Pakistans Präsident versagt auf ganzer Linie

Islamabad. Ungeschickter kann sich ein Präsident wohl kaum verhalten: Während rund 20 Millionen seiner Landsleute angesichts der verheerenden Überschwemmungen ums nackte Überleben kämpfen, macht sich Pakistans Staatschef Asif Ali Zardari nicht umgehend ins Katastrophengebiet auf. Nein, er beendet zunächst - scheinbar unbeeindruckt - eine Europareise inklusive Übernachtungen in Luxushotels

Islamabad. Ungeschickter kann sich ein Präsident wohl kaum verhalten: Während rund 20 Millionen seiner Landsleute angesichts der verheerenden Überschwemmungen ums nackte Überleben kämpfen, macht sich Pakistans Staatschef Asif Ali Zardari nicht umgehend ins Katastrophengebiet auf. Nein, er beendet zunächst - scheinbar unbeeindruckt - eine Europareise inklusive Übernachtungen in Luxushotels. Das verpatzte Krisen-Management in der schwersten humanitären Krise des Landes kratzt nun am ohnehin zweifelhaften Ruf des Präsidenten. Zardari hatte in der Vergangenheit bereits durch zahllose Korruptionsvorwürfe und Intrigen von sich reden gemacht. Der Ehemann der ehemaligen Regierungschefin Benazir Bhutto, die 2007 bei einem Anschlag starb, verbüßte mehrere Gefängnisstrafen. Die Liste der Vorwürfe ist lang: von Korruption und Erpressung über Drogenschmuggel bis hin zu einem Mordkomplott gegen seinen Schwager. Auch wenn Zardari beteuert, er sei allein aus politischen Gründen in Haft gewesen, ist sein Ansehen beschädigt. Und weil er sich als Minister im Kabinett seiner Frau stets lukrative Anteile an Staatsgeschäften gesichert haben soll, nennt man den 54-Jährigen auch "Mister zehn Prozent". Im September 2008 zum Staatschef gewählt, kann er seither ungehindert schalten und walten. Doch schon seit Beginn seiner Amtszeit ist mehr als fraglich, ob Zardari Lösungen im Kampf gegen die hohe Inflation und gegen islamistische Aufständische parat hat. Spätestens nach der Überschwemmungs-Katastrophe ist die Unzufriedenheit der Pakistani mit ihrem Präsidenten nicht mehr zu übersehen: Dem Mann mit dem stattlichen Schnauzer schlägt eine Welle der Wut entgegen, nicht nur zu Hause. Während seines Besuchs in Großbritannien bekommt Zardari Plakate mit der Aufschrift "Tausende sterben, der Präsident macht Urlaub" zu lesen. Der Staatschef verteidigt seine Entscheidung, die Auslandsreise trotz des Elends in der Heimat fortgesetzt zu haben. Persönlich hätte er sicher von dem "politischen Symbol" profitiert, wenn er vor Ort Anteilnahme gezeigt hätte, schrieb er vor wenigen Tagen im "Wall Street Journal". Doch "hungrige Menschen können keine Symbole essen. Die Situation verlangte nach Aktion, und ich habe gehandelt und die Welt mobilisiert", rechtfertigt sich der Präsident. Dennoch begibt er sich erst zwei Tage nach seiner Rückkehr aus Europa in die Krisenregion. Das staatliche Fernsehen zeigt, wie er bei einem Besuch in einem Auffanglager in der Provinz Sindh einer älteren Frau über den Kopf streichelt und Hilfsgüter verteilt. Doch solche Gesten können seine Kritiker kaum beruhigen. Für sie kommen sie schlichtweg zu spät.Inzwischen übernimmt ein anderer die Aufgabe, eine schnellere Hilfe der internationalen Gemeinschaft einzufordern. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon reist durch das Katastrophengebiet, um mit Betroffenen zu sprechen. "Ich bin hier, um die Weltgemeinschaft dazu zu drängen, die Hilfe für das pakistanische Volk zu verstärken", erklärt er. Umgerechnet rund 360 Millionen Euro an Soforthilfe werden nach Angaben der Vereinten Nationen benötigt, um die Not der Überschwemmungsopfer zu lindern. Präsident Zardari übt sich derweil weiter in Symbolik: Die Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag am Samstag sagt er ab und lobt stattdessen in einer Ansprache "Mut und Heldentum" der Katastrophenopfer.

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