Kein "mea culpa" - auch nach über 30 Jahren nicht

Berlin. Literaturnobelpreisträger Günter Grass (82) macht den früheren Präsidenten des DDR-Schriftstellerverbandes Hermann Kant (83) dafür mitverantwortlich, dass die DDR "auf so jämmerliche Weise zu Grunde gegangen ist"

 Grass und Kant im Streit. Fotos: dpa

Grass und Kant im Streit. Fotos: dpa

Berlin. Literaturnobelpreisträger Günter Grass (82) macht den früheren Präsidenten des DDR-Schriftstellerverbandes Hermann Kant (83) dafür mitverantwortlich, dass die DDR "auf so jämmerliche Weise zu Grunde gegangen ist". Damit sei der Sozialismus derart beschädigt worden, "dass die andere Seite bis heute ihren Nutzen daraus zieht", sagte Grass bei einem Streitgespräch mit Kant im Berliner Ensemble, das der SR aufgenommen hat und heute Abend auf SR2 KulturRadio ausstrahlt (20.04 bis 22.30 Uhr).

Anlass für Grass' Zusammentreffen mit Kant war die Buchvorstellung von Kai Schlüters Buch "Günter Grass im Visier: Die Stasi-Akte" (Ch. Links Verlag), das dessen Bespitzelung von 1961 bis 1989 durch Angehörige und "Inoffizielle Mitarbeiter" (IM) der Stasi dokumentiert, wozu Grass auch Kant rechnet. Dieser hat dies stets bestritten. Grass wirft Kant vor, im Mai 1979 für den Verbandsausschluss von Autoren wie Stefan Heym, Erich Loest und Jurek Becker gesorgt zu haben, die nach der Biermann-Ausbürgerung 1976 die SED-Kulturpolitik offen kritisiert hatten. Kant bilanziert, er habe keine andere Wahl gehabt: Man habe ihm "von oberster Stelle" erklärt, dass der Autorenverband sonst aufgelöst worden wäre. Grass wartet also weiter auf ein Schuldeingeständnis Kants. Beider Streitgespräch ist ein wichtiges Dokument. Also: heute SR 2 einschalten! dpa/cis

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