Mädchenturnen und andere Rituale

Zweibrücken hat sich verändert. Zum Besseren. Zu meiner Schulzeit mussten wir Mädchen vom damaligen mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasium in der Hofenfelsstraße zweimal die Woche zum Mädchenturnen ins Altsprachliche am Himmelsberg zu Fuß durch die ganze Stadt laufen, um in den Genuss eines Turnunterrichts zu kommen

Zweibrücken hat sich verändert. Zum Besseren. Zu meiner Schulzeit mussten wir Mädchen vom damaligen mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasium in der Hofenfelsstraße zweimal die Woche zum Mädchenturnen ins Altsprachliche am Himmelsberg zu Fuß durch die ganze Stadt laufen, um in den Genuss eines Turnunterrichts zu kommen. Und wohlgemerkt, das Ganze geschah nicht etwa vor hundert Jahren, sondern in den Sechzigern. Unterwegs trödelten wir damals gern, wie dies wohl alle Schüler bei vergleichbaren Gelegenheiten tun. Doch was es damals nicht gab, das waren Attraktionen wie eine Buchhandlung mitten in der Hauptstraße. Sie ist heute zu einem angenehmen Anziehungspunkt für junge und ältere Menschen unserer Stadt geworden und aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Auch für mich.Einige Leser werden sich noch an meinen Yoga-Abend in genau der Aula erinnern, in der mir 1968 anlässlich der Abiturrede ein Redeverbot vom Direktor wegen rebellischem Verhalten auferlegt worden war. Verständlicherweise begleiteten mich den ganzen Yoga-Abend Emotionen von besonderer Intensität. Gleichzeitig ist ein derartiges Wiedersehen mit einem Ort, der meine gesamte Jugendzeit außerordentlich stark und teilweise quälend prägte, in dieser für mich neuen Funktion eine besondere Entdeckung: Zeigt doch der heutige Yoga-Kurs in erinnerungsschwangeren alten Räumen auch die großen gesellschaftspolitischen Veränderungen, die seit damals die ganze Welt und nicht nur Zweibrücken verändert hat.

An einem meiner ersten Abende als Neu-Zweibrückerin besuchte ich ein großartiges Konzert in der Festhalle, heute wie damals Traditionsort der kulturellen Veranstaltungen der Stadt. Auch hier ein Ort vieler Erinnerungen: Hier fand unser Abi-Ball statt, zu Zeiten als es sich gehörte zuvor einen Tanzkurs als gesellschaftliches Initiationsritual besucht zu haben. Aber auch am Wochenende mal schnell nach Paris per Autostopp zu fahren und Montagmorgen pünktlich wieder die Schulbank zu drücken, war fast schon ein Ritual.

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