Kritik an Beschlüsssen des Klimakabinetts in Deutschland Auf der Weltbühne kann Merkel als Klimakanzlerin auftreten

New York/Berlin · Wer ein halbes Jahr lang Anlauf nimmt und von einer „Menschheitsaufgabe“ und einem „Kraftakt“ spricht, schürt hohe Erwartungen. Was das Klimakabinett schließlich an Eckpunkten auf den Tisch gelegt hat, kommt bei vielen nicht gut an – vorsichtig gesagt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Klimakabinett stehen in Deutschland in der Kritik.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Klimakabinett stehen in Deutschland in der Kritik.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Nicht nur bei den Aktivisten von „Fridays for Future“, sondern auf breiter Front, den Chef der Wirtschaftsweisen eingeschlossen.

Nur drei Tage, nachdem der Klima-Shitstorm über Schwarz-Rot hereinbrach, tritt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Montag in New York vor die Vereinten Nationen. Beim eintägigen Klimagipfel dürfte sie ganz anders empfangen werden, als sie in Berlin verabschiedet wurde. Auf der Weltbühne hat Deutschland das Vorreiter-Image im Kampf gegen die Erderhitzung noch nicht verloren.

Dann ist da natürlich US-Präsident Donald Trump, der den Ausstieg seines Landes aus dem Pariser Klimaabkommen in die Wege geleitet hat und sogar soweit geht, parallel zum Gipfel eine Gegenveranstaltung zu religiöser Freiheit im UN-Hauptquartier abzuhalten. Oder Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro, der im Amazonasregenwald vor allem ungenutztes wirtschaftliches Potenzial sieht.

Die Kanzlerin dagegen kann bieten, was UN-Generalsekretär António Guterres sehen will: Taten statt Worte, oder zumindest mal Beschlüsse. Drei Minuten Redezeit beim Gipfel sollte nur kriegen, wer Konkretes zur Reduzierung der Treibhausgase vorstellt.

Auch wenn es vorerst nur Eckpunkte sind und noch nicht das gesamte „Klimaschutzprogramm 2030“, auch wenn der sehr sanfte Einstieg in den CO2-Preis auf Sprit und Heizöl Klimaschützer und Ökonomen erzürnt – es dürfte mehr sein, als andere vortragen. In New York geht es nicht darum, ob es nun klug ist, die Pendlerpauschale zu erhöhen oder die Ökostrom-Umlage zu senken. Das wird in den kommenden Wochen bis ins letzte Detail diskutiert, wenn Bundestag, Bundesrat und Lobby-Verbände sich mit den Gesetzentwürfen dazu befassen. In New York dagegen hat Merkel die Möglichkeit, als Klimakanzlerin aufzutreten, übers große Ganze zu sprechen, die „Menschheitsherausforderung“ – und an dem Bild zu feilen, das nach ihrer Amtszeit bleiben soll.

Klimaschützer befürchten, dass vor allem große CO2-Produzenten am Montag kleine Pläne aufblasen oder alte Programme als neu verkaufen. Der mit der Gipfel-Planung beauftragte UN-Diplomat Luis Alfonso de Alba sagt dazu nur: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass China mit klaren Zusagen in einer Reihe von Bereichen zu dem Gipfel kommen wird.“ Pekings Umweltministerium hielt sich auf Nachfrage bedeckt, nannte keine konkreten Maßnahmen. Ähnlich äußerte sich das indische Umweltministerium.

Auch die Europäische Union hat erst mal nicht viel vorzuweisen. Weder die Verschärfung des Klimaziels für 2030 noch das Bekenntnis zum Ziel, 2050 unterm Strich keine Treibhausgase mehr in die Atmosphäre blasen zu wollen, sind bisher Konsens. Wenn Deutschland in der zweiten Jahreshälfte 2020 die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, könnte Merkel noch mal verstärkt Einfluss nehmen – vorausgesetzt, die große Koalition in Berlin hält bis dahin.

Von Seiten der USA wird nur eine niederrangige Delegation erwartet, was nicht weniger als einen Affront bedeutet, wenn der UN-Chef einlädt. Auch deshalb setzen die Vereinten Nationen verstärkt auf regionale und lokale Akteure, auf Initiativen von Städten oder auch multinationalen Konzernen.

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