Kontrastreich alle Register gezogen

St. Wendel. Zum zweiten Mal hat der Regensburger Professor Norbert Düchtel (Foto: SZ) an der Orgel der St. Wendeler Wendelinusbasilika gastiert und als Schwerpunkt seines Programms Musik des vor 200 Jahren geborenen Felix Mendelssohn-Bartholdy zu Gehör gebracht: zwei der berühmten Orgelsonaten und zwei sinfonische Sätze, die er gerade erst für Orgel arrangiert hatte

St. Wendel. Zum zweiten Mal hat der Regensburger Professor Norbert Düchtel (Foto: SZ) an der Orgel der St. Wendeler Wendelinusbasilika gastiert und als Schwerpunkt seines Programms Musik des vor 200 Jahren geborenen Felix Mendelssohn-Bartholdy zu Gehör gebracht: zwei der berühmten Orgelsonaten und zwei sinfonische Sätze, die er gerade erst für Orgel arrangiert hatte. Wirkungsvoll kontrastierten dazu eine frühklassische Sonate von Johann Carl Friedrich Rellstab und eine geistliche Tanzmusik des jüngst verstorbenen Tschechen Petr Eben. Düchtel verbindet mit einer exzellenten Literaturkenntnis, wie er sie vor schon vier Jahren bewiesen hatte, offenbar auch einen feinen Instinkt für Jubiläen: Petr Eben wäre 2009 achtzig Jahre alt geworden, und der Berliner Musikalienhändler Rellstab ist vor 250 Jahren geboren. Rellstab studierte bei namhaften Meistern, unter anderem bei Philipp Emmanuel Bach, und verfasste als einziges Werk für die Orgel eine dreisätzige Sonate in D-Dur, die er als kluger Händler auch als für Cembalo geeignet bezeichnete. Düchtel gab dem Werk seinen Charakter als Mischung von Galanterie und Gravität, wie es von der ungewöhnlichen Bezeichnung des dritten Satzes als "Allegro e grave" empfohlen wird. Dieser Eröffnung folgte in sinnvoller Beziehung zum "Paulus-Jahr" und als Einführung in die Welt Mendelssohns die Ouverture zum Oratorium "Paulus". Sie sei "sehr orgelmäßig" komponiert und habe sich daher zur Bearbeitung angeboten, erklärte Düchtel. Wie in den Orgelsonaten spielt hier der protestantische Choral eine wichtige Rolle: ein romantischer Satz von "Wachet auf, ruft uns die Stimme" eröffnet das Werk und bleibt bis zur prächtig crescendierenden Fuge präsent. Die sinfonischen Möglichkeiten der Orgel lotete der Bearbeiter erfolgreich aus im melodiösen "Con moto moderato" der Italienischen Sinfonie Opus 90, wo er besondere Dämpfungseffekte beim Bläserchor herausholte, die im Orchester so extrem nicht leistbar sind. Ein rechtes Hörvergnügen war die Orgelsonate in B. Hier wie in der D-Dur-Sonate gelangen die Gegensätze zwischen zurückgenommenen, "streichenden", ruhigen Teilen und freudig pulsierenden schnellen Sätzen vorzüglich. Auch die Finali beider Sonaten zeigten eine wohldifferenzierte Registrierung. Seine Virtuosenqualitäten offenbarte der Interpret nicht weniger in einem ganz anderen Kontext, in der "Hochzeit zu Kana" aus den1992 veröffentlichten "Vier biblischen Tänzen" von Petr Eben. Quirlig und orientalisch präsentierte sich eine ungewohnte Melodik und Harmonik. Ein Trompetenregister verlieh dem fröhlichen Forte ein typisches Profil, und die wunderträchtige Szene endete als phonstarkes Erlebnis. Zurück zu den Jubiläen: Basilikakantor Klemm konnte stolz darauf hinweisen, dass die Konzertreihe "Orgelmusik am Abend" nunmehr zum zehnten Male stattfindet.

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