Entscheidung zwischen Glauben und Leistungsstärke

Berlin. Mit Beginn des Fastenmonats Ramadan dürfen Moslems laut Islam zwischen Tagesanbruch und Sonnenuntergang weder essen noch trinken - gleichzeitig verlangen Bundesliga-Clubs in der heißen Phase vor dem Saisonstart von ihren Spielern körperliche Topform. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland sucht deshalb nach Kompromissen für das jährlich wiederkehrende Problem

Berlin. Mit Beginn des Fastenmonats Ramadan dürfen Moslems laut Islam zwischen Tagesanbruch und Sonnenuntergang weder essen noch trinken - gleichzeitig verlangen Bundesliga-Clubs in der heißen Phase vor dem Saisonstart von ihren Spielern körperliche Topform.Der Zentralrat der Muslime in Deutschland sucht deshalb nach Kompromissen für das jährlich wiederkehrende Problem. "Eine strikte Einhaltung des Ramadans ohne Rücksicht auf die körperliche Tätigkeit in der Arbeit zu verlangen, ist eine Minderheitenposition, die der Islam so nach unserer Auffassung nicht deckt", sagt der Vorsitzende Aiman Mazyek. Für Fußballer bestünden Ausnahmen. Sie könnten die Fastentage in der spielfreien Zeit nachholen.

Seit Montag stecken muslimische Spieler wieder im Zwiespalt. Der Franzose Franck Ribéry von Bayern München fastet nur unter der Woche, nicht an Spieltagen. Prioritäten gesetzt hat der Deutsch-Türke Ömer Toprak (Foto: dpa) von Bayer Leverkusen: "Früher habe ich mich daran gehalten. Aber das ist nicht mehr mit Prinzipien des Leistungs-Fußballs vereinbar." Sein deutsch-marokkanischer Clubkollege Karim Bellarabi will die Fastenzeit später nachholen.

Klar ist: Das Abwägen zwischen religiösen Pflichten und Leistungsfähigkeit ist eine komplexe Sache. "Für viele Spieler und deren Familien ist es vor allem eine Gewissensfrage", sagt Mazyek. Darf der Sport mehr wert sein als das, woran ich glaube? Kann es andererseits eine Alternative sein, seinen Arbeitgeber im Stich zu lassen?

2010 hatte sich der Zentralrat der Muslime mit dem Problem beschäftigt und mit der Deutschen Fußball-Liga und dem Deutschen Fußball-Bund gesprochen. Zuvor hatte es bei Zweitligist FSV Frankfurt gekracht: Die Hessen hatten drei muslimische Spieler abgemahnt, weil sie ohne Erlaubnis des Clubs Essen und Getränke links liegen ließen. Aus dem Theater, das den Frankfurtern 2009 Schlagzeilen einbrachte, hat der Fußball gelernt. Keiner prescht mehr voran und geißelt seine Spieler, wenn sie fasten.

Der Deutsch-Türke Tunay Torun von Hertha BSC erzählt, er sei einmal fast ohnmächtig geworden beim Versuch, über Wochen zu fasten: "Da habe ich beschlossen, es nicht mehr zu tun. Umso größer ist mein Respekt vor den Spielern, die es wirklich durchziehen." Änis Ben-Hatira vom Hamburger SV sei so ein Beispiel. Der Deutsch-Tunesier hat sich vorgenommen, die Fastenzeit bis zum 29. August durchzuziehen. dpa

"Früher habe ich mich daran gehalten."

Ömer Toprak von Bayer Leverkusen

zur Fastenzeit

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort