Wissen Ingenieure wollen vom Ohrenkneifer lernen

Zürich · Die Insekten können ihre Flügel zu einer ultrakompakten Form zusammenklappen, in der sie zehnmal weniger Platz benötigen.

 Flugfähige Ohrwurm-Arten können ihre Flügel ohne jede Anstrengung  auf ein Zehntel ihre Größe zusammenklappen.

Flugfähige Ohrwurm-Arten können ihre Flügel ohne jede Anstrengung auf ein Zehntel ihre Größe zusammenklappen.

Foto: ETH/Jakob Faber, ETH Zürich

(np) Der Ohrwurm oder Ohrenkneifer ist ein Tier, dem kaum ein Mensch Sympathie entgegenbringt. Dabei ist er gar kein Wurm. Und mit den Ohren hat er nur deshalb zu tun, weil in der Antike einem Pulver, das aus den getrockneten und gemahlenen Insekten gewonnen wurde, Heilkräfte bei Ohrenleiden zugeschrieben wurde. Diese Anwendung ist längst in Vergessenheit geraten, dafür gilt der Ohrwurm derzeit bei Ingenieuren als interessantes Forschungsobjekt.

Denn einige Arten des Insekts haben Flügel – und da hat der Ohrwurm Ingenieuren viel zu bieten. Der offene Flügel eines Ohrwurms ist mehr als zehnmal größer als der geschlossene. Das ist Weltrekord im Tierreich, berichten Wissenschaftler der ETH Zürich. Besonders sei der Ohrwurm-Flügel auch in anderer Hinsicht: Im offenen Zustand bleibe er von allein stabil, falte sich aber mit einem Klick von selbst komplett zusammen, ohne dass das Tier dafür Muskelkraft aufbringen müsse, haben die Züricher Wissenschaftler zusammen mit Forschern der Purdue University in den USA herausgefunden.

Sie wollen das Ohrwurm-Origami nun für technische Anwendungen kopieren. Das Schlüsselelement seiner besonders kompakten Faltung ist offenbar ein spezielles Protein, das in Lagen geschichtet je nach Anordnung und Dicke mal als Zug- mal als Drehfeder wirke. In einem Gelenk kreuzten sich diese Lagen. Es ist der Dreh- und Angelpunkt der Flügelkonstruktion.

Das wollen die Forscher auf die Konstruktion eines Bauelements aus Kunststoffplatten übertragen, die über ein weiches, elastisches Plastikmaterial verbunden sind, das ähnliche Federfunktionen übernimmt. In der geöffneten Form sei das Element wie der Insektenflügel stabil. Tippe man es jedoch leicht an, falte es sich von selbst zusammen.

Eine Anwendung für solche technischen Origami-Elemente könnte eine faltbare Elektronik sein oder  auch Solarsegel für Raumsonden, die sich auf kleinstem Raum transportieren lassen und im Weltraum dann  von selbst aufspannen. In Frage kämen aber auch sehr viel profanere Dinge wie ein faltbares Zelt, Landkarten oder Packungsbeilagen, erklärt Jakob Faber von der ETH Zürich.

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