Serie Lebenswege Große Hilfsbereitschaft zeichnete ihn aus

Merzig-Hilbringen · Wie ist das, von einem geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen? Die SZ spricht mit Angehörigen und Freunden und stellt in einer Serie Lebenswege Verstorbener vor. Heute: Paul Klein.

 Paul Klein, hier ein Foto aus dem Familienalbum von 2008, war ein geselliger und beliebter Mensch.

Paul Klein, hier ein Foto aus dem Familienalbum von 2008, war ein geselliger und beliebter Mensch.

Foto: Familie Klein/Familienalbum; Repro: Fredy Dittgen

„Ein unvergesslicher Mensch hat uns verlassen“, heißt es auf der Kondolenzliste des verstorbenen Paul Klein aus Merzig-Hilbringen. „Der Bestatter sagte zu mir, so viele Menschen hätten sich bei ihm selten in eine Kondolenzliste eingetragen, er habe noch Blätter nachlegen müssen“, erzählt Paul Kleins Ehefrau Roswitha.

Paul Klein kam am 30. Oktober 1934 im Waderner Stadtteil Büschfeld als erstes Kind von Nikolaus Klein und Franziska Klein, geborene Klein, zur Welt. 1939 wurde sein Bruder Norbert geboren, der jedoch schon 1991 verstarb. Die Familie betrieb in Büschfeld eine Bäckerei mit Café, die der junge Paul später einmal übernehmen sollte. Deshalb besuchte er nach der Volksschule das Merziger Gymnasium und absolvierte anschließend eine Bäckerlehre. Nach bestandener Gesellenprüfung arbeitete er im elterlichen Betrieb, gab sein Handwerk aber aus gesundheitlichen Gründen wieder auf und bewarb sich beim Bundesgrenzschutz in Bonn.

Als Zollbeamter stieg er bis zum Zolloberinspektor auf, war zunächst in der Eifel und ab 1959 im Saarland tätig. „Er war überall bekannt und beliebt, die Menschen in Frankreich nannten ihn nur Monsieur Pauli“, erzählt Roswitha Klein, geborene Thiel. Sie lebte damals mit ihrer Familie in Wadern und kannte Paul Klein schon vom Sehen her. Eines Tages fragte er sie, ob sie mal mit ihm ausgehen wolle. „Ich war streng erzogen worden und durfte nur mit Genehmigung meiner Eltern ausgehen“, erzählt sie. Also kam Paul zu ihr nach Hause und bat ihre Eltern höflich um Erlaubnis. Die wurde auch erteilt. „Aber ich durfte nur eine Stunde lang mit ihm ausgehen, wir tanzten nur drei Mal. Onkel und Tante waren sogar als Aufpasser dabei“, sagt Roswitha Klein schmunzelnd.

Fünf Jahre lang sahen sich die beiden relativ selten, schrieben sich aber Briefe und planten eine gemeinsame Zukunft. Am 25. August 1960 dann schlossen sie im Standesamt Wadern den Bund fürs Leben. Anfangs wohnte das junge Paar in Paul Kleins Dienstwohnung in Tünsdorf, ehe sie 1961 in Hilbringen ein Grundstück erwarben und ein Haus bauten, in dem sie 23 Jahre lang ein Lebensmittelgeschäft führten.

Roswitha Klein erinnert sich gut an ihren ersten Hochzeitstag, sie erzählt: „Da war Paul in Bad Gandersheim (Niedersachsen) auf einem Lehrgang und gratulierte mir per Telegramm. Darauf stand, dass es aus Roswithastadt kam, und ich dachte, mein Paul habe sich einen Scherz erlaubt.“ Dem war aber nicht so, Bad Gandersheim heißt wegen der Dichterin Roswitha von Gandersheim tatsächlich Roswithastadt. 1962 kam Tochter Silvia und 1965 Tochter Heike zur Welt. Dass der Zollbeamte Klein auch ein Lebensmittelgeschäft besaß, gefiel einigen seiner Vorgesetzten überhaupt nicht. „Sie legten ihm viele Steine in den Weg. Doch aus den Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man auch etwas Gutes und Schönes bauen“, betont Roswitha Klein.

Ihr Ehemann war ein geselliger Mensch, ein geschätzter Weinkenner und sehr hilfsbereit. Er engagierte sich im Gemeinwesen, wurde Mitglied in jedem Hilbringer Ortsverein und brachte sich mit Ehefrau Roswitha aktiv in der katholischen Kirchengemeinde Hilbringen ein. Zeichen setzte er im Hilbringer Karnevalsverein, dessen Gründungsmitglied er war und in dem er als Büttenredner auftrat.

Auch politisch wurde Paul Klein aktiv. Er schloss sich der SPD an, vertrat die Sozialdemokraten von 1999 bis 2004 im Merziger Stadtrat, gehörte von 1989 bis 2009 dem Hilbringer Ortsrat an und war 20 Jahre lang Ortsvorsteher von Hilbringen. Mit großem Engagement setzte er sich für die Entwicklung seines Stadtteils ein. Hier galt sein Interesse vordringlich der Verbesserung der Infrastruktur. „Seine langjährige ehrenamtliche Tätigkeit für das Allgemeinwohl und seine große Hilfsbereitschaft haben ihm die Achtung und die Wertschätzung der Bevölkerung eingebracht“, heißt es in einem Nachruf der Stadt Merzig.

2002 musste sich Paul Klein einer Herzklappen-Operation unterziehen, erholte sich davon aber gut und bedankte sich bei seinem Schöpfer mit jährlichen Fahrten nach Lourdes. Parallel dazu begann er Hilfstransporte nach Rumänien und in italienische Erdbebengebiete zu organisieren. Besonders oft fuhr er nach Sibiu, dem früheren Hermannstadt in Siebenbürgen. Dafür sammelte er Lebensmittel, Werkzeuge, Hilfsgüter und viele andere nützliche Dinge, die er persönlich zu den armen Menschen und Kindergärten nach Sibiu brachte. Am 20. November 2015 hatte Paul Klein erneut Probleme mit dem Herzen und wurde nach Völklingen in die Klinik eingeliefert. „Meine beiden Töchter und ich haben ihn mittags dort besucht. Paul war guter Dinge, hat Zeitung gelesen und Späßchen gemacht“, erzählt Roswitha Klein.

In der folgenden Nacht, gegen drei Uhr, erreichte sie ein Anruf aus dem Krankenhaus. „Mein Mann musste nach Saarbrücken in die Winterbergklinik verlegt werden, er hatte eine Hirnblutung erlitten“, erinnert sich Roswitha Klein. Am Nachmittag desselben Tages besuchte sie mit Kindern, Schwiegersohn, Enkeln und Urenkel Jonas ihren Mann in der Klinik. Als die ganze Familie am Krankenbett versammelt war, verstarb Paul Klein friedlich. „Man sagt, der Mensch spürt, wenn alle seine Lieben da sind und sucht sich dann den Zeitpunkt aus, wo er für immer die Augen schließen kann“, sagt Roswitha Klein. Paul Klein wurde am 26. November 2015 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Hilbringer Friedhof zu Grabe getragen.

Auf der Seite „Momente“ stellt die SZ im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor. Online unter saarbruecker-­zeitung.de/lebenswege

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort