Genossen lösen Wahlversprechen ein

Gelassene Zufriedenheit bei den Genossen, die genau 156 Tage nach der Landtagswahl eines ihrer zentralen Wahlversprechen einlösen: ein saarländisches Tariftreuegesetz. Was als fachlich-sperriger Begriff daherkommt, hat erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt - auf Arbeitgeber und ihre Beschäftigen

Gelassene Zufriedenheit bei den Genossen, die genau 156 Tage nach der Landtagswahl eines ihrer zentralen Wahlversprechen einlösen: ein saarländisches Tariftreuegesetz. Was als fachlich-sperriger Begriff daherkommt, hat erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt - auf Arbeitgeber und ihre Beschäftigen. Denn mindestens 8,50 Euro in der Stunde werden Unternehmen ihren Mitarbeitern künftig zahlen müssen, wenn sie ab einem Volumen von 25 000 Euro in den Genuss öffentlicher Aufträge kommen wollen. So sieht es der Entwurf eines Tariftreuegesetzes vor, den Christ- und Sozialdemokraten gestern im Landtag mit Zustimmung der Linkspartei und der Piraten auf den Weg brachten.Eine unaufgeregte, knapp einstündige Diskussion geht der Entscheidung voraus. "Ein guter Tag für die Arbeitnehmer in diesem Land", bilanziert SPD-Parteichef und Wirtschaftsminister Heiko Maas. Nach den Ausschuss-Beratungen könne das Gesetz noch 2012 in Kraft treten.

Mit viel Mühe und nach zähem Ringen mit dem Partner CDU hatte die SPD die neue Tariftreue-Regelung im Koalitionsvertrag festgeschrieben, die sich gegen Lohn- und Sozialdumping wendet. "Faire Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen und gerechte Löhne für die Arbeitnehmer", nennt der SPD-Abgeordnete und DGB-Chef Eugen Roth die Hauptziele des Gesetzes. Auch die Leiharbeiter profitierten künftig davon, da sie bei gleicher Tätigkeit wie regulär Beschäftigte entlohnt werden. An einer Rechtsverordnung über die Einhaltung der neuen Vorschriften werde noch gearbeitet, räumt der SPD-Landtagsabgeordnete ein. Wer gegen die Regelung verstoße, könne bis zu fünf Jahren von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werde. Bei der "inhaltlichen Ausgestaltung" des Gesetzes sieht Roth das Saarland im Länder-Vergleich "im vorderen Drittel". Bisher verfügten zehn der 16 Bundesländern über entsprechende Gesetze.

Für die CDU, die sich in den Koalitionsverhandlungen mit den Themen Tariftreue und Mindestlohn schwer tat, geht Bernd Wegner, zugleich Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung Saar, in die Debatte. Es werde "ein Gesetz für die Arbeitnehmer und nicht gegen die Unternehmer vorlegt", verspricht er. Einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn erteilt Wegner eine Absage. Man brauche vielmehr regionale Lösungen, so der Parlamentarier.

Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine, dessen Partei einen eigenen Gesetzentwurf erarbeitet hat, attestiert dem Entwurf der Regierungskoalition zwar einen "gewissen Fortschritt". Allerdings gehe er nicht weit genug. Mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro könne die Altersarmut nicht bekämpft werden. Lafontaine macht die Rechnung auf: Wer 40 Jahre einer Arbeit mit einem Stundenlohn von 8,50 Euro nachgehe, erreiche bei einer Rente von 550 Euro noch nicht einmal die gesetzliche Grundsicherung. Der Fraktionsvormann unterstreicht die Forderung der Gewerkschaft Verdi nach einem "repräsentativen Tarifvertrag", der sich regional an dem Tarifvertrag mit den meisten Beschäftigten orientiert. Auch die Piraten nennen den großkoalitionären Entwurf "einen Schritt in die richtige Richtung" und signalisieren Zustimmung. Die Grünen können sich bestenfalls zu einer Enthaltung durchringen. Ihr Chef Hubert Ulrich fordert die Allgemeinverbindlichkeit des Mindestlohns. Den Genossen wirft er vor, vor der Landtagswahl "arbeitnehmerfreundlich geblinkt, dann aber koalitionstechnisch abgebogen" zu sein.

Nach der Debatten-Stunde nimmt der Gesetzentwurf von CDU und SPD die erste parlamentarische Hürde. Nächste Station: der Parlamentsausschuss.

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