Graffiti-Großmeister zu Gast

Völklingen. Der kleine Junge von höchstens sieben, der gerade in der "Urban Art"-Schau um die Ecke biegt, bleibt wie angewurzelt stehen. Der Vater grinst. Sein Sohnemann kann es gar nicht fassen, dass da wirklich Cope2 vor ihm sitzt. Die lebende Graffiti-Legende. In der Möllerhalle

Völklingen. Der kleine Junge von höchstens sieben, der gerade in der "Urban Art"-Schau um die Ecke biegt, bleibt wie angewurzelt stehen. Der Vater grinst. Sein Sohnemann kann es gar nicht fassen, dass da wirklich Cope2 vor ihm sitzt. Die lebende Graffiti-Legende. In der Möllerhalle. "Verdammt kalt hier", meint der schwergewichtige New Yorker, den Rückenschmerzen plagen und der deshalb froh ist, dass es hier überall Bänke gibt. Gerade mal neun war er damals, 1977, als er mit seinem sechs Jahre älteren Cousin in der Bronx um die Häuser zog und sich an U-Bahn-Züge hängte, um sie zu bearbeiten. Sprühdosen extra für Graffiti gab es damals noch nicht, erinnert sich der Veteran. Und wenn auch: "Als arme Kids aus der Bronx haben wir uns die Dosen immer geklaut, wir gingen in die Läden und steckten sie uns in die Socken," erzählt Fernando Carlo. Er hat damals alle möglichen Namen sprühend verewigt, BIN, Nash, Nike, Nano, "einfach alles, was cool war", um auszuprobieren, welcher zu ihm passt. Wie er zum Namen Cope2 kam? Sein bester Freund nannte sich Kope und wollte, dass er sich Cope mit C nennt. Er selbst fand Nummern cool und hat die 2 angehängt. "Wir waren ja zwei".

Cope heißt so viel wie etwas hinkriegen, beherrschen, meistern, klarkommen. Es hinkriegen, das hieß damals, seinen Namen möglichst überall hinzusprühen. "Es ging uns um Spaß, nicht um Kunst", sagt Cope2. Wer die meisten so genannten "Tags" auf U-Bahn-Wagen hinterließ, war König des U-Bahn-Abschnitts. "Und ich wollte der König der Untergrundszene werden." Das schaffte er auch. Berühmt in der Graffiti-Szene wurde Cope2 durch seine Bubbles, Buchstaben, die wie aufgeblasen wirken, und seinen Wildstyle, komplizierte, ausgefeilte Schriftbilder. Und er wurde einer der meistgesuchten Sprayer der "Vandal Squads", einer Sonderabteilung der New Yorker Polizei. Wie oft er in den Knast ging? "Ein paar Mal", sagt er. Aber das sei vorbei. Man werde ja älter. "Und wenn du Familie hast, willst Du nicht, dass die Cops morgens vor Deiner Tür stehen, weil Du jemandes Haus oder einen Zug angesprüht hast", sagt der 45-Jährige. Statt illegal zu sprühen, schuf der mittlerweile weltweit Bekannte lieber Graffitis für das "Time Magazine", für Adidas und Converse-Turnschuhe. Auch für Computerspiele waren seine Wallpaintings gefragt. "Ich selbst spiele nie", sagt er.

Seit fünf Jahren nehme er die Sache ernster, seit zwei Jahren konzentriere er sich als Künstler ganz auf Malerei. Um in großen Ausstellungen wie der Völklinger, Auktionen und Galerien rund um die Welt mitzumachen und zu zeigen, was er mit über 30 Jahren Graffiti-Erfahrung künstlerisch und handwerklich drauf habe. Was er über die heutige Graffiti-Szene denkt? "Jeden Tag kommt ein neuer Graffiti-Künstler hinzu", sagt er. Es sei eine wunderbare Kunstform mit so vielen Aspekten. Aber so oft kommt er gar nicht mehr in die Stadt. Mit seiner Frau, der ebenfalls in Völklingen ausstellenden Indie148, den fünf Kindern, das jüngste ein Baby, und dem Enkel, wohnt er heute in den Suburbs von New York. Denn da finde man als älterer Mensch einfach mehr Ruhe.

Nächste "Urban Art"-Führungen: Donnerstag, 4. April, 15 Uhr, und Sonntag, 7. April, 11.30 Uhr. Die Führungen kosten keinen Aufpreis. Geöffnet täglich 10 bis 19 Uhr. Infos:

Tel. (0 68 98) 910 01 00.

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