Natürlich wurde Willy Brandt abgehört. Und Helmut Kohl. Vom sowjetischen KGB, vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR, von den Chinesen, den Franzosen, den Engländern, von Dr. Mabuse. Wenn Helmut Kohl ein vertrauliches Gespräch führen wollte, ließ er sich von seinem Fahrer zu einer Telefonzelle bringen. Da war er sicher. Auch vor seinen Freunden.

Im Sommer 2013 wurde klar, dass wir alle, außer Angela, abgehört werden. Kein Handy, kein Rechner ist sicher. Unsere Kontakte werden protokolliert, mit Big Data analysiert. Von unseren Freunden, von der NSA in den USA, wegen des Terrorismus. Dafür bin ich dankbar, in Wiesbach gab es noch keinen Anschlag.

Allerdings bin ich auch besorgt. Mein Tagebuch macht mich erpressbar. Würde es bekannt, so würden sich meine Freunde von mir abwenden. Meine Ausflüge ins Usenet sind noch fataler: Würde mein Forschen nach Frauen über 50 in schwarzen Dessous öffentlich, so nähme mir dies jede Glaubwürdigkeit in Sachen Mathematik. Das macht mir richtig Angst. So ist es heute.

Der große Cäsar wurde nicht abgehört, es gab noch kein Telefon. Aber auch er wurde ausspioniert. Seine Briefe wurden geöffnet, unbefugt gelesen und das wusste er. Er sann auf Abhilfe, er erfand eine Geheimschrift, die berühmte Cäsarchiffre. Die geht so: Ersetze Buchstaben durch andere. Ersetzen, substituere auf Latein, deshalb heißt das eine Substitutionschiffre. Cäsar verschob das Alphabet. Aus A wurde D, aus B dann E und so weiter, bei X, Y, Z geht es wieder von vorne los: Klartext: A B C ….. X Y Z Geheimtext: D E F ….. A B C

Zwischenräume und Satzzeichen ließ er weg, er benutzte nur die 26 Großbuchstaben des lateinischen Alphabets. So wollen wir es auch hier halten. {rahkv} Unsere erste Frage, Ihre erste Aufgabe: Wie lautet der Geheimtext zu dem berühmten VENI, VIDI, VICI?

Der folgende Geheimtext wurde auch nach Cäsars Methode verschlüsselt, allerdings nicht mit der Verschiebung von A zu D: VZEXVJGVEJKXVYKLDZE VLIFGRURJXVJGVEJKUV JBFDDLEZJDLJ {rahkv} Unsere zweite Frage, Ihre zweite Aufgabe: Wie heißt der Klartext? Kennen Sie auch die Quelle?

Cäsars Methode war einfach, aber genial. Allerdings auch leicht zu knacken, wenn man die Methode kennt. Davon geht man in der Kryptologie immer aus, nach leidvollen Erfahrungen. Das ist Kerckhoffs' Prinzip: Der Feind kennt das benutzte System. Bei Cäsarchiffren gibt es nur 25 Möglichkeiten, und die kann man locker ausprobieren. Das ist einfach zu wenig. Mit ein wenig Mathematik erschließt man sich neue Methoden. Man codiert die Buchstaben mit Zahlen: A B C D…. X Y Z 0 1 2 3 ….23 24 25

Cäsars Chiffre ist dann eine einfache Addition: Aus dem Buchstaben x wird x+3. Bei X, Y, Z hat man allerdings ein Problem: Die Ersetzungen sind 26, 27, 28, sollten aber 0, 1, 2 sein. Man muss wieder von vorne anfangen, dies kann man so beschreiben: Teile die Zahl durch 26 und nehme den Rest. So etwas nennt man modulare Rechnung modulo 26.

Statt modularer Addition kann man modulare Multiplikation benutzen. Aus x wird a·x. Ein Beispiel: a=3. Aus x wird 3x, aus S wird C. Das Entschlüsseln klappt leider nicht bei allen Faktoren a. Nehmen Sie zum Beispiel den Faktor 13, dann werden alle geraden Zahlen bei modularer Multiplikation zu 0, denn 13·gerade Zahl ist immer durch 26 teilbar. A,C,E,G,..., W, Y werden alle beim Chiffrieren zu einem A. Der Geheimtext ist dann nicht mehr zu entschlüsseln. Das muss an der 26 liegen. Mit den Faktoren a=1, 3, 5, 7, 9, 11, 15, 17, 19, 21, 23, 25 klappt das Entschlüsseln. Probieren Sie es aus. {rahkv} Unsere Frage, außer Konkurrenz: Was ist das Besondere an den obigen Zahlen? Mit dieser Multiplikation hat man elf neue Möglichkeiten. Die 1 als sinnvoller Faktor entfällt. Immer noch zu wenig. Wenn man allerdings Cäsars Addition mit der Multiplikation kombiniert, dann werden es deutlich mehr. Aus x wird a·x+b, a wie oben, b irgendeine Zahl zwischen 0 und 25. Solche Chiffren heißen affin. Es gibt 12·26=312 Möglichkeiten, eine davon ist nicht sinnvoll (a=1, b=0). Immerhin 311 Möglichkeiten.

Am Ende noch etwas zum Knobeln für Experten: E und N sind die häufigsten Buchstaben in deutschen Texten. Durch eine Häufigkeitsanalyse eines Geheimtextes hat man herausgebracht, dass bei einer affinen Chiffre, also x wird zu a·x+, aus dem E ein G wird und aus dem N ein Z. Gesucht sind a und b.

Wenn Sie die hier beschriebenen Methoden zum Chiffrieren Ihrer Botschaften benutzen, schaden Sie der NSA. Denn die lachen sich kaputt. Das Lachen bleibt ihnen allerdings im Halse stecken, wenn Sie richtig große Alphabete benutzen. Oder moderne Chiffrierverfahren wie AES. Hoffe ich jedenfalls.

Zum Thema:

Auf einen BlickDie Lösung geht an die St. Wendeler Lokalredaktion der Saarbrücker Zeitung. Bis Dienstag, 26. November, muss sie ankommen. Wir verlosen zehn Gutscheine zu je zehn Euro für das Schaumbergbad in Tholey. Die Gutscheine stellt die Gemeinde bereit. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Auflösung erfahren die Leser in der SZ-Ausgabe vom Mittwoch, 27. November, oder in einer der folgenden.Adresse und Stichwort: Saarbrücker Zeitung, Mia-Münster-Straße 8, 66606 St. Wendel; Fax: (0 68 51) 9 39 69 59; per E-Mail an: redwnd@sz-sb.de. Stichwort: Lauschangriff. Wichtig: Ihre Anschrift nicht vergessen, damit wir den eventuellen Gewinn zuschicken können. red