„Morricone Stories“ von Stefano Di Battista Flotte Verbeugung vor Maestro Morricone

Saarbrücken · Jazz-Saxophonist Stefano Di Battista erweist dem großen Komponisten Ennio Morricone die Ehre: mit viel Spielfreude, oft leichtfüßig, ganz selten leichtgewichtig.

 Die Albumhülle der Hommage mit  einer Ersteinspielung einer Morricone-Komposition.

Die Albumhülle der Hommage mit einer Ersteinspielung einer Morricone-Komposition.

Foto: Warner

Wie schön – es finden sich nur wenige altbekannte und mithin erwartbare Kompositionen des Maestros auf „Morricone Stories“. Der italienische Saxophonist Stefano Di Battista hat auch mittelprächtig Bekanntes oder gar Obskures aufgenommen für diese Hommage an den italienischen Komponisten, der im Juli 2020 starb.

Grundsätzlich fällt auf bei diesem Album, das Di Battista mit seinen Kollegen Fred Nardin (Piano), Daniele Sorrentino (Bass) und André Ceccarelli (Schlagzeug) eingespielt hat: Während durch Morricones Originale oft eine  Melancholie weht, ein wenig wie welke Blätter in einem herbstlichen Rom, kommen diese Neueinspielungen und –interpretationen flotter daher, leichtfüßiger – manchmal aber auch leichtgewichtiger. Das vor allem im Einstieg „Cosa avete fatto a Solange?“, dem Titelthema eines deutsch-italienischen  Edgar-Wallace-Films von 1972 namens „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“. Morricones schwermütiges Thema mit Orchester und Chor – im Film geht es um eine Mordserie in einem Londoner Internat (Blacky Fuchsberger ermittelt) – swingt bei Di Battista fast; das Sopransaxophon lässt die Melodie kurvenreich schlängeln, dabei manchmal aber nur knapp am Easy-Listening-Jazz vorbei. Mehr musikalische Schärfe besitzt da „Peur sur la ville“: Morricones Thema des rauen Belmondo-Krimis „Angst über der Stadt“ (B´bel unter anderem als ungedoubelter Metro-Surfer) klingt in der Neueinspielung weniger dissonant, aber Nardins Flügel legt einen nervösen Piano-Rhythmus vor, während Di Battista sein Instrument bisweilen knarzen und kreischen lässt.

 Der  Komponist Ennio Morricone  (1928 - 2020) untermalte hunderte von Filmen.

Der Komponist Ennio Morricone (1928 - 2020) untermalte hunderte von Filmen.

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Die Liebeskomödie „La Cosa Buffa“ ist bei uns nie gelaufen, schmückt sich aber mit einer der schönsten Morricone-Melodien, die im Original  sehr plüschig und aufwändig arrangiert ist – Di Battistas Version ist karger,  lässt die Melodie noch besser zur Wirkung kommen und umflort sie mit einer schönen, fließenden Improvisation – ein Schmuckstück des Albums, das mit „Flora“ eine bisher unveröffentlichte Komposition Morricones als Ersteinspielung bietet, die er Di Battista vor seinem Tod kredenzte: melodieselige Melancholie, wohltuend karg arrangiert mit Klarinette und Flügel, wie eine sanft hingetupfte musikalische Skizze. Im starken Kontrast dazu steht „La donna della domenica“ (aus dem Film „Die Sonntagsfrau“ mit Jacqueline Bisset) – bei Morricone ein bedächtiges und etwas düsteres Stück, lässt die Di Battista als Band-Kopf sozusagen alle Zügel los und lässt sich und den Kollegen freien Lauf, was Improvisationen angeht – auch Pianist Nardin hat hier extrem flotte Momente.

Die bekanntesten Originale sind „Gabriel’s Oboe“ (aus „Mission“ mit Robert DeNiro und Jeremy Irons) und das Thema zum Western „Zwei glorreiche Halunken“. Di Stefano bettet ersteres auf einem gefälligen Jazz-Klangteppich – da droht von weitem dann doch Gefühlskitsch, den es bei Morricone eben manchmal auch gab. Weit lässiger ist da die Neueinspielung des bekannten Western-Themas. Den Reiz des im Original höchst originellen Arrangements – mit schrägem Chor, Pfeifen, Orchester und E-Gitarre – macht das Quartett hier durch schiere Spielfreude und Energie wett – eine Freude. Ein anderes Western-Thema gehört zu Morricones schönsten Arbeiten: die schlichte, traumhafte und wie entrückt wirkende Musik zum Film „Il grande silenzio“ (mit Jean-Louis Trintignant und Klaus Kinski), dessen etwas herberer deutscher Titel „Leichen pflastern seinen Weg“ heißt. Di Battista gibt dem Ganzen mehr Tempo, Dynamik und einen lässigen Piano-Unterbau, während er in der Melodie schwelgt. Vielleicht der Glanzpunkt dieses Albums.   

Stefano Di Battista: Morricone
Stories (Warner Music).

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