Wohnungsbranche fürchtet Abwärtstrend

Saarbrücken · Mehr Fördermittel für den Wohnungsbau und die Modernisierung. Das forderte gestern die Wohnungswirtschaft auf dem Immobilienkongress in Saarbrücken. Sonst drohe der Verfall.

Der Wohnungsbestand im Saarland droht zu verfallen. Neubau wird es weitgehend nur noch im rentablen Hochpreis-Niveau geben. Davor warnte Volker Leers, Präsident des Verbandes der saarländischen Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (VdW) gestern auf dem Immobilienkongress in Saarbrücken zum Thema "Wo kommen preiswerte Wohnungen her?". Der Grund: Angesichts des Mietpreisniveaus mit Spannen von 3,70 Euro bis 6,50 Euro pro Quadratmeter lassen sich nach Aussage von Leers Investitionen nicht mehr refinanzieren.

"Wir haben Einstands-, wir haben Bau- und wir haben Finanzierungskosten", sagt Leers. Es reiche das Einmaleins aus, um auszurechnen, dass bei ständig steigenden Baukosten diese Investitionen nicht mehr aus den Mieteinnahmen zu refinanzieren seien. Zumal die Mieten anders als die Baukosten im Saarland in den vergangenen Jahren kaum gestiegen sind. Während es bei den Baukosten seit 2005 hierzulande einen Zuwachs von rund 23 Prozent gab, sind die Nettokaltmieten nach VdW-Zahlen gerade mal um rund fünf Prozent gestiegen.

Schlimmer sieht es nach Aussage von Christian Patzwahl noch im Sozialen Wohnungsbau aus. Rentierliche Investitionen und preisgünstiges Wohnen - dieser Widerspruch sei nicht aufzulösen, sagte der Geschäftsführer der Immobiliengruppe Saarbrücken, die mit Siedlungsbauten unter anderem auf dem Eschberg und der Folsterhöhe zahlreiche Sozialwohnungen im Bestand hat. Viele dieser Wohnungen seien in dramatischem Zustand. Pro Quadratmeter sei ein Sanierungsbedarf im hohen dreistelligen Eurobereich aufgelaufen. "Um solch eine Sanierung über die Mieten zu refinanzieren, wären Mieterhöhungen von sechs Euro pro Quadratmeter nötig", sagt Patzwahl. Solche Mieterhöhungen seien aber unrealistisch - die Mieter der Immobiliengesellschaft seien nicht einmal in der Lage, einen immer wieder ins Gespräch gebrachten Drittel-Anteil zu tragen, bei einer Co-Finanzierung durch Staat und Vermieter. "Realistisch ist nur eine Finanzierung, bei der Bund und Land mit 70 Prozent, der Vermieter mit 20 und der Mieter mit maximal zehn Prozent belastet wird", sagte Patzwahl.

Das Fazit von Leers und Patzwahl: Ohne politische Flankierung wird es im Wohn-Bestand keine Modernisierung geben. Die Politik müsse sich dafür starkmachen, die Mittel für die Wohnungsbau-Förderung sowie die Förderung des sozialen Wohnungsbaus aufzustocken. Vor allem dürfe das Land nicht der Versuchung verfallen, Wohnungsbau-Mittel für die Haushaltskonsolidierung umzuwidmen und damit Co-Finanzierungen des Bundes zu gefährden, sagt Leers.

Auch Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich sieht die Problematik. Angesichts der Tatsache, dass seit dem Jahr 2000 gerade einmal 1063 Wohnungen mit staatlicher Förderung modernisiert und 76 Wohnungen neu gebaut wurden, würde es rechnerisch 1500 Jahre dauern, um den Bestand zu modernisieren. Er fordert deshalb die große Koalition im Land auf, sich auf Bundesebene dafür starkzumachen, die Fördermittel aufzustocken. Außerdem müssten die Landesmittel von sechs auf zwölf Millionen mindestens verdoppelt werden.

Leers geht aber noch weiter und fordert auch den preistreibenden Effekten bei den Baukosten Einhalt zu bringen. Hohe Zusatzkosten für energetische Sanierung wie auch den barrierefreien Umbau würden beim bestehenden Mietniveau Investitionen abwürgen.

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