Minderjährig und besoffen

Köllertal. Der Polizeibeamte Jürgen Diehl erinnert sich an ein Schlüsselerlebnis vor einigen Jahren: Der Köllertaler Polizeihauptkommissar hatte nachts ein zwölfjähriges Mädchen mit 1,2 Promille Alkohol im Blut aufgegriffen. Dann übergab er das Kind in die Obhut des Vaters. "Doch der hatte 1,8 Promille und empörte sich, dass sich die Polizei um seine Tochter kümmert

Köllertal. Der Polizeibeamte Jürgen Diehl erinnert sich an ein Schlüsselerlebnis vor einigen Jahren: Der Köllertaler Polizeihauptkommissar hatte nachts ein zwölfjähriges Mädchen mit 1,2 Promille Alkohol im Blut aufgegriffen. Dann übergab er das Kind in die Obhut des Vaters. "Doch der hatte 1,8 Promille und empörte sich, dass sich die Polizei um seine Tochter kümmert. Das Trinken gehe die Ordnungshüter gar nichts an, war der Mann überzeugt", schildert Diehl und wundert sich nicht, "dass heute die Heranwachsenden saufen, wenn es ihnen daheim vorgemacht wird".

Diehls Kollege Herbert Kraß vom Polizeiposten Püttlingen weiß aber auch von Fällen zu berichten, in denen gut erzogene Kinder ohne Wissen der Eltern der Verlockung des Alkohols erlagen. Vor allem hochprozentiger süßer Schnaps wird dann getrunken, dessen Wirkung sich nicht bei den ersten Schlucken offenbart. "Wir haben heute das Phänomen der Jugendgruppen. Allein können die Heranwachsenden nichts mit sich anfangen, also lassen sie sich in der Masse der Gruppe zum Trinken hinreißen", schildert Kraß. Er kann das besagte Phänomen allerdings nicht in Zahlen fassen, denn die Polizei führt keine Statistiken über alkoholisierte Personen. Seiner Einschätzung nach sind die Fallzahlen im Köllertal nicht höher als andernorts. Püttlingen hat das Trinken im Park gar mit einer Satzung verboten. Das Einhalten dieser Satzung wird auch kontrolliert, wenngleich sich eine nachhaltige Wirkung dieser Kontrollen nicht jedem auf Anhieb erschließt.

Jüngster Extremfall in Püttlingen: Am frühen Freitagabend wurde eine 14-Jährige von einem herbeigerufenen Arzt ins Krankenhaus geschafft, nachdem ihr der Alkohol die Beine unter den Füßen weggezogen hatte. Nach dem Stand der Ermittlungen hatte das Mädchen mit etwa 20 bis 25 Personen im Püttlinger Stadtpark bis zur Übelkeit gezecht. Aus Gründen der Körperpflege suchte die Heranwachsende dann zusammen mit einer Freundin ein Lokal auf. Es war also demnach nicht so, dass ein Wirt Alkohol an die Minderjährige ausgeschenkt hatte. Die Minderjährigen beschaffen sich den Alkohol anders: Wie die Polizei berichtet, ist es fast immer so, dass ein Volljähriger den Alkohol im Laden legal erwirbt und dann zum Trinken weiterreicht.

Trifft die Polizei im Püttlinger Park eine Gruppe, in der auch minderjährige "Mittrinker" sind, dann bleibt die Frage der Beamten, wem denn die Alkoholika gehören, fast immer unbeantwortet. Keiner will (wegen des Trinkverbotes) wissen, wie das Zeug dorthin kam.

Die Polizei hat dann immerhin eine Handhabe, alkoholische Getränke an Ort und Stelle auszukippen. Im jüngsten Fall waren es Biermischgetränk, roter Wodka und Amaretto.

Wie es hieß, erwarte das Mädchen eine Ordnungswidrigkeits-Anzeige (40 Euro) wegen Belästigung der Allgemeinheit und Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung. Außerdem hätten die Eltern angekündigt, ein klärendes Gespräch mit der Tochter zu suchen.

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