Unterwegs in Gesichtslandschaften

Saarbrücken. Ein merkwürdiges Gipfeltreffen: Johnnie To, Hongkongs Regie-Meister, hat einen Film mit dem französischen Rocker und Nationalheiligtum Johnny Hallyday gedreht. Ganz überraschend ist diese Paarung aber nicht: Tos lakonischen Filmen und Figuren sieht man an, dass er ein Fan des klassischen französischen Gangsterfilms ist, besonders von Jean-Pierre Melville

Saarbrücken. Ein merkwürdiges Gipfeltreffen: Johnnie To, Hongkongs Regie-Meister, hat einen Film mit dem französischen Rocker und Nationalheiligtum Johnny Hallyday gedreht. Ganz überraschend ist diese Paarung aber nicht: Tos lakonischen Filmen und Figuren sieht man an, dass er ein Fan des klassischen französischen Gangsterfilms ist, besonders von Jean-Pierre Melville. Mit dessen Lieblingsdarsteller Alain Delon hatte To zuletzt über einen Film verhandelt - und der scheint nun "Vengeance" geworden zu sein, wenn auch nicht mit Delon (der wohl das Drehbuch nicht mochte), sondern mit Hallyday. Ob nun zweite Wahl oder nicht: Hallydays wettergegerbtes Echsengesicht ist hier ein Ereignis. Er spielt einen Franzosen, der in Hongkong den Anschlag auf seine Tochter rächen will, drei Auftragskiller anheuert und in den Privatkrieg zieht. Das klingt nach Genre-Durchschnitt, ist aber nur das grobe Handlungsgerüst, das To meisterlich füllt - mit exquisiten Breitwandbildern und einigen Überraschungen. Um lakonische, melancholisch getönte Männerfreundschaften geht es hier und um Macho-Rituale, die ironisch gebrochen werden. Und Johnny Hallyday, auf den der Film ganz zugeschnitten ist? Der durchwandert die Szenerie, zwischen nächtlich neonbeschienenen Regenschirmen und dampfenden Suppenküchen, mit kühler Grazie. (Erschienen bei Koch Media).

Von Hongkong nach Luxemburg: Dort trat John Malkovich im Mai dieses Jahres mit "The infernal comedy - confessions of a serial killer" auf, einem Musiktheaterstück von Michael Sturminger über den realen Mörder Jack Unterweger (1950-1994), der sich in der Haft zum schriftstellernden Medienliebling hochschrieb und -log. Eine Wiener Aufführung mit der "Wiener Akademie" und zwei Sängerinnen erscheint jetzt auf DVD (bei Arthaus) und zeigt einen brillanten, doppelbödigen, charmanten, rührenden und beängstigenden Malkovich als Unterweger, der sich in seinen Lebenslügen verliert. Ein dunkel schillerndes, faszinierendes Stück. tok

Bonus: Eine Dokumentation über Unterweger und über die Entstehung der Inszenierung.

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