesen wir über die Einweihung: „Höhepunkt der Feier war die Enthüllung des Brunnens … und die Taufe auf den Namen des alten Saarwäldler Wandergrußes „Frisch auf“‘. Und weiter: „Spontaner Beifall und uneingeschränktes Lob seitens der begeisterten Elversberger“ belohnten diejenigen, die sich für den Wiederaufbau eingesetzt hatten. Weit zurück reicht auch die Geschichte des alten Waschbrunnens in der Herrenstraße. In einer Chronik heißt es: „Zu dem Weiler Elversberg war auf einem gerodeten Waldstück die Kolonie Galgenberg (die heutige Neunkircher Straße) entstanden. Die Besiedlung war von der Wasserfrage maßgebend beeinflusst.
Kleinkinder-Brunnen
Den gegebenen Wasserstellen folgend, wurde zuerst ‚in das Loch‘ (Herrenstraße) gebaut. Der vorhandene Brunnen wurde durch die Grube gefaßt und ausgebaut. Er gilt als der Elversberger ‚Kleinkinder-Brunnen‘ und ist in seiner ursprünglichen Form eine Sehenswürdigkeit von eigenem Reiz.“ Dieser historische Waschbrunnen wurde 1890 fertiggestellt. Diesen Reiz spürt der Betrachter heute in reduzierter Neufassung nicht mehr. Ein historisches Foto führt uns den Reiz schon vor Augen: zwei große Waschtröge vor gewaltiger Steinkulisse. Und der Name „Kleinkinder-Brunnen“? Frank Fuchs klärt auf: „Es hieß damals: Aus der Klappe, da kommen die Kinder raus.“