Alte Schule in Gehweiler sucht neuen Besitzer

Gehweiler. "Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende", sagte Michael Schummer, Fraktionssprecher der SPD, und nahm damit - ohne es in diesem Moment zu wissen - den Ausgang der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend vorweg. Wieder einmal standen die alte Schule in Gehweiler und deren Zukunft auf der Tagesordnung der Namborner Ratsmitglieder

 Bagger werden keine an der alten Schule in Gehweiler anrücken - zumindest nicht im Auftrag der Gemeinde. Denn die hat den Verkauf des Gebäudes beschlossen. Foto: Archiv/Frank Faber

Bagger werden keine an der alten Schule in Gehweiler anrücken - zumindest nicht im Auftrag der Gemeinde. Denn die hat den Verkauf des Gebäudes beschlossen. Foto: Archiv/Frank Faber

Gehweiler. "Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende", sagte Michael Schummer, Fraktionssprecher der SPD, und nahm damit - ohne es in diesem Moment zu wissen - den Ausgang der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend vorweg. Wieder einmal standen die alte Schule in Gehweiler und deren Zukunft auf der Tagesordnung der Namborner Ratsmitglieder. Nur wenige Meter vom Streitobjekt entfernt, traf man sich im Bürgerhaus, um endlich eine Entscheidung zu treffen. "Es muss ein endgültiger Grundsatzbeschluss her: Verkaufen wir die alte Schule oder bauen wir sie aus", sagte Bürgermeister Theo Staub (SPD) eindringlich.Die Zukunft der alten Schule bewegt auch viele Gehweiler Bürger. Deshalb waren über 30 Zuhörer gekommen, um die Diskussion im Rat mitzuverfolgen und auch selbst ihre Meinung kundzutun. Über zwei Stunden wurde teils heftig, teils leidenshaftlich, teils mit unangebrachter Wortwahl diskutiert. Im Laufe der hitzigen Diskussion beschimpfte Ortsvorsteher Lars Haßdenteufel den Bürgermeister sogar als Lügner. Ruhiger ging es erst am Ende der Sitzung zu. In einer geheimen Abstimmung fiel die Entscheidung: Von den anwesenden 26 Räten stimmten 13 gegen das Festhalten an dem geschichtsträchtigen Gebäude und dessen Ausbau. Lediglich neun Räte stimmten gegen den Verkauf, und vier enthielten sich.

Die Geschichte und Diskussion um die alte Schule begann im Jahr 2006. Damals kaufte die Gemeinde das Gebäude für 105 000 Euro. Vom Land gab es einen Zuschuss von 63 000 Euro. Der Plan war, dort im Erdgeschoss Räume für die Dorfgemeinschaft einzurichten. Und dieser schien auch anfangs verfolgt zu werden: 2007 werkelten Gehweiler Bürger fleißig in dem alten Gemäuer, 2008 wurde ein neuer Spielplatz an der alten Schule angelegt. 2010 sprach der damalige Ortsvorsteher Franz-Josef Becker gar davon, dass die alte Schule das Bürgerhaus und den Dorfgemeinschaftsraum am Sportplatz ab dem Jahre 2013 als zentrales Kommunikationszentrum komplett ersetzen soll. Noch im gleichen Jahr verschaffte sich die Gemeinde Klarheit, was bei der Einrichtung von Dorfgemeinschaftsräumen investiert werden müsste. Das Architekturbüro Noß gab eine Kostenschätzung von mindestens 120 000 Euro ab. Derzeit hat die Gemeinde Mieteinnahmen pro Jahr von 34 000 Euro in der alten Schule.

"Die SPD wird dem Verkauf der Schule zustimmen", sagte Michael Schummer aufgrund der vorliegenden Zahlen. Die Gemeinde sei hochverschuldet. Jeder Euro, den man in eine Maßnahme stecke, bedeute weitere Schulden, rechnete er seine Entscheidung vor. Leidenschaftlicher argumentierte Arnold Becker (CDU): "Geld ist wichtig, aber man hat hier die Pflicht etwas einzulösen. Ich bin grundsätzlich gegen den Verkauf." Dafür erntete er Beifall von den Zuhörern. Die Diskussion gewann an Fahrt. Ein Stein des Anstoßes war auch das Bürgerhaus, in dem die Sitzung stattfand. Dieses hat die Gemeinde schon seit Jahren von der Woge Saar gemietet. Dieser Mietvertrag wurde jetzt vorzeitig verlängert, so dass die Bürger das Gebäude bis Ende 2021 nutzen können. "Wir haben die Miete durch Verhandlungen gedrittelt", sagte Staub. Statt 27 000 Euro zahle man künftig nur 8000 Euro pro Jahr. "Das ist ein Schnäppchen."

Doch dieses vermeintliche Schnäppchen schürte den Zorn einiger Anwesender. Es gibt nämlich eine Mängelliste, welche die Woge Saar abarbeiten sollte. Das größte Problem ist die nicht richtig funktionierende Heizung. Bis auf diesen Punkt und einige Kleinigkeiten sei die Mängelliste abgearbeitet, erklärte Staub. Und deutete auf die Liste in seiner Hand und den unterschriebenen Vertrag mit der Woge. Dieser sorgte wiederum für Zündstoff. Denn einige der Räte und Zuhörer waren der Meinung, dass man angedacht habe, diesen Vertrag erst zu unterschreiben, wenn alle Punkte der Liste abgehakt seien. "Das Bürgerhaus ist kein Schmuckstück von außen, aber man hat hier einen Raum geschaffen, der vorzeigbar ist", brach Schummer eine Lanze für das Bürgerhaus.

Doch für die meisten scheint es keine wirkliche Alternative zu einem Dorfgemeinschaftshaus in der alten Schule zu sein. "Sieben Vereine sind in der alten Schule", sagte Andreas Gerhart von der Jungen Union. Er war mit einer Gruppe von jungen Leuten gekommen, um für ihre alte Schule zu kämpfen. Vom Zuhörerplatz aus erinnerte Gerhart auch daran, dass ohne die Toilettenanlage in der alten Schule auch der Festplatz nutzlos werde. "Der Verkauf ist keine Lösung", so Gerhart.

Das hatte auch der Gehweiler Ortsrat nach heftigen Diskussionen so entschieden. "Der Gemeinderat hat es versäumt, Gelder für die alte Schule einzustellen", formulierte Ortsvorsteher Lars Haßdenteufel seinen Vorwurf in Richtung Gemeinderat. Der wurde von den Zuhörern gerne aufgenommen. So schlug Andreas Gerhart vor, die 19 000 Euro, die man jetzt bei der Miete für das Bürgerhaus einspare, teilweise für die alte Schule einzustellen.

Kein Geld, kein Konzept, keine Entscheidungsfreudigkeit - die gegenseitigen Vorwüfe zwischen Gemeinderat und Ortsrat wurden munter hin- und hergeworfen. "Unser Konzept wurde totgeredet", sagte der Fraktionssprecher der CDU, Thomas Rein, und kündigte an, dass sich die CDU bei der Entscheidung enthalten werde.

Am Ende waren es nur vier Enthaltungen. Von wem, das weiß man nicht. Es war Karl-Peter Scheit, Fraktionsspreher der Linken, der die geheime Abstimmung beantragte. Zehn Ratsmitglieder waren dafür. Und so wurde nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung per Zettel abgestimmt und der Verkauf der alten Schule beschlossen. "Macht es denn überhaupt Sinn, die Immobilie jetzt auf den Markt zu werfen?", fragte ein Bürger. "Ich glaube nicht, dass uns irgendwer dafür 100 000 Euro gibt", sagte Staub. Außerdem muss die Gemeinde den Landeszuschuss von 63 000 Euro beim Verkauf wieder zurückzahlen. Foto: Gemeinde Namborn "Der Entschluss zur Vertragsver-

längerung mit der Woge Saar war der Todesstoß für die alte Schule."

Theo Staub, Bürgermeister

Meinung

Auf Kosten des Respekts

Von SZ-RedakteurinEvelyn Schneider

Gemeinsam lernen, gemeinsam diskutieren, das wird die Kindern heute schon in der Grundschule vermittelt. Umso trauriger ist es, dass gerade eine alte Schule dafür sorgte, dass der eine oder andere Erwachsene vergaß, wie man respektvoll miteinander umgeht und sachlich diskutiert. Außerdem fehlte am Ende der Mut, offen Farbe zu bekennen und vor den Augen der Bürger abzustimmen. Keine Frage, die Gehweiler hängen an ihrer alten Schule und jetzt soll sie verkauft werden. Der Preis dafür: enttäuschte Bürger und am Ende vielleicht sogar ein schlechtes Geschäft. Denn leicht wird es sicher nicht, einen geeigneten Käufer zu finden, der einen ordentlichen Preis für das alte Gebäude zahlt. Und ganz gleich, was die Gemeinde für die Schule erzielt: Wenn sie das Gebäude jetzt verkauft, muss sie den einstigen Zuschuss vom Land für den Erwerb zurückzahlen und das sind immerhin 63 000 Euro. Vielleicht war der Kompromiss-Vorschlag von Kerstin Backes-Ternig gar nicht so schlecht. Erstmal die Schule behalten und sie weiter vermieten. Dann hätte man sich in Ruhe nach einem Käufer umschauen und am Ende einen Gewinn erzielen können.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort