Keine Angst vor Elektro-Beats

Mr. Kennedy, auf Ihrer neuen CD "Four Elements" hören wir Klassik, Rock, Funk und Elektronik. Würden Sie sagen, es ist Ihr bislang vielseitigstes Album?Kennedy: Da bin ich mir nicht sicher, auf meinem Album "Kafka" von 1996 gab es auch schon sehr unterschiedliches Material

 Ein Punk an der Geige: Nigel Kennedy. Foto: mmkonzerte.de

Ein Punk an der Geige: Nigel Kennedy. Foto: mmkonzerte.de

Mr. Kennedy, auf Ihrer neuen CD "Four Elements" hören wir Klassik, Rock, Funk und Elektronik. Würden Sie sagen, es ist Ihr bislang vielseitigstes Album?Kennedy: Da bin ich mir nicht sicher, auf meinem Album "Kafka" von 1996 gab es auch schon sehr unterschiedliches Material. Ich habe mich bei "Four Elements" darauf konzentriert, die vier Elemente zu beschreiben. Das war für mich eine gute Möglichkeit, mit all diesen verschiedenen Leuten Musik zu machen, mit klassischen Streichern, mit Jazz-Musikern - und dann gibt es elektronische Beats von Damon Reece (arbeitete u.a. für Massive Attack).

Ist Vielseitigkeit für Sie so etwas wie eine Grundintention?

Kennedy: Vielseitigkeit ist für mich auf einem persönlichen Level sehr wichtig, damit ich Spaß am Musikmachen habe. Ich mag es nicht, genau zu wissen, was ich morgen tun werde, sondern es ist mir lieber, wenn der Tag Überraschungen für mich bereit hält. In Bezug auf die Musik bedeutet das, dass die Dinge sich in eine Richtung entwickeln können, wo der Geist sie hinträgt. Natürlich bedarf es einer gewissen Struktur. Aber wenn die Musiker in meiner Band heute etwas Neues spielen und nicht dasselbe wie gestern, dann bin ich glücklich.

Sie haben schon als Teenager angefangen, neben der Klassik auch Jazz zu spielen, was nicht allen Lehrern gefiel. Haben Sie das Gefühl, dass Sie auch heute noch um Anerkennung kämpfen müssen, in Hinblick auf Ihre Stilvielfalt?

Kennedy: Es gibt immer noch die gleiche Art von Kampf mit meiner Musik. Heute sind es zwar nicht mehr die Professoren, die mir sagen, dass ihnen das nicht gefällt, aber dafür traurig dreinblickende Plattenfirmen, die mich fragen: Warum können Sie nicht wieder so etwas machen wie 1989?

Sie meinen Ihre berühmte Aufnahme von Vivaldis "Vier Jahreszeiten". . .

Kennedy: Ja, und bei EMI fragte man mich sogar, ob ich so etwas nochmal machen könnte. Was für ein dummer Gedanke das doch ist.

Wie hat sich Ihr eigener Musikgeschmack in den vergangenen Jahren entwickelt?

Kennedy: Es gibt ein paar Musikrichtungen, bei denen ich früher dachte "absoluter Mist", aber wenn ich die Stücke heute höre. . .

Was denn zum Beispiel?

Kennedy: "Girls Aloud", eine Band aus England, fünf gut aussehende Frauen und die Musik ist ziemlich einfach, "Brit-Euro-Disco-Shit" würde ich es nennen.

So was mögen Sie?

Kennedy: Manchmal ja, besonders, weil es meine Band ärgert, wenn ich das anmache. Da kann ich mir angucken wie angepisst sie aussehen. Was ich aber immer noch nicht hören kann ist Country und Western. Und ich mag Mozart nicht wirklich. Insgesamt bin ich aber heute viel toleranter als früher. Als ich 20 war dachte ich, John Coltrane und Miles Davis sind für mich die Einzigen. Ich war als Student sehr engstirnig.

Inzwischen verwenden Sie selbst elektronische Elemente, allerdings haben Sie nie elektronische Beats mit Bach oder Mozart gemischt, wie es Vanessa Mae und David Garrett tun. Warum nicht?

Kennedy: Was ich bis jetzt von Vanessa Mae oder David Garrett gehört habe, ist für mich unspannend. Ich sehe darin musikalisch eher einen Rückschritt, es hat weniger Anspruch, ist weniger aufregend und radikal. Ich probiere im Moment tatsächlich Klassik und Beats zusammenzubringen. Ich arbeite an einer elektronischen Version von Vivaldis "Vier Jahreszeiten". Ich spiele dabei immer noch Akustik-Geige, aber ich will Beats dazu haben und Sänger. Ich schreibe die Jahreszeiten im Grunde nochmal neu. Weil ich gelangweilt bin, das Stück zum 1000. Mal im Original zu spielen.

Sie gelten vielen als Punk der Klassik. Welche Rolle spielt für Sie Tradition?

Kennedy: Ich denke, Tradition ist sehr wichtig, solange sie dem ganzen nicht die Seele raubt und dich nicht daran hindert, Dinge weiter zu erforschen.

Karten gibt es im Internet: www.saarticket.de und unter Tel. (06 81) 588 22 222

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