Als die D-Mark in die DDR kam

Berlin · In atemberaubendem Tempo gelang die Währungsumstellung 1990. Es war ein historischer Kraftakt ohne Vorbild. Für viele öffneten sich erst damit die Türen zum Westen ganz. Die marode Wirtschaft der DDR wurde aber von der Härte der D-Mark mit voller Wucht getroffen.

. Als Tag der Einheit feiern die Deutschen den 3. Oktober 1990 - faktisch war die Wiedervereinigung schon am 18. Mai perfekt. An diesem Tag vereinbarten Bundesrepublik und DDR eine Wirtschafts- und Währungsunion. Damit wurde zum 1. Juli in Ostdeutschland die DDR-Mark durch die "harte" D-Mark abgelöst, das planwirtschaftliche Wirtschaftssystem durch die westliche Wirtschaftsordnung.

Für die DDR mit ihren 17 Millionen Bürgern war das eine "beispiellose Schocktherapie", schrieb der Ökonom Manfred Streit. Deren Folgen sind auch nach 25 Jahren nicht ganz verdaut. Das Tempo, vom Fall der Mauer bis zum Einheitsprozess samt Währungsunion war atemberaubend. Die Einführung der D-Mark in der DDR wurde in wenigen Wochen geplant.

Schon im Februar kündigte Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU ) das Ziel Währungsunion an, drei Monate später war sie per Staatsvertrag beschlossen - ein dramatischer Schwenk, nachdem bis dahin von einem schrittweisen Übergang und einer allmählichen Annäherung die Rede war. Dafür blieb aber keine Zeit: "Allein von Oktober 1989 bis Januar 1990 hatten über 300 000 Menschen die DDR verlassen und waren in die Bundesrepublik übergesiedelt", bilanzierte die Bundesbank. "Hätte sich die Wanderungsbewegung fortgesetzt, wären die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für beide deutschen Staaten unabsehbar gewesen." In einem Brief an Kohl warnten die "Fünf Weisen" des Sachverständigenrates: "Wir halten die rasche Verwirklichung der Währungsunion für das falsche Mittel, um dem Strom von Übersiedlern Einhalt zu gebieten." Es könne nicht Sinn einer Währungsunion sein, die durch jahrzehntelange Misswirtschaft in der DDR aufgeblähten Geldbestände durch eine Umwandlung in D-Mark in ihrer Kaufkraft aufzuwerten. Obwohl die DDR-Währung nach landläufiger Auffassung viel weniger wert war, wurden zum 1. Juli 1990 Löhne, Renten, Mieten im Verhältnis 1:1 umgestellt. "Der Wechselkurs, zu dem Ost-Mark gegen West-Mark getauscht wurde, entsprach mit Sicherheit nicht den damaligen ökonomischen Realitäten", so der frühere Bundesbankpräsident Karl-Otto Pöhl.

Die "Fünf Weisen" behielten Recht. Tausende Unternehmen brachen zusammen, weil sie der Konkurrenz nicht gewachsen waren. Die Arbeitslosigkeit stieg dramatisch. Auch 25 Jahre später wird die Währungsunion noch kontrovers beurteilt. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sieht einen "überwältigenden Erfolg, weil die Währungsunion einen entscheidenden Beitrag zur wirtschaftlichen Integration Deutschlands geleistet hat". Dagegen sagt der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn: "Es hätte besser laufen können." Nach 1996 sei das Zusammenwachsen faktisch zum Stillstand gekommen. .

Unverrückbare Fakten als Grundlage zur Deutschen Einheit


Bundesfinanzminister Theo Waigel und sein DDR-Amtskollege Walter Romberg schufen mit dem Staatsvertrag Fakten für die deutsche Einheit. Der Vertrag regelte in 38 Artikeln und neun Anlagen noch viel mehr als die Übernahme der D-Mark als Zahlungsmittel in der DDR. Es ging es um eine Komplettübernahme der westdeutschen Wirtschaftsordnung - von der Niederlassungsfreiheit für Gewerbetreibende und dem Arbeitsrecht über das Aktienrecht bis zu den Sozialversicherungen. Eines der Kernstücke, die Währungsunion, sah - gegen Bedenken der Deutschen Bundesbank - vor, dass "Löhne, Gehälter, Stipendien, Renten, Mieten und Pachten sowie weitere wiederkehrende Zahlungen" im Verhältnis 1:1 umgestellt werden. Bis zur Wiedervereinigung fehlte DDR-Bürgern der Zugang zum Westgeld. Westbürger, die in die DDR reisten, mussten bei der Einreise Ostmark im Verhältnis 1:1 tauschen.

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