Cybergrooming im Internet So schützen Eltern ihre Kinder im Internet

Saarbrücken · Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die 2019 Opfer von sexuellem Missbrauch im Internet wurden, ist im Vergleich zum Vorjahr stark gestiegen.

 Kinder werden oft da von Triebtätern angeschrieben, wo sich die Opfer eigentlich am wohlsten fühlen.

Kinder werden oft da von Triebtätern angeschrieben, wo sich die Opfer eigentlich am wohlsten fühlen.

Foto: Getty Images/iStockphoto/sam thomas

Die Maschen der Täter sind perfide. Sie treten meist dort auf, wo sich Kinder und Jugendliche im Internet mit Gleichaltrigen und Gleichgesinnten treffen, um zu spielen oder sich auszutauschen – auf den sozialen Netzwerken oder in den Foren von Computerspielen. Beim sogenannten Cybergrooming versuchen Triebtäter, im Internet das Vertrauen von Kindern und Jugendlichen zu erschleichen, um sie sexuell zu missbrauchen. 2019 sind insgesamt 3264 Kinder Opfer von sexuellem Missbrauch im Internet geworden. Das geht aus der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes hervor. Sie zeigt einen Zuwachs zum Vorjahr von rund 34 Prozent. Doch das Dunkelfeld – also die der Polizei nicht bekannt gewordenen Fälle – ist noch wesentlich größer.

„Schau hin“, eine Initiative, die Familien bei der Medienerziehung hilft, erklärt, wie die Täter vorgehen. So stellen die potenziellen Täter zunächst den Kontakt zu ihren Opfern her. Sei es in den sozialen Medien, über Kurznachrichten-Dienste, auf Videoportalen oder auf den Plattformen von Computerspielen. Dabei benutzen die Täter oft gefälschte Profile. Sie geben zum Beispiel vor, im gleichen Alter zu sein wie die Kinder und Jugendlichen. Aber sie nutzen auch andere Maschen, um sich an die Kinder heranzumachen. Sie täuschen etwa vor, bei einer Model
agentur oder einer Zeitschrift zu arbeiten und stellen dem Kind oder Jugendlichen in Aussicht, berühmt zu werden. Mimikama.at, ein Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch, erklärt, dass die Täter sich in den Spieleportalen auch als Profispieler ausgeben, die ihren Opfern zu mehr Erfolg bei den Computerspielen verhelfen wollen.

Nachdem der Kontakt hergestellt ist, versuchen die Täter laut „Schau hin“, Vertrauen aufzubauen. Sie täuschen Interesse am Leben der Kinder vor, auch kommentieren sie die von Opfern geteilten Inhalte auf den sozialen Netzwerken oder drücken auf die „Gefällt-mir“-Schaltfläche. Oder sie machen kleine Geschenke auf den Spieleplattformen. Ist das Vertrauen aufgebaut, wird der Übergriff vorbereitet. Die Täter versuchen, ihre Opfer zur Kommunikation über private Messenger-Dienste wie Whatsapp oder den privaten Video-Messenger-Dienst Skype zu überreden. In diesem für andere nicht sichtbaren Bereich wird dann entweder pornografisches Material versendet oder von den Opfern eingefordert.

Mimikama.at und „Schau hin“ haben einige Ratschläge zusammengestellt, wie Eltern ihre Kinder schützen können. Zunächst sei es wichtig, das Vertrauen der Kinder zu fördern. Eltern sollen mit ihren Kindern über deren Lebenswelt reden. Also auch darüber, was die Kinder und Jugendlichen im Internet machen. Es sei zudem wichtig, dass Kinder mit ihren Eltern über Probleme im Internet reden können, ohne Angst haben zu müssen, bestraft zu werden. Denn laut Mimikama.at seien besonders Kinder gefährdet, deren Eltern oft abwesend seien oder denen im Elternhaus die Zuneigung fehle.

In manchen Fällen haben die Kinder noch kein Problembewusstsein entwickelt. Eltern müssten ihren Kindern erklären, dass nicht alle Personen im Internet Gutes im Sinn haben, und dass es Kriminelle gebe, die sich für jemand anderen ausgeben.

Kinder ohne oder mit nur geringen Online-Erfahrungen sind laut Mimikama.at ebenfalls stärker gefährdet, Opfer von sexuellem Missbrauch im Internet zu werden. Doch sollten Eltern Verbote vermeiden. „Schau hin“ rät, dass Eltern viel mehr ihre Kinder im Netz begleiten sollen, indem sie altersgerechte Angebote aussuchen und einrichten und erklären, was beim Chatten angemessen ist und was nicht.

Eltern sollten das Bauchgefühl ihrer Kinder bestärken. Wenn ein Kind etwas als unangenehm empfinde, solle es mit den Eltern darüber reden können. Damit geht auch einher, dass Kinder lernen sollen, Nein zu sagen, erklärt Mimikama.at. Denn wehrhafte Kinder, die sich klar gegen solche digitalen Annäherungsversuche stellen mit Aussagen wie „Lass mich in Ruhe“, „Ich will das nicht“ oder „Ich melde das der Polizei“, schrecken laut Mimikama.at die Täter ab.

Die Jugendschützer empfehlen, persönliche Daten zu schützen. So sollten Kinder keine Angaben über ihre Schule, Adresse oder Handynummer machen. Mimikama.at erklärt auch, dass Eltern mit Bedacht mit Kinderfotos umgehen sollten. Badewannenfotos oder andere Bilder, auf denen Kinder entweder keine oder nur wenig Kleidung anhaben, hätten nichts in sozialen Netzwerken zu suchen.

„Schau hin“ empfiehlt, auch die Webcam abzukleben. Denn jeder, der die Übertragung sehe, könne diese speichern. Außerdem könnten Kriminelle mit Schadprogrammen die Kamera, die in vielen Laptops und Tablets integriert ist, fernsteuern.

Falls es zu einem Treffen mit einer Online-Bekanntschaft kommen sollte, rät Mimikama.at, den Treffpunkt an einen öffentlichen Ort zu legen. Eltern sollten ihre Kinder immer dabei begleiten und in Sichtweite bleiben.

Wenn es zur sexuellen Belästigung gekommen ist, müssen die Täter bei den Internetplattformen gemeldet und blockiert werden. Viele soziale Medien bieten die Möglichkeit, Personen, die sich unangemessen verhalten, zu melden. Deshalb sei es wichtig, Beweise zu sichern. Daher sei es notwendig, Bilder und Screenshots anzufertigen. Denn der sexuelle Missbrauch von Kindern im Internet ist eine Straftat, die mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden kann.

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