Hochgefühl am Main

Frankfurt. Das Ritual ist Woche für Woche dasselbe. Irgendwann schiebt Armin Veh seine dunkelblaue Kappe in den Nacken, greift sich das Bündel gelber Leibchen, um sodann die erste Formation auszustatten. Die Einteilung seines Kaders in Stamm- und Ersatzspieler bleibt eben Chefsache, und die Prozedur wiederholt sich seit Monaten mit stets demselben Personal

 Bei Eintracht Frankfurt erlebt Armin Veh eine Euphorie, wie er sie 2006/07 schon beim VfB Stuttgart ausgelöst hat. Foto: Erichsen/dpa

Bei Eintracht Frankfurt erlebt Armin Veh eine Euphorie, wie er sie 2006/07 schon beim VfB Stuttgart ausgelöst hat. Foto: Erichsen/dpa

Frankfurt. Das Ritual ist Woche für Woche dasselbe. Irgendwann schiebt Armin Veh seine dunkelblaue Kappe in den Nacken, greift sich das Bündel gelber Leibchen, um sodann die erste Formation auszustatten. Die Einteilung seines Kaders in Stamm- und Ersatzspieler bleibt eben Chefsache, und die Prozedur wiederholt sich seit Monaten mit stets demselben Personal. Und doch hat sich die Szenerie auf dem Trainingsterrain im Frankfurter Stadtwald geändert, weil dabei gerade unzählige Fotoapparate klicken und Fernsehkameras surren, und umschwärmte Jungstars wie Sebastian Rode danach fast eine halbe Stunde lang Autogramme schreiben. "Wir müssen diese intensive Zeit genießen", sagt Armin Veh.Sein spitzbübisches Grinsen verrät: Dieser Mann hat gerade mächtig Spaß daran, der Liga eine lange Nase zu drehen. Dass das Umfeld ein bisschen abhebt, bekommt der listige Fußballlehrer natürlich mit. Torwartlegende Uli Stein stand diese Woche am Rande und fabulierte über die Begrifflichkeit des "Fußballs 3000" - eine Abwandlung an die in der Stein-Bein-Yeobah-Möller-Generation geprägte Belobigung des Fußballs 2000. Davor saß Trainerlegende Dragoslav Stepanovic im Fernsehstudio und schwadronierte davon, am 10. November doch bitte auch den FC Bayern "wegzuhauen". Dann hat das Unikum laut gelacht.

Das tut Veh auch, wenn er mit der nächsten Verrücktheit konfrontiert wird. Dass sein Mittelfeldmotor Rode, explizit kürzlich von Bundestrainer Joachim Löw geadelt, sich hartnäckig weigert, seinen Lehrlingsvertrag zu verlängern, weil offenbar Klubs wie Borussia Dortmund mit dem U 21-Nationalspieler ("Mein nächster Schritt will wohlüberlegt sein") schon recht weit sind, wischt der Trainer beiseite. "Es würde ihm gut tun, eine Zeitlang noch bei der Eintracht zu spielen." So wie Veh die Station Frankfurt gut tut. Im Sommer vergangenen Jahres heuerte er hier an, und wusste vielleicht gar nicht so genau, worauf er sich eingelassen hatte.

Doch dann haben sich Trainer und Mannschaft auf die Herausforderung 2. Liga eingelassen, sind aufgestiegen, und Veh hat sich gemeinsam mit seinem vertrauten Sportdirektor Bruno Hübner weitere "Juwelen" aus dieser Spielklasse herausgepickt, wie der 51-Jährige immer sagt. Die unberechenbaren Offensivkräfte Takashi Inui, Stefan Aigner, Olivier Occean oder der verlässliche Defensivrecke Carlos Zambrano sind bei der Zweitliga-Konkurrenz für wenig Geld eingesammelt worden. Und weil auch der saarländische Torwart Kevin Trapp und Linksverteidiger Bastian Oczipka binnen weniger Wochen ihren Marktwert vervielfachten, gilt die Methode Veh mit dem forschen Offensivfußball gerade als stilprägend - genau wie einst beim VfB Stuttgart, wo die Eintracht am Sonntag (15.30 Uhr) antritt.

Ins Schwabenland reist Veh nicht nur tief entspannt, sondern auch bestens gelaunt. "Das war eine tolle Zeit in Stuttgart, auch zwischenmenschlich. Ich freue mich, dass ich mal wieder zum VfB komme." Ein Wiedersehen, das diesmal von größerer innerer Zufriedenheit bestimmt wird als einst mit dem VfL Wolfsburg. Obwohl ihm die dortige Entlassung vor zweieinhalb Jahren dem Vernehmen nach so eine hohe Abfindung einbrachte, dass Veh heutzutage aus Prinzip nur noch Einjahresverträge abschließt. Und von sich sagt: "Wenn ich meine Vorstellungen nicht mehr umsetzen kann, muss ich auch nicht mehr weitermachen."

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