Brüssel sagt hohen Strompreisen den Kampf an

Wie soll es mit dem Klimaschutz nach 2020 weitergehen? Die EU-Kommission hat dazu ein Paket mit Gesetzesvorschlägen präsentiert. Unser Korrespondent Detlef Drewes sagt, was sie bedeuten.

Hat die EU-Kommission den Mitgliedstaaten wirklich ambitionierte Ziele gesetzt?

Die Zahlen klingen nicht danach. Zwischen 2020 und 2030 soll der Anteil der Energie aus erneuerbaren Quellen von sieben auf dann 27 Prozent erhöht werden. Der CO{-2}-Ausstoß muss um 40 Prozent zurückgeführt werden. Aber das Kleingedruckte ist auch in diesem Fall wichtig. Bisher wurde es der Energiebilanz der Mitgliedstaaten nämlich angerechnet, wenn sie in einem Drittstaat Kohlendioxid-Emissionen verhindern halfen - beispielsweise durch den Einkauf von Strom aus regenerativen Quellen. Dies fällt nun weg. Experten sprechen deshalb davon, dass die Mitgliedstaaten ihre (eigenen) CO{-2}-Emissionen um rund 45 Prozent abbauen müssen, um die Vorgabe der Kommission zu schaffen.

Die Mitgliedstaaten können künftig selbst festlegen, wie viel erneuerbare Energie sie nutzen. Warum lässt man ihnen so viel Spielraum?

Dafür gibt es zwei wichtige Gründe. Zum einen setzen die 28 Mitgliedstaaten höchst unterschiedliche Akzente, wie sie an Strom und Wärme kommen. So laufen beispielsweise nur in 14 EU-Staaten noch Atommeiler. Einige Länder sind bereits zu einem hohen Anteil auf alternative Quellen wie Wasserkraft umgestiegen. Da hat es nach Ansicht der Kommission keinen Sinn, nationale Vorschriften zu erlassen. Außerdem kann jedes Land uneingeschränkt entscheiden, ob es auf Atomkraft, Windenergie oder Kohle setzt. Ein weitergehender Eingriff Brüssels würde zu rechtlichen Problemen führen.

Was will man denn konkret tun, um die Wirtschaft stärker zu beteiligen?

Das Schlüssel-Instrument dafür ist der Emissionshandel. Dabei sollen Betriebe, die CO{-2} emittieren, Verschmutzungs-Bons kaufen müssen - oder eben in CO{-2} arme Produktionsverfahren investieren. Diese Steuerung funktioniert aber nur, wenn die Tonne CO{-2} etwa 30 Euro kostet. Derzeit liegt der Preis bei fünf Euro. Deshalb will die Kommission das Recht haben, bei einem Preisverfall Emissionszertifikate zeitweise vom Markt zu nehmen, um den Preis in die Höhe zu treiben.

Die deutsche Energiewende und der EU-Klimaschutz haben für den Verbraucher vor allem drastisch gestiegene Strompreise gebracht. Hält sich Brüssel da wirklich vollkommen zurück?

Nein, denn man sieht sehr wohl die Gefahr, dass die Energiepreise die dringend nötige Erholung der Konjunktur wieder auffrisst - gerade weil die Verbraucher ihr Geld in Strom und Wärme investieren müssen, anstatt zu konsumieren. Das Gegenrezept der Kommission heißt Energiebinnenmarkt. Die Länder sollen also nicht auf Insel-Lösungen (wie Deutschland mit seiner Energiewende) setzen, sondern auf dem EU-Markt vorhandenen Strom einkaufen. Außerdem will man den Wettbewerb fördern.

Was passiert denn nun mit den Vorschlägen der Kommission?

Sie werden zunächst beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs im März diskutiert und dann - möglicherweise in abgeänderter Form - beschlossen. Anschließend muss noch das Europäische Parlament zustimmen. Dort macht man sich bereits auf massiven Widerstand gefasst. Denn ein Großteil der Abgeordneten will auf ambitionierteren Vorgaben für die gesamte EU bestehen und somit die Freiheit der einzelnen Mitgliedstaaten einschränken.

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