Eine Wachstumsgeschichte

Saarbrücken · Die nächste Ausstellung in der Modernen Galerie fällt aus dem Raster. Denn sie soll nicht nur die bekanntesten Meisterwerke der Ständigen Sammlung zeigen, sondern zugleich auch die Museumsgeschichte aufrollen.

 Kuratorin bei der Arbeit: Eva Wolf im Wechselpavillon der Saarbrücker Modernen Galerie. Foto: Dietze

Kuratorin bei der Arbeit: Eva Wolf im Wechselpavillon der Saarbrücker Modernen Galerie. Foto: Dietze

Foto: Dietze

Für den neuen Chef der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz kommt Weihnachten mit vier Wochen Verzögerung. Als "Doppelgeschenk" des Saarbrücker Teams, das noch vor seinem Amtsantritt das Jahresprogramm 2014 entwickelte, empfindet Roland Mönig die beiden Ausstellungen in der Modernen Galerie. Denn beide beleuchten die Genese der Sammlung, für die Mönig seit 1. Dezember als künstlerischer Vorstand und Saarlandmuseums-Direktor verantwortlich ist. "Eine bessere Einführung hätte ich nicht haben können", sagt er. Und meint damit einen Schnellkurs in Sachen Museums- und Landesgeschichte.

Zugleich geht es um Selbstvergewisserung: Ab Ende Januar zeigt das Saarlandmuseum stolz vor, wie es wurde, was es ist - eine bemerkenswerte Kunst-Sammlung. Das geschieht in zwei zeitgleich laufenden Projekten. "2000 +" heißt die bereits im Spätsommer 2013 gestartete Ausstellung in der Modernen Galerie, die die Neuerwerbungen seit dem Jahr 2000 präsentiert, mithin das jüngste Wachstum. Spielort sind die früheren Räume der Ständigen Sammlung. Die nächste Schau mit dem Titel "Aufbaujahre" - sie wird am 24. Januar eröffnet - versteht sich als Ergänzung und wird im Wechselpavillon präsentiert. Ihr Thema ist die Entstehung der Sammlung, wobei sich Kuratorin Eva Wolf auf die Ankaufpolitik von Direktor Rudolf Bornschein (1912-1988) konzentriert. Er kaufte von 1952 an die maßgeblichen Spitzenwerke der klassischen Moderne, gab dem Haus Profil und Gewicht. Über 2000 Erwerbungen fallen in Bornscheins Direktorenzeit bis 1978; darunter war auch das heutige Wahrzeichen der Sammlung, Franz Marcs "Blaues Pferdchen".

Was Bornschein kaufte und gegen welche Widerstände der Traditionalisten er kämpfte, wie strapaziös die Verwaltungswege im Frankreich-abhängigen Saarland der Joho-Zeit waren - all dies bildet das Korsett der neuen Schau. Es soll allerdings weitgehend unsichtbar bleiben, so Wolf. Sie kündigt ausdrücklich eine Kunstausstellung an, eine Parade von Meisterwerken, keine regionalhistorische Aufbereitung von Archivalien und Dokumenten. "Wir folgen der Chronologie der Erwerbungen, nicht der Stilgeschichte. Durch die Hängung wird erlebbar, mit welcher Dynamik das Museum angeschoben wurde", sagt Wolf. Deshalb gerieten schon Anfang der 50er die Räume am St. Johanner Markt an ihre Kapazitätsgrenze. "Ziel und Höhepunkt von Bornscheins Arbeit war das Neubauprojekt Moderne Galerie", so Wolf. Erste Ideen dafür sind bereits 1952 aktenkundig. Der Spatenstich des Schönecker-Baus erfolgte am 22. Juni 1965. Wolf nimmt die Jahre dazwischen in den Blick, rückt aber weder Baugeschichte noch Architektur der Modernen Galerie in den Fokus. Also keine Legitimations-Stütz-Schau für das heutige Museums-Erweiterungsprojekt (Vierter Pavillon)? Direktor Mönig betont eine andere "Parallelität": "Wir stecken heute ebenfalls wieder in Aufbaujahren, nachdem das Museum eine Talsohle durchschritten hat." Dabei, meint er, hätten wir es heute doch viel besser als Bornschein: "Als er antrat, lag die Stadt in Trümmern, das Saarland ging in eine politisch ungewisse Zukunft, und trotzdem hat dieser Mann eine Vielzahl Meisterwerke angeschafft". Lautet der Auftrag an die Schau: Zuversicht verbreiten? Mönig korrigiert: "Das Projekt tritt den Beweis an: Wir haben allen Grund zur Zuversicht."

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HintergrundDie Idee zur Ausstellung stammt aus der Vorstands-Zeit Ralph Melchers (2004 bis 2011). Geplant war, sie zur Eröffnung des Vierten Pavillons zu zeigen. Die Archiv-Forschungen der Kunsthistorikerin Eva Wolf begannen schon viel früher, 2004, zum 80-jährigen Jubiläum des Heimatmuseums am St. Johanner Markt (heute Stadtgalerie), dem Vorläufer des Saarlandmuseums. Daraus entstand das von ihr mit herausgegebene Buch "Ein Bild der Kultur. Die Geschichte des Saarlandmuseums" (2004). Die "Aufbaujahre" ist die erste von Wolf kuratierte Schau. ce

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