Nationalmannschaft Kimmich überholt sogar den „Kaiser“

Mainz · Die defensiven Außen sind keine Problempositionen mehr – und doch hat Joshua Kimmich dort quasi ein Alleinstellungsmerkmal. Denn der Münchner ist der einzige deutsche Außenverteidiger von internationalem Format.

 Dauerbrenner und „Flankengott“: Joshua Kimmich war bei den vergangenen 22 Länderspielen jeweils über die komplette Distanz im Einsatz. Damit überholte er in dieser Statistik jetzt sogar Franz Beckenbauer.

Dauerbrenner und „Flankengott“: Joshua Kimmich war bei den vergangenen 22 Länderspielen jeweils über die komplette Distanz im Einsatz. Damit überholte er in dieser Statistik jetzt sogar Franz Beckenbauer.

Foto: dpa/Christian Charisius

Joshua Kimmich ist die ganze Sache ein bisschen unangenehm. Dass sein Name inzwischen in einem Atemzug mit deutschen Fußball-Legenden wie Franz Beckenbauer und Berti Vogts fällt, macht den Nationalspieler verlegen. „Eine große Ehre“ sei das, sagt er, „viel wichtiger ist mir aber, dass Herr Löw mir das Vertrauen schenkt.“

Weil Bundestrainer Joachim Löw dies seit Kimmichs Debüt in der Nationalmannschaft konsequent tut, hat Kimmich „Kaiser“ Beckenbauer bereits abgehängt. Er hat jedes der vergangenen 22 Länderspiele über die volle Distanz bestritten, Beckenbauer kam 1973 bis 1975 auf 21 Spiele hintereinander. Nur Vogts hat längere Serien zu bieten, seit Wechsel 1967 erlaubt wurden: 1974 bis 1976 verpasste er 26 Mal hintereinander keine Minute, 1968 bis 1971 sogar 34 Mal.

Dass Kimmich bei Löw zum Dauerbrenner wurde, liegt zum einen an den herausragenden Anlagen des 22-Jährigen, der nur bei seinem Debüt am 29. Mai 2016 gegen die Slowakei (1:3) nicht durchspielte. „Joshua ist eines der allergrößten Talente, die ich in den letzten zehn Jahren gesehen habe. Er hat diesen Biss und diesen Hunger, in jedem Training an seine Leistungsgrenze zu gehen“, sagte Löw beim Confed Cup im vergangenen Sommer. Er traue dem Bayern-Profi „eine Riesenkarriere“ zu.

Allerdings hat der gelernte Mittelfeldspieler auf seiner Position rechts hinten seit dem Rücktritt von Weltmeister-Kapitän Philipp Lahm, den er in München und beim DFB beerbte, auch keine gleichwertige Konkurrenz. „Rechts ist nur Joshua Kimmich auf ganz hohem internationalen Niveau“, sagte Löw nach dem 3:1 am Donnerstag in Nordirland. Am Samstag nannte er Leipzigs Lukas Klostermann als Alternative, „der kann sehr gut werden, braucht aber noch ein bisschen Zeit“.

Die linke Außenbahn fällt gegenüber Kimmichs Seite ab. Mit dem Auersmacher Jonas Hector ist dort ein Spieler gesetzt, der bei seinem Klub in Köln zuletzt meist im defensiven Mittelfeld agierte. Als Alternative versucht Löw, den Berliner Marvin Plattenhardt aufzubauen, der in Vertretung des verletzten Hector in Belfast nicht restlos überzeugte. Auch Jeremy Toljan hat Löw auf dem Zettel, aber auch der Dortmunder „braucht noch“.

Löw wünscht sich, „dass wir die Außenpositionen in Zukunft mehrfach besetzen könnten“. Auf der rechten Seite war Sebastian Rudy lange eine Notlösung, doch der Clubkollege von Kimmich meldet seine Ansprüche beim DFB inzwischen im Mittelfeld an – und zwar mit Nachdruck wie in Nordirland. Umso wichtiger ist für Löw das Original: „Flankengott“ Kimmich, der neben seinen drei Länderspieltoren zehn Vorlagen vorweisen kann – allein acht in den jüngsten neun Spielen. Aber Kimmich weiß, dass Statistiken oft nur begrenzte Aussagekraft haben. „Drei davon waren gegen San Marino“, sagt er lächelnd.

Auch eine andere Statistik wollen die Deutschen verbessern. Beim Schaulaufen in Kaiserslautern gegen Aserbaidschan (bei Redaktionsschluss nicht beendet) sollte der zehnte Sieg im zehnten Qualifikationsspiel her. „Das war unsere Idee und unser Ziel, als die Quali losging“, sagte Löw. Zehn Siege in zehn Spielen hat bisher nur Spanien auf dem Weg zum WM-Triumph 2010 in Südafrika geschafft. Weltmeister Deutschland würde dank des besseren Torverhältnisses die Bestmarke der Iberer sogar toppen. Der Anreiz war damit auch bei den Spielern entsprechend groß.

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