Konferenz in Scharm el Scheich Klimagipfel COP27: Einigung und Kritik von Baerbock

Es brauchte eine Verlängerung, doch jetzt haben sich die Teilnehmer der Weltklimakonferenz auf eine Abschlusserklärung geeinigt. Was beschlossen wurde.

COP27: Baerbock kritisiert indirekt ägyptische Konferenzleitung​
Foto: IMAGO/photothek/IMAGO/Thomas Trutschel

Nach zweiwöchigen zähen Verhandlungen haben die Delegierten auf der Weltklimakonferenz in Ägypten eine Einigung erzielt. Beschlossen wurde am frühen Sonntagmorgen der Aufbau eines Fonds, über den ärmere und durch die Erderwärmung besonders bedrohte Länder bei klimabedingten Schäden und Verlusten Ausgleichszahlungen erhalten können. Dazu soll ein Komitee Vorschläge bis zur nächsten Klimakonferenz in einem Jahr in Dubai erarbeiten.

Offen bleibt, ob nur die Industrieländer oder auch Schwellenländer in den Fonds einzahlen sollen. Bei der Konferenz im ägyptischen Scharm el Scheich hatten vor allem China, der größte Treibhausgasverursacher der Welt, finanzielle Verpflichtungen klar abgelehnt.

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Ferner einigten sich die Staaten auf ein Arbeitsprogramm zur Minderung der Treibhausgase bis 2030. Damit soll das Ziel des Pariser Klimaabkommens erreicht werden, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. An diesem Punkt waren die Verhandlungen in der Nacht zum Samstag ins Stocken geraten. Die EU hatte mit einem Scheitern des Gipfels gedroht, weil die Entwicklungsländergruppe G77 auf Formulierungen bestanden hatte, wonach das Arbeitsprogramm keine Pflichten mit sich bringt.

In Scharm El Scheich hatten Delegierte aus mehr als 200 Ländern zwei Wochen lang über eine weitere Umsetzung des Pariser Klimaabkommens verhandelt. Konferenz-Präsident Samih Schukri hat die zweiwöchigen Verhandlungen als mühsam bezeichnet. „Das war nicht einfach. Wir haben rund um die Uhr gearbeitet“, sagte Schukri am Sonntagmorgen zum Ende der Konferenz. „Jegliche Ausrutscher, die es gegeben haben mag, waren nicht beabsichtigt.“

Baerbock mit gemischter Bilanz der COP27

Außenministerin Annalena Baerbock zieht eine gemischte Bilanz: „Beim Ergebnis liegen Hoffnung und Frustration nahe beieinander“, erklärte die Grünen-Politikerin am Sonntagmorgen. Beim Thema Ausgleichszahlungen für arme Länder, die besonders unter den Folgen der Erderwärmung leiden, sei ein Durchbruch gelungen. „Die Weltgemeinschaft schafft gemeinsame Finanzierungsmechanismen, um gezielt den am stärksten betroffen Menschen bei Klimakatastrophen zu helfen. Damit schlagen wir ein neues Kapitel in der Klimapolitik auf.“

Es sei gelungen zu verankern, dass die Hilfe sich auf die verwundbarsten Länder konzentriere. Und es sei ein Prozess angestoßen worden, der dafür sorge, dass auch die Länder, die heute besonders viel Treibhausgase ausstoßen, in die Pflicht genommen werden - obwohl „viele Fragen hier noch offen und kontrovers geblieben sind“, wie Baerbock einräumte.

COP27: Baerbock kritisiert indirekt ägyptische Konferenzleitung

Es sei gelungen, einen Rückschritt hinter die Ergebnisse der Klimakonferenzen von Glasgow und Paris zu verhindern, und das Ziel zu verteidigen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Sie beklagte aber: „Dass aufgrund der Blockade von einigen großen Emittenten und ölproduzierenden Staaten überfällige Schritte zur Minderung und zum Ausstieg aus fossilen Energien verhindert wurden, ist mehr als frustrierend. Die Welt verliert dadurch kostbare Zeit, Richtung 1,5-Grad-Pfad zu kommen.“

Baerbock bemängelte auch: „Wir Europäer haben uns in der Abschlusserklärung für ein klares Bekenntnis zum weltweiten Ausstieg aus fossilen Energien eingesetzt, dafür gab es viel Unterstützung – aber von einigen wenigen Staaten auch erbitterten Widerstand.“ Aber erstmals sei die zentrale Rolle der erneuerbaren Energien benannt worden.

Scharfe Kritik auch von EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans

Baerbock kritisierte indirekt auch die ägyptische Konferenzleitung, indem sie von „organisatorischen Schwächen“ sprach. Die Bilanz der Konferenz zeige, dass der Prozess wieder stärker in die Hände der Vertragsstaaten der internationalen Klimaabkommen kommen müsse, und dass es „den ungehinderten Zugang einer freien, starken Zivilgesellschaft braucht, um ambitionierte Ergebnisse zu erzielen“.

EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans übte ebenfalls scharfe Kritik an der nach harten Verhandlungen erzielten Vereinbarung der Weltklimakonferenz in Ägypten. „Dies ist das entscheidende Jahrzehnt, aber was uns vorliegt, ist kein ausreichender Schritt nach vorne für die Menschen und den Planeten“, sagte Timmermans am Sonntag, der auch Klimakommissar der Europäischen Union ist, in Scharm el-Scheich. Die Vereinbarung nimmt nach seiner Auffassung große Emittenten nicht in die Pflicht, zusätzliche Anstrengungen zu unternehmen, um den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase stärker und schneller zu reduzieren

(epd/dpa)
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