Klarer Schnitt unmöglich Die digitalen Tücken der Trennung

Berlin · Zerbricht eine Liebesbeziehung, dann haben es die Ex-Partner im Zeitalter der sozialen Netzwerke besonders schwer. Ständig sehen zu können, was der oder die Verflossene gerade macht, verschlimmert den Liebeskummer.

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Foto: SZ

Kein Appetit, Schlaflosigkeit und das ständige Verlangen wissen zu wollen, was der Ex-Partner gerade macht – Liebeskummer tut weh. Laut einer Untersuchung der Vermittlungsbörse ElitePartner hat so gut wie jeder Deutsche schon Liebeskummer erlebt. Früher war das ein klarer Schnitt – aus und vorbei. Das Internet hat das geändert. Über Facebook, Instagram oder Snapchat können die Getrennten in Echtzeit alles aus dem Leben des Ex-Partners erfahren. Nicht mehr an den anderen zu denken, erscheint dann fast unmöglich. Betrachten wir den Fall von „Barbie“ und „Ken“. Die beiden Personen sind erfunden, aber ihr Erlebnis könnte sich so wirklich zugetragen haben.

Barbie und Ken sind nicht mehr zusammen. Es hat lange gedauert, bis sich die beiden zu diesem Schritt entschieden haben, aber jetzt gehen sie getrennte Wege. Freunde wollen sie trotzdem bleiben. Befreundet sind Menschen im Zeitalter der sozialen Medien aber auf zwei Ebenen: real und virtuell.

Bleibt Ken mit Barbie auf Facebook befreundet, kann er genau verfolgen, was sie dort treibt. Hat sie einen Neuen, wo geht sie heute essen und wie fühlt sie sich? Auf alle diese Informationen hat er noch Zugriff. Beiträge, die Barbie gefallen, werden ihm angezeigt; und manchmal gratuliert Facebook mit Videos, die vollgepackt sind mit Paarbildern von ihm und ihr, „zur 15-jährigen Freundschaft“. Solche Erinnerungsvideos können in dem Netzwerk weiterverbreitet werden. Löscht er ein Paarbild von seinem Profil, wird es bei Barbie weiter angezeigt. Entfernt auch Barbie dieses Bild, bleibt es auf den Seiten gemeinsamer Freunde, die das Foto geteilt haben, vorhanden. Ken wird klar: Richtig Schluss zu machen in Zeiten des Internets, ist so gut wie unmöglich.

So wie Ken geht es jedem Fünften in Deutschland. Laut einer Untersuchung der Partnerbörse Parship verlängern die sozialen Medien den Liebeskummer. Wurden früher die Fotos des Ex-Partners zerschnitten und die Liebesbriefe in den Müll geworfen, ist das in Zeiten der sozialen Medien fast unmöglich geworden. Was bleibt, sind Netzwerke voll mit Erinnerungen an die ehemalige Beziehung. Sprüche wie „Nach der Trennung beginnt ein neues Kapitel“ haben ihre Wirkung verloren. Online ist der Ex-Partner Teil der Gegenwart.

Forscher der Brunel University in London haben rund 500 frisch getrennte Online-Nutzer zu ihrem Facebook-Verhalten und ihren Emotionen befragt. Die Teilnehmer sollten angeben, wie stark sie unter Liebeskummer leiden. Befragte, die noch auf Facebook mit dem Ex-Partner befreundet waren, hatten größere Schwierigkeiten, ihren Liebeskummer zu überwinden, lautet ein Ergebnis. Die Befragten spionierten den Ex-Partner auf dessen Profil aus. Je häufiger sie das taten, desto stärker sei ihr Liebeskummer geworden. In diesem Fall helfe der Abstand zum Ex-Partner, sowohl offline als auch online, lautet ein weiteres Ergebnis der Studie.

Silvia Fauck betreibt eine Beziehungs- und Liebeskummerpraxis in Berlin und ist psychologische Beraterin. Auch sie bestätigt:„Soziale Netzwerke verlängern Liebeskummer. Man sollte den Partner auf Facebook entfernen, sonst findet man keinen Abstand.“ Zusätzlich alle Paarbilder zu löschen, sei allerdings nicht notwendig. Der Ex-Partner sei ein Teil des eigenen Lebens und so solle er auch betrachtet werden. Viele Ex-Partner seien zudem beleidigt, wenn gemeinsame Bilder aus dem sozialen Netzwerk entfernt würden. „Bevor man irgendetwas löscht, sollte man mit dem Ex-Partner darüber sprechen. Es handelt sich um gemeinsame Erinnerungen, die nicht jeder vergessen will“, erläutert die Therapeutin.

Gar keine Fotos während der Beziehung ins Netz zu stellen, sei in der heutigen Zeit fast nicht mehr umsetzbar, sagt Fauck. „Wir sind alle miteinander vernetzt und der Gruppenzwang ist groß. Wenn ich dazugehören will, veröffentliche ich Bilder, wie alle anderen das auch tun. Wer mitreden will, muss auch mitspielen – anders ist man außen vor“, betont Fauck. Einen Selbstzwang zu entwickeln, um nichts über die eigene Beziehung zu veröffentlichen, sei falsch. Die Alternative sei dann, sich überhaupt nicht bei sozialen Netzwerken zu registrieren.

Sich gegenseitig Raum zu lassen und eine Pause von den virtuellen Netzwerken zu nehmen, sei der richtige Weg, sagt Fauck. Wie lange diese Pause dauere, sei individuell. Eine Auszeit könne dafür genutzt werden, den Alltag neu zu gestalten, die gemeinsame Wohnung wieder zur eigenen zu machen oder den Freundeskreis neu zu sortieren, erläutert Fauck. „Ein Urlaub mit Freunden tut gut. Man lernt neue Leute kennen und ist raus aus der gewohnten Umgebung“.

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