Gartenfest des Perspectives-Festival Als wäre Akrobatik so einfach

Saarbrücken · So war das Gartenfest der Perspectives am Saarbrücker Pingusson-Bau.

 Jonathan Guichard ignoriert in „3D“ lässig die Schwerkraft.

Jonathan Guichard ignoriert in „3D“ lässig die Schwerkraft.

Foto: Oliver Dietze

Nanu – Objekttheater, das nicht im Programm steht? Mit Tierfiguren, die über die Wiese des Pingussonbaus huschen? Nein, es sind reale Nager, entweder stattliche Mäuse oder mickrige Ratten,  die wohl nach Picknickresten suchen, als am Sonntag der erste Tag des Gartenfests der Perspectives langsam zu Ende geht. Gut besucht ist das Familienfest, für Kaffee und Kuchen muss man zeitweise anstehen, während das Miniklima vor dem alten Kultusministerium weniger brütend ist als vor einem Jahr. Minister Ulrich Commerçon (SPD) empfiehlt dennoch Sonnencreme und spricht über den Ort des Geschehens. Die Sanierung des Pingussonbaus könne nun beginnen, sagt er, 2026 sei der geplante Termin des Wiedereinzugs. „Aber ich will mich da nicht festlegen“, sagt Commerçon, wohl eingedenk der mitunter holprigen Historie saarländischer Kultur-Baumaßnahmen.

Tribüne und Treppe sind bestens gefüllt, als das Duo Ariana & Roxana in seinem Jonglage-Stück „Play nice“ auslotet, was man mit vier Armen, vier Beinen und vielen weißen Kugeln anstellen kann. Ein erstes lässiges Kugelzuwerfen der beiden steigert sich – mitunter angetrieben von klackerndem Sekundenzeiger-Rhythmus – zu einer Mischung aus Jonglage und Tanz. Die Körper umschlingen einander, recken sich zu einer Doppelkerze empor, liegen als doppelte Brücke übereinander und wirken dabei wie ein großer Käfer – der auch noch jongliert. Technik und körperlicher Ausdruck gehen bei diesem Duo  eine Liebesehe ein – am Ende verharrt eine der Künstlerinnen reglos auf der Bühne, in Rückenlage, auf einem liegenden Stuhl, mit einer Kugel auf dem in den Himmel gereckten Fuß. „Kuck mal, die ist eingeschlafen“, sagt ein sehr junger Zuschauer.

Falls dem so ist, weckt sie Musiker Santiano Moreno, zutreffend  „L’homme-orchestre“ betitelt. Bei ihm scheint nahezu jedes Körperteil mit einem Instrument verbunden, jede Bewegung setzt einen Klang in Gang. Musikalisches Multitasking mit südamerikanischen Rhythmen, Funk-Aroma und einer immer etwas ironischen Mundmimik Morenos unter dem schmalen Schnurrbart – als wäre das alles ja gar nicht so schwer.

Traumhaft ist die Deutschlandpremiere „3D“ der Compagnie H.M.G. Jonathan Guichard und Mikael Le Guillou haben ein Multifunktions-Objekt entworfen, einen Holzbogen mit einer Saite, die ebenso bespielbar ist (mit sattem Bass-Sound) wie betanzbar. Guichard dreht seine Runden mit und auf dem Bogen, lässt manchmal fürchten, im Publikum zu landen, angetrieben von kurz zuvor eingespielten Rhythmus-Schleifen – er verbindet Akrobatik und Ausdruckstanz, bevor Guichard dann mithilfe von Stimmgabeln und Elektronik noch ein Concerto Grosso für Publikum und Pieps­töne dirigiert. Und eine Lektion im Synchron-Trinken und -Flascheabstellen bietet das Duo auch noch. Wunderlich und wunderbar.

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