Am Automaten geht's auch um die Wurst

Trier. Eine ältere Dame steht unschlüssig vor dem eckigen roten Kasten in der Fleischerei Martin an der Trierer Paulinstraße. Gerade hat die Frau einen Schweinebraten gekauft. Den soll sie jetzt aber nicht mehr an der Theke bezahlen, sondern am Automaten. Die Verkäuferin hat ihr dazu einen Bon mitgegeben

 Kai Leonhardt, Inhaber der Trierer Fleischerei Martin (links), zeigt dem Kunden Winfried Stevens, wie er seine Rechnung an der Zahlmaschine begleicht. Foto: Christa Weber

Kai Leonhardt, Inhaber der Trierer Fleischerei Martin (links), zeigt dem Kunden Winfried Stevens, wie er seine Rechnung an der Zahlmaschine begleicht. Foto: Christa Weber

Trier. Eine ältere Dame steht unschlüssig vor dem eckigen roten Kasten in der Fleischerei Martin an der Trierer Paulinstraße. Gerade hat die Frau einen Schweinebraten gekauft. Den soll sie jetzt aber nicht mehr an der Theke bezahlen, sondern am Automaten. Die Verkäuferin hat ihr dazu einen Bon mitgegeben. "Den halten Sie einfach vor den Scanner", sagt Fleischerei-Inhaber Kai Leonhardt. 6,45 Euro erscheint im Display. Die Frau wirft das Geld ins dafür vorgesehene Münzfach - und der Automat spuckt einen Beleg aus. "Das war's", sagt Leonhardt. "Damit gehen Sie zur Theke und bekommen Ihre Ware."Eine Prozedur, die Leonhardt in den vergangenen Woche hundertfach absolviert hat. Vor zehn Tagen hat er den Zahlautomat in Betrieb genommen - den ersten in einem Fleischerei-Fachgeschäft der Region. "Wir wollen damit Geld- und Warenverkehr strikt trennen", erklärt der Fleischermeister.

Über die Hygiene an der Wursttheke werde immer wieder diskutiert. Das ständige Desinfizieren nach dem Kassieren sei für die Verkäuferinnen ein Problem. "Sie haben sich bisher nach jedem Kassiervorgang die Hände gewaschen", erklärt Leonhardt. Pro Mitarbeiterin fielen täglich etwa 60 Geldkontakte an. "Das ist eine erhebliche Belastung." Hauterkrankungen seien laut Statistik der Berufsgenossenschaft die häufigste Krankheitsursache bei Metzgerei-Angestellten. Durch das Bezahlen am Automaten falle der Kontakt zur Kontaminations-Quelle Geld weg.

Die Kunden reagieren meist positiv: "Das Personal kann sich besser um uns Kunden kümmern. Und aus hygienischer Sicht ist es ein Schritt voran", findet Winfried Stevens. "Das Geld geht durch so viele Finger, damit sollten keine Lebensmittel angefasst werden", erklärt eine andere Kundin. Etwa 20 000 Euro hat der Automat hat Leonhardt gekostet. Für den Metzgermeister eine lohnende Investition, obwohl sich noch manch ein Kunde gegen die Veränderung sträubt: "Es gibt schon viele Diskussionen im Laden. Aber wenn wir unsere Gründe erklären, sehen die Kunden es auch ein."

Zudem stehe - vor allem bei viel Betrieb am Mittag - stets jemand bereit, der den Kunden bei der Bedienung des Automaten hilft. Von Personaleinsparung könne daher keine Rede sein, sagt Leonhardt, der 24 Mitarbeiter beschäftigt. Der Automat werde keine Fachkraft ersetzen, sondern den Verkäuferinnen mehr Zeit für den Service verschaffen. Bei der Fleischer-Innung von Trier-Saarburg findet die Innovation darum bereits Anklang: "Die Idee ist hochinteressant", sagt Innungs-Obermeister Peter Klassen. Der neue Automat sei "vorbildlich für die Hygiene". Der Verbraucher empfinde Geld nun mal als "schmutzig", auch wenn es kaum Nährboden für Bakterien biete. Daher sei der Automat eine "gute Lösung". Aber: "Die beste Idee nützt nichts, wenn der Kunde sie ablehnt", schränkt Klassen ein.

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