Hüfte oder Knie - das ist hier die Frage

Orscholz. Hüfte oder Knie? Das ist die am meisten gestellte Frage der Therapeuten, bevor es zur Anwendung geht. Aber so fragen sich auch die Patienten untereinander und tauschen, auf Gehhilfen gestützt, ihre Erfahrungen aus. Der erste Schritt in das "Gesundheitszentrum Saarschleife" verblüfft. Man betritt das Haus ebenerdig auf der zweiten Etage

 Oase der Entspannung: Der Palmengarten in der Klinik. Fotos: SZ/Gesundheitszentrum Saarschleife

Oase der Entspannung: Der Palmengarten in der Klinik. Fotos: SZ/Gesundheitszentrum Saarschleife

Orscholz. Hüfte oder Knie? Das ist die am meisten gestellte Frage der Therapeuten, bevor es zur Anwendung geht. Aber so fragen sich auch die Patienten untereinander und tauschen, auf Gehhilfen gestützt, ihre Erfahrungen aus.Der erste Schritt in das "Gesundheitszentrum Saarschleife" verblüfft. Man betritt das Haus ebenerdig auf der zweiten Etage. Und die Verwirrung setzt sich fort. Auf der dritten Etage ist man nicht zwei Etagen über der ersten, die unter dem Niveau des Hauses liegt, sondern ebenerdig. Habe ich Sie jetzt genügend verwirrt? Macht nichts. Den Patienten geht es ebenso während der dreiwöchigen Reha.

Warum tragen die meisten Patienten einen Latz vor der Brust? Die Frage ist schnell beantwortet. Bei der Ankunft wird einem eine Baumwolltasche, die - trägt man sie vor der Brust - wie ein Latz wirkt, ausgehändigt. In dieser Tasche führt man alles mit, was man tagsüber so braucht, vom Zimmerschlüssel über das Taschentuch bis zum Therapieplan. Denn die Hände müssen wegen der Krücken, pardon Gehhilfen, frei bleiben.

Diese langen Flure! Sie ziehen sich kilometerweit und sind nicht als Therapie, Anregung zum Gehen gedacht, sondern sind darin begründet, dass der Architekt sechs Häuser miteinander verbunden hat, um mit der vor rund 20 Jahren gebauten Anlage die berühmte "Saarschleife" an der Cloef nachzubilden.

Eine Rehaklinik ist eine Welt für sich. Es fällt schwer, sich einzugliedern in ein System, das wie ein Uhrwerk funktioniert, funktionieren muss, soll es Erfolg haben, sollen Patienten zu ihrem Recht kommen und das Personal arbeiten können.

Auch wenn manchmal Sand im Getriebe ist. Wie zum Beispiel neulich. Die Patientin legt gemäß Anordnung ihr Bein in eine Schiene, lässt es festbinden und dann wurde - computergesteuert - das Bein gestreckt beziehungsweise gebeugt. Bis die Patientin die Frage nach dem kranken Bein stellte, denn das gesunde Bein war bearbeitet worden.

Der Blick zur Armbanduhr. Jeder Zweite hat die Angewohnheit, sie ist ein Reflex, weil jeder pünktlich zur Anwendung da sein will, sonst gibt es Minuspunkte.

Die Gespräche unter den Patienten, darunter erstaunlich viele Luxemburger, drehen sich neben alltäglichen Dingen um "Ersatzteile" wie Hüfte oder Knie und die Erfahrungen damit.

Es hat wohl einen Aufruf gegeben, "Dicke aller Länder, trefft Euch in Orscholz", denn selten sah man so viele XXL-Größen, Männer wie Frauen, beisammen.

Gut, das Essen war vorzüglich, und wer sich nicht selbst helfen konnte, dem wurde es an den Tisch gebracht vom immer freundlichen Personal.

Wie willig Patienten auf die Anordnung der Ärzte reagieren, beweist folgende Begebenheit. Eine Patientin ging nicht zur angeordneten Blutentnahme, weil zwei Tage vorher im Krankenhaus Blut entnommen worden war und sie glaubte, das Ergebnis könnte weiter geleitet werden. Im Hinterkopf die steigenden Gesundheitskosten . . . Die Ärztin war über den Widerspruch höchst erstaunt. Das war ihr noch nicht begegnet, dass ein Patient mitdachte.

Aber man muss mitdenken, sonst geht man bei dem Massenbetrieb unter und verspielt Rechte.

Im Laufe der drei Wochen lernte man alle Therapeuten kennen, weil es jedes Mal ein anderer war, der die Anwendung ausführte, nicht zur Freude der meisten Patienten. Es gab auch viel Leerlauf, und statt das kranke Bein mit der Motorschiene auf- und abzufahren, hätte man sich mehr auf die Behinderung zugeschnittene Krankengymnastik gewünscht. Wenn es auch auf der Motorschiene bei einer bestimmten Therapeutin Musik gab, so Klassisches, wie Beethoven oder - wie heißt der Mann mit dem weißen Schal, gemeint war der 105 Jahre alte Heesters. Und wenn die drei Wochen um sind und man sich nach der Entlassung wieder wie ein selbständiger Mensch fühlt, so kommt der Erfolg nach, wenn der Arzt gute Verbesserung feststellt. Es hat sich also gelohnt.

Trudel Hayer-Krisam

"Eine Rehaklinik

ist eine Welt für sich."

 Viele Patienten haben mit Knieprobleme zu kämpfen.

Viele Patienten haben mit Knieprobleme zu kämpfen.

Trudel Hayer-Krisam

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