"Ich habe keine Botschaft"

Einmal mehr zeichnen Sie ein düsteres Bild der Gesellschaft. Haben Sie gar keine Hoffnung?Haneke: Ein Drama soll Konflikte zeigen, keine Idyllen. Allerdings bin ich nicht der weise Buddhist in der Klosterzelle, der alle Antworten auf die Grundfragen dieser Welt geben kann. "Das weiße Band" ist ein strenger Film über die Strenge

Einmal mehr zeichnen Sie ein düsteres Bild der Gesellschaft. Haben Sie gar keine Hoffnung?

Haneke: Ein Drama soll Konflikte zeigen, keine Idyllen. Allerdings bin ich nicht der weise Buddhist in der Klosterzelle, der alle Antworten auf die Grundfragen dieser Welt geben kann. "Das weiße Band" ist ein strenger Film über die Strenge.

Von einem Regisseur, der streng erzogen wurde?

Haneke: Nein, mein Vater ist zwar Protestant, aber ich stamme aus einer Schauspielerfamilie - da ist nicht alles so streng.

Wie weit verstehen Sie den Film als Studie über das Entstehen von Faschismus?

Haneke: Durch Zeit und Ort liegt das Thema Faschismus nahe. Ich möchte aber nicht, dass man den Film darauf reduziert. Es geht um die Ursprünge von jeder Form von Terrorismus. Wenn Prinzipen oder Religionen verabsolutiert werden, werden sie automatisch pervertiert und unmenschlich. Sobald eine Idee zur Ideologie wird, wird sie gefährlich. Absolutheitsansprüche sind die Wurzeln des Terrorismus.

Woher kommt Ihre Faszination für die Frage von Schuld?

Haneke: Wer sich ernsthaft mit der Welt auseinandersetzt, kommt gar nicht am Thema Schuld vorbei. Mich wundert eher, wie wenig davon gesprochen wird.

Was würden Sie als Botschaft Ihres Filmes sehen?

Haneke: Ich habe keine Botschaft. Ich halte es mit Regisseur Sam Fuller, der mal sagte: "Wenn du eine Botschaft hast, verschicke sie mit der Post."

Sind Sie immerhin privat ein fröhlicher Mensch?

Haneke: Ich hoffe doch sehr. Fröhlich ist vielleicht übertrieben, aber ich sehe keinen Grund, in den Keller zu gehen, um zu lachen. Ich finde es ohnehin falsch, die Arbeit über bestimmte Themen mit der Psychologie des Autors zu erklären. Wenn manche Situationen schlimm dargestellt werden, liegt es oft eher an diesen Situationen als daran, dass der Autor ein Schwarzseher ist.

Soll Filmkunst schwer konsumierbar sein?

Haneke: Ich erwarte als Zuschauer eines Films oder Leser eines Buchs, dass ich selbst in Frage gestellt werde. Nur dann habe ich etwas davon. Wenn ich lediglich in dem bestätigt werde, was ich ohnehin bereits weiß, verliere ich nur Zeit. Da gehe ich lieber spazieren.

Kritik zu "Das weiße Band" morgen in unserer Beilage

treff.region. Der Film startet in der Camera Zwo (Sb).

Auf einen Blick

Die anderen neuen Filme der Woche bieten Durchschnitt: Zum Beispiel der in vielen Kinos der Region startende Film "G-Force - Agenten mit Biss". Um Meerschweinchen geht es, die vom FBI zu Spezial-Agenten ausgebildet werden. Da sage noch jemand, Hollywood würden die wirklich guten Ideen ausgehen. Auch nicht besser: "My Big Fat Greek Summer" über eine Touristenführerin, die rechtzeitig zum Film-ende die große Liebe findet. Überraschend enttäuschend: "Away We Go - Auf nach Nirgendwo" (Filmhaus, Sb). Regisseur Sam Mendes ("American Beauty") erzählt lässig, aber auch zahnlos-harmlos von der Reise eines Pärchens und den Treffen mit skurrilen Freunden und Verwandten. red

Kritiken und Kinotermine morgen im treff.region

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