Reputation im Netz So werden unangenehme Inhalte gelöscht
Saarbrücken · Online-Reputationsmanager helfen Verbrauchern und Unternehmen dabei, den guten Ruf im Internet wiederherzustellen.
Der erste Kontakt mit dem potenziellen Arbeitgeber lief für Sandra B. (Name geändert) gut. Nach der Online-Bewerbung hatte er spontan angerufen und einige Fragen gestellt, die ihm beim Lesen der Unterlagen in den Sinn gekommen waren. Das Gespräch verlief freundlich und interessiert. Sandra hatte ein gutes Gefühl.
Danach herrschte Schweigen. Kontaktversuche liefen ins Leere, keine Nachricht, keine Reaktion mehr. Sandra ahnte Böses. Sie gab ihren Namen bei diversen Suchmaschinen ein und war schockiert. Alte Fotos von feuchtfröhlichen Partys und gedankenlos aufgenommene Selfies mit Kussmund und Weinglas in der Hand – welchen Eindruck hinterlässt das bei Arbeitgebern? Sandra war das Opfer einer schlechten Online-Reputation geworden. Der erste Eindruck, den jemand bei einer gezielten Suche nach ihrer Person haben musste, war verheerend. Doch wie bekommt Sandra solche Negativ-Einträge wieder weg, damit nicht noch andere Bewerbungsversuche scheitern? Der Einzelne ist gegen die Untiefen des Internets häufig machtlos, heißt es immer. Das Netz vergisst nichts.
Inzwischen haben sich etliche Dienstleister dieses Problems angenommen. Die Unternehmen heißen Reputation-Defender, Talkwalker oder Revolvermänner. Gegen Geld versprechen sie, den zu Unrecht angeschlagenen Ruf von Menschen und Firmen im Netz wieder glatt zu polieren. Das können Privatpersonen, Prominente, Ärzte, Kliniken, Restaurants, Hotels oder Handwerker sein. Im Grunde genommen kann es jeden treffen.
Das Online Reputationmanagement (ORM) scheint als Geschäftsmodell zu funktionieren. Inzwischen hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sogar einen IHK-Zertifikatslehrgang „Beauftragter für Online Reputationsmanagement“ im Weiterbildungsangebot. Denn bei vielen Firmen oder Berufsgruppen kann ein negativer Eintrag einen schweren wirtschaftlichen Schaden zur Folge haben oder gar die Existenz zerstören.
Das Schema, nach dem die ORM-Profis arbeiten, ähnelt sich. Zunächst recherchieren sie im Internet nach allen in Frage kommenden Einträgen ihrer Kunden. Dabei durchkämmen sie Google und andere Suchmaschinen, aber auch Foren, Blogs und sämtliche soziale Netzwerke nach Schmuddel-Infos über ihre Klienten. Danach setzen sie alles daran, dass rufschädigende Beiträge möglichst schnell gelöscht werden. Die meisten Internet-Reiniger versprechen bei Google eine Löschquote von bis zu 90 Prozent. Dazu gehört, dass nicht nur die rufschädigenden Einträge verschwinden, sondern auch die Links und deren Aufzählungen, die zu diesen Seiten führen.
Dennoch verschwindet nicht alles. Unangenehme oder veraltete Einträge können weiter im Internet herumschwirren. Sollte das der Fall sein, setzt die virtuelle Putzkolonne alles daran, diese Schmutzreste in der letzten Ecke des World Wide Webs zu verstecken. Dies funktioniert über die Suchmaschinenoptimierung. Normalerweise dient sie dazu, Einträge bei Google und Co. möglichst prominent – also weit vorne – zu platzieren. Allerdings kann auch das Gegenteil programmiert werden, und der Such-Algorithmus platziert die unerwünschten Informationen am Ende der Liste. Damit sind die Schmuddel-Infos aus dem Auge und dem Sinn – wohl wissend, dass die meisten Suchmaschinen-Nutzer höchstens die ersten beiden Seiten nach angefragten Informationen durchforsten.
Die Reputationsmanager sind jedoch nicht nur die Putzkolonne des Internets. Ihre vornehmste Aufgabe sehen sie darin, den Ruf von Menschen oder Firmen ins möglichst beste Licht zu rücken. Positive Webinhalte sollen in den Vordergrund treten. Denn die Saubermänner wissen, dass der gute Ruf eines Unternehmens im Internet unbezahlbar ist. Überzeugende Produkte und ein guter Service alleine reichen nicht mehr. Die Kunden müssen mit ins Boot geholt werden. Sie sollen eine möglichst positive Bewertung auf der Webseite abgeben – und das so einfach wie möglich. Von seitenlangen Umfrageformularen und Dutzenden von Fragen raten ORM-Profis ab. Außerdem empfehlen sie ihren Kunden, verschiedene Internet-Plattformen zur Kommunikation zu nutzen – wie zum Beispiel Blogs, Podcasts oder einen eigenen Video-Kanal auf Youtube. Außerdem helfen sie, die digitalen Medien im Blick zu behalten, um immer zu wissen, was über die Firma und ihre Produkte kommuniziert wird.