Zwischen Paris und Berlin soll es weniger knirschen

Paris · Es ist der erste deutsch-französische Ministerrat seit einem Jahr und er soll neuen Schwung in die Beziehungen bringen: Mit ihrer gesamten Ministerriege reist Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) heute nach Paris, um Präsident François Hollande und dessen sozialistische Regierung zu treffen. Auch Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer gehört als Bevollmächtigte für deutsch-französische Kulturbeziehungen der Delegation und führt Gespräche mit Bildungsminister Vincent Peillon, Forschungsministerin Geneviève Fioraso und Europaminister Thierry Repentin.

Ziel des Treffens beider Kabinette ist eine engere Zusammenarbeit mit dem französischen Partner in vielen Bereichen - vom Einsatz der deutsch-französischen Brigade in Mali über die Energiewende bis hin zu Klimaschutz.

Schon seit einigen Monaten hat sich der Wind im deutsch-französischen Verhältnis gedreht: Wurden die Beziehungen zwischen der konservativen Kanzlerin und dem Sozialisten Hollande lange als schwierig beschrieben, so näherten sich beide zuletzt merklich an. Hollandes neuer, unternehmerfreundlicherer Reformkurs wurde in Berlin positiv aufgenommen. Und Paris wiederum registrierte mit Genugtuung die deutsche Neuausrichtung - nicht zuletzt aufgrund der Regierungsbeteiligung der SPD in Berlin - etwa beim Mindestlohn.

Die Zusammenarbeit sei leichter geworden, heißt es auf deutscher Seite - auch weil sich viele der SPD-Minister und ihre sozialistischen Kollegen in Paris schon seit Jahren gut kennen. Es gebe nun eine große Erwartungshaltung in Frankreich. Doch die Expertin für deutsch-französische Beziehungen an der Freien Universität in Berlin, Sabine von Oppeln, warnt vor zu viel Euphorie: "Die Koalition in Deutschland wurde gerade erst gebildet und noch nicht alle Positionen sind offen gelegt." So gebe es große Unterschiede in der Verteidigungspolitik zwischen Union und SPD. Gerade hier hatte es in der Vergangenheit zwischen Berlin und Paris geknirscht: Französisches Vorpreschen etwa im Syrien-Konflikt irritierte in Berlin, während sich Paris in Afrika nicht ausreichend unterstützt fühlte und kurzerhand beschloss, einen Teil der deutsch-französischen Brigade aufzulösen. Nun soll eine engere Abstimmung in der Außen- und Verteidigungspolitik beschlossen werden. Künftig wollen beide Seiten ihre Positionen schon im Vorfeld von Konflikten abklären und etwa durch gemeinsame Reisen der Außenminister ihre Kooperation demonstrieren.

Mindestens genauso wichtig ist aber das Signal an Paris, dass Berlin bereit ist, seinen Verbündeten bei seinen heiklen Militäreinsätzen in Afrika stärker zu unterstützen: Erwartet wird eine Entscheidung zum Einsatz der deutsch-französischen Brigade im westafrikanischen Mali, um das französische Militär dort zu entlasten, damit es mehr Freiraum für seine Operation in der Zentralafrikanischen Republik erhält. In Paris wird aufmerksam verfolgt, dass in Berlin über ein stärkeres internationales Engagement diskutiert wird. Konkrete Vorschläge für eine engere Kooperation wollen beide Seiten auch im Bereich der erneuerbaren Energien machen. Ein Zeichen für den Aufbruch in der Zusammenarbeit ist, dass heute erstmals eine wirkliche Plenarsitzung aller Minister mit Merkel und Hollande stattfinden wird.

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