Beschlüsse der Regierung Was das Klimapaket bedeutet – und was nicht

Berlin · Sprit wird ein bisschen teurer, das Pendeln zur Arbeit belohnt. Die Koalition preist ihre Beschlüsse zum CO2-Sparen. Andere sind entsetzt.

  Während der Massenproteste fürs Klima – nicht nur in Berlin – präsentierte die Regierung ihr Klimapaket. Umweltverbände und Aktivisten kritisieren es.

Während der Massenproteste fürs Klima – nicht nur in Berlin – präsentierte die Regierung ihr Klimapaket. Umweltverbände und Aktivisten kritisieren es.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Es sollte der „große Wurf“ werden für den Klimaschutz in Deutschland. Der Wurf, für den die große Koalition am Donnerstag und Freitag immerhin rund 19 Stunden lang Anlauf genommen hat, passt auf 22 Seiten und heißt „Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030“. Was drin steht, entsetzt Klimaschützer. Und muss denen, die sich weniger um die Erderhitzung und eher um Arbeitsplätze und Wohlstand sorgen, erst mal kein Kopfzerbrechen bereiten – obwohl das Tanken teurer werden soll. Aber der Reihe nach. Was steckt denn nun drin im Klima-Paket? Ein paar Beispiele, die jeden betreffen:

Tanken und Heizen: Ein CO2-Preis soll Diesel und Benzin, Erdgas und Heizöl teurer machen, damit sich die Menschen klimafreundliche Autos und Heizungen zulegen und die Industrie sie baut. Aber er kommt so zaghaft, dass Klimaschützer ihren Augen kaum trauen: Zehn Euro pro Tonne Kohlenstoffdioxid (CO2), das macht an der Zapfsäule gerade mal drei Cent aus – so viel schwankt der Preis auch mal im Tagesverlauf. Auf 35 Euro soll er schrittweise klettern bis 2025. Erst danach soll es einen echten Handel mit Verschmutzungsrechten geben, in dem Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen – der allerdings bei 60 Euro gedeckelt wird. Astronomische Preissteigerungen? Erst mal nicht.

Strom: Soll billiger werden. Was über den CO2-Preis reinkommt, indem der Staat zum Beispiel Ölkonzernen Verschmutzungsrechte verkauft, soll finanzieren, was die Stromrechnung derzeit verteuert: Die Ökostromumlage, Netzentgelte, Umlagen und Abgaben. Ab 2021 wird die EEG-Umlage erst mal um 0,25 Cent pro Kilowattstunde gesenkt. Ein Haushalt, der 4000 Kilowattstunden pro Jahr verbraucht, kann so zehn Euro sparen. Und es wird von Jahr zu Jahr mehr.

Pendeln: Wer mit dem Auto weit zur Arbeit fährt, kann bald mehr bei der Steuer sparen. Vom 21. Kilometer an soll die Pendlerpauschale ab 2021 von 30 auf 35 Cent pro Kilometer steigen – erst mal befristet bis 2026.

Bahnfahren: Bahntickets im Fernverkehr werden voraussichtlich günstiger – die Mehrwertsteuer sinkt von 19 auf sieben Prozent. Dadurch sollen mehr Menschen auf die umweltfreundlichere Schiene gelockt werden. Eine Fahrt von Berlin nach Frankfurt (138,50) würde etwa 14 Euro günstiger.

Fliegen: Soll teurer werden – wie genau, ist aber noch nicht klar. Die Luftverkehrssteuer soll 2020 steigen und die Steuersenkung bei der Bahn gegenfinanzieren.

Renovieren: Wer die alte Ölheizung gegen ein klimafreundlicheres System austauscht, soll bis zu 40 Prozent der Kosten vom Staat bekommen. Ab 2026 ist der Einbau neuer Ölheizungen – der bisher sogar noch gefördert wird – dann verboten. Wer im Eigenheim wohnt, soll ab 2020 zusätzlich zu bisherigen Förderprogrammen bei der Steuer sparen, wenn er etwa das Dach oder die Fenster erneuert.

Elektroautos: Bis zu zehn Millionen E-Autos sollen bis 2030 im Land unterwegs sein. E-Dienstwagen sollen mehr gefördert werden. Die Kaufprämie für E-Autos soll verlängert werden und für Autos unter 40 000 Euro steigen – Details sind vorerst unklar. Bis 2030 soll es eine Million öffentliche Ladepunkte geben.

Es steht noch viel mehr im Papier – zum Ausbau erneuerbarer Energien, zur Anhebung der Lkw-Maut, zur Versorgung von Schiffen mit Strom vom Hafen. Allerdings: Das Ganze reicht wohl nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen. Der CO2-Preis zum Beispiel ist viel zu niedrig, um Menschen und Unternehmen zu mehr Klimaschutz zu bewegen – da sind Experten sich einig. Ein „Dokument der politischen Mutlosigkeit“ sei das, schimpft Ottmar Edenhofer, Klima-Ökonom und einer der wichtigsten Berater der Bundesregierung zum Einsparen von Treibhausgasen.

Allerdings ist vieles auch noch gar nicht klar, das ausführliche Klimaschutzprogramm 2030 soll ja erst noch kommen. Eine Überraschung ist allemal das geplante Klimaschutzgesetz, das in vielerlei Hinsicht so kommt, wie Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) das wollte – gegen Proteste in der Union. Für Verkehr, Industrie, Landwirtschaft, Gebäude und weitere Sektoren werden jährliche CO2-Budgets verankert. Verfehlt ein Bereich seine Ziele, muss er nachsteuern – wenn das klappt, könnte sich in den kommenden Jahren mehr bewegen, als jetzt absehbar ist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort