Immobilienmarkt Neunkirchen hat seine „Schmerzgrenze“

Neunkirchen · Neue Zahlen: So sieht die Mietpreisspanne für Wohnungen der Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft in Neunkirchen aus.

 Die Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft Neunkirchen investierte zuletzt auch in die energetische Sanierung des Wohngebiets Winterfloß in Wellesweiler.

Die Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft Neunkirchen investierte zuletzt auch in die energetische Sanierung des Wohngebiets Winterfloß in Wellesweiler.

Foto: Robby Lorenz/Robby Lorenz;Robbby Lorenz

Die Stadt Neunkirchen ist ein Stück weg von München, Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg oder Berlin. Auch bei den Wohnkosten. In den Teuer-Städten an Isar, Main, Rhein, Elbe und Spree spüren die Menschen einen mehr als angespannten, geradezu explosiven Immobilienmarkt. Nicht nur Geringverdiener, auch die Mittelschicht verzweifelt an steigenden Mieten. Aktuell Thema in Medien und Talkshows. Im April soll in Berlin gar ein Volksbegehren zur Enteignung großer Immobilienunternehmen starten, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Zurück an die Blies. Auch hier geht es um bezahlbaren Wohnraum. „Wir sind die Guten.“ Guido Esseln, Geschäftsführer der Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft (GSG) Neunkirchen, besetzt im Gespräch mit unserer Zeitung die Arbeit eines kommunalen Immobiliendienstleisters offensiv. „Wir kommen unserer Aufgabe nach“, sagt Esseln. Und die lautet satzungsgemäß: breite Schichten der Neunkircher Bevölkerung sicher und sozial verantwortbar mit Wohnraum zu versorgen. Esseln: „Von Wohnungsnot in Neunkirchen kann man nicht sprechen.“ Und weiter: „95 Prozent aller Wohnung der GSG liegen innerhalb des grundsicherungsrelevanten Mietspiegels. Das heißt wir können von 95 Prozent aller Wohnungen als bezahlbarem Wohnraum sprechen.“ Der grundsicherungsrelevante Mietspiegel ermittelt angemessene Kosten der Unterkunft, die Jobcenter oder Soziamt übernehmen müssen.

Die Mietpreisspanne bei ihren Wohnungen reicht laut GSG von drei bis acht Euro. Die durchschnittliche monatliche Kaltmiete lag im Jahr 2018 bei 4,60 Euro pro Quadratmeter. Die durchschnittliche Kaltmiete in Neunkirchen für Wohnungen außerhalb der GSG schätzt Esseln auf 5,25 Euro pro Quadratmeter. Das Immobilienportal immowelt.de nannte auf SZ-Anfrage folgende Zahlen zu 2018 nach Anzeigen-Analyse: Miete pro Quadratmeter in Neunkirchen sechs Euro (2017 sechs Euro), Kaufpreis pro Quadratmeter 1080 Euro (990). Miete Landkreis sechs Euro (5,80), Kauf Landkreis 1020 Euro (940).

Die GSG verwaltet 2535 Einheiten (Wohnungen, Eigentumswohnungen, Gewerbe), davon 1936 eigene Wohnungen mit insgesamt 122 300 Quadratmetern Wohnfläche. Die durchschnittliche Wohnungsgröße misst 63 Quadratmeter. Das Spektrum reicht von einem bis fünf Zimmer mit Küche und Bad. „In die Instandhaltung investieren wir jährlich 2,8 Millionen Euro“, rechnet Esseln vor. Das reiche vom Reparieren des Wasserhahns bis zum Reparieren des Daches. „In die Modernisierung stecken wir jährlich 3,3 Millionen Euro.“ Da gehe es um Dämmung oder Einbau einer Zentralheizung.

Zum Jahresende 2018 lag die Leerstandquote bei 0,3 Prozent. Das beziffere aber nur die Wohnungen, „die dem Markt tatsächlich zur Verfügung stehen“, sagt Esseln. Denn es gebe auch „bewusste Leerstände“, um bei großen Sanierungsprojekten Ersatz-Wohnraum zu haben.

Etwa 200 Mieterwechsel meldet die GSG im Jahr. Nachfrage nach Wohnungen sei immer da. Vor allem für Ein- bis Zwei-Personen-Haushalte. Angebote gehen schnell weg, Wartezeit inklusive. Lediglich im Minisegment mit der höchsten Miete dauere es schon mal drei bis vier Monate, ehe weitervermietet werden könne, so Esseln. Das betrifft die 27 Wohnungen in der Goethestraße mit einer Kaltmiete von acht Euro: „Da lässt sich die Schmerzgrenze in Neunkirchen ablesen.“

Der Geschäftsführer hat die Mietpreisspanne aufgelistet. Drei bis 3,90 Euro monatlich pro Quadratmeter bedeutet einfache Ausstattung, Ofenheizung. Öfen würden bei Mieterwechsel allerdings durch Etagenheizung oder Zentralheizung ersetzt. Solche Wohnungen hat die GSG teilweise in guten Innenstadtlagen, etwa Blumenstraße, Brückenmüllerstraße, Hirschgrabenstraße oder Fernstraße. Vier bis 4,50 Euro umfasst teilmodernisierte Wohnungen, bereits mit Etagenheizung oder Zentralheizung. 4,50 bis sechs Euro gelten für energetisch modernisierte Gebäude, so dass sie annähernd Neubaustandard erreichen. Dazu gehören etwa die Siedlungen Winterfloß, Schaumbergring oder Hüttensiedlung. Der Wohnwert verbessern Bäder und Balkone. In dieses Segment fallen auch Niedrigenergiehäuser und Passivhaus (Finkenweg).

 Guido Esseln, Geschäftsführer der GSG Neunkirchen.

Guido Esseln, Geschäftsführer der GSG Neunkirchen.

Foto: Esseln

Die GSG als kommunales Unternehmen orientiere sich an sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Kriterien, sagt Esser: „Bei Kritik einer höheren Miete nach Modernisierung ist aber immer auch die Frage zu stellen: Wo kommt man her? Welcher Wohnungswert habe ich jetzt?“

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