Republikaner Romney bringt die Kanzlerin in Nöte

Washington. Mitt Romney stellt Bundeskanzlerin Angela Merkel vor eine knifflige Entscheidung

Washington. Mitt Romney stellt Bundeskanzlerin Angela Merkel vor eine knifflige Entscheidung. Soll sie den republikanischen Präsidentschaftskandidaten in Berlin empfangen oder wie einst Barack Obama vor verschlossener Tür stehen lassen? Von der Antwort auf diese Frage dürfte die Entscheidung des Wahlkampfteams von Romney abhängen, Deutschland als Ziel für die Europa-Nahost-Tour Ende des Monats aufzunehmen.Obwohl die Stationen noch nicht endgültig feststehen, hat das Internet-Portal Politico den vorläufigen Reiseplan in Umlauf gebracht. Demnach wird der Präsidentschaftskandidat seine außenpolitische Tour mit einer Rede vor US-Veteranen in Reno, Nevada, beginnen - eine Gelegenheit für Romney, Amtsinhaber Barack Obama anzugreifen. Als tabu gilt ein Angriff, wenn er danach ins Ausland reist.

Zuerst werden der Kandidat und Frau Anne zur Eröffnung der Olympischen Sommerspiele in London erwartet. Dort steht eine Grundsatzrede auf dem Programm. Nächste Station ist Israel, wo Begegnungen mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie Führern der Opposition geplant sind. Von dort aus geht es weiter nach Polen, ein Land mit dem Romney die Vorbehalte gegen die russische Führung unter Präsident Wladimir Putin teilt. Nach Berlin käme er am Ende seiner Reise.

Die Europa-Tour, mit der Romney außenpolitische Kompetenz demonstrieren will, ist wohlkalkuliert und hochpolitisch: In Israel will der Mormone die Nähe zu dem Likud-Führer Netanjahu hervorheben, der mit einer militärischen Intervention im Iran droht. Ein unmissverständliches Signal, dass unter Romneys Führung ein robusterer Kurs im Nahen Osten zu erwarten wäre. Romneys Wahlkampfstrategen streiten nicht ab, dass es bei dem Besuch auch darum geht, jüdische Wähler daheim zu umwerben. Etwa in Florida, wo die Wahlen im Herbst auf Messers Schneide stehen. Polen galt als enger Verbündeter George W. Bushs und fühlt sich von Obama vernachlässigt.

Und in Deutschland? Dort geht es Romney darum, die Nähe zur Sparpolitik der Kanzlerin hervorzuheben. Man darf gespannt sein, ob Merkel konsequent bleibt und das nicht immer einfache Verhältnis ihrer Regierung zu Obama aufs Spiel setzt. Ein Empfang müsste in Washington ohne Frage als Affront verstanden werden. Merkel ließ Obama im Sommer 2008 abblitzen, als er in vergleichbarer Situation anklopfte. Mit der Begründung, sie wolle sich aus dem amerikanischen Wahlkampf heraushalten. Anders als für Obama wäre ein Deutschland-Besuch Romneys ohne einen Termin bei Merkel ziemlich einsam. Für Romney würden die Massen gewiss nicht zur Berliner Siegessäule strömen, so wie damals für Obama.

Experten wie Bill Kristol vermissen auf der Reise einen Abstecher nach Afghanistan. "Es wäre gut, wenn er bei den Truppen vorbeischaute", meint der Konservative, der mit vielen außenpolitischen Beratern Romneys befreundet ist. Afghanistan stand offenbar auf dem Programm, bevor es aus ungeklärten Gründen wieder gestrichen wurde.

Die Tour Ende des Monats bleibt auch sonst nicht ohne Risiko. Lenkt sie doch von der bisher konsequenten Konzentration auf Wirtschaft und Arbeitsplätze ab - den Themen, die die Präsidentschaftswahlen im Herbst entscheiden dürften.

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