Endspielzeit für Jürgen Klinsmann

Barcelona. Karl-Heinz Rummenigge schwankte zwischen Wut und Trauer, Franz Beckenbauer schimpfte über die größte Bayern-Katastrophe - und für Jürgen Klinsmann beginnt die Endspielzeit. Nach der deftigen Europapokal-Pleite des FC Bayern München beim FC Barcelona droht das Projekt des nach dem 0:4 schwer gezeichneten Trainers nach nicht einmal zehn Monaten ein unrühmliches Ende zu nehmen

 Der Moment seiner "schwersten Niederlage als Trainer" (Originalton Jürgen Klinsmann): Der Bayern-Trainer verlässt mit gesenktem Haupt das Stadion in Barcelona. Foto: dpa

Der Moment seiner "schwersten Niederlage als Trainer" (Originalton Jürgen Klinsmann): Der Bayern-Trainer verlässt mit gesenktem Haupt das Stadion in Barcelona. Foto: dpa

Barcelona. Karl-Heinz Rummenigge schwankte zwischen Wut und Trauer, Franz Beckenbauer schimpfte über die größte Bayern-Katastrophe - und für Jürgen Klinsmann beginnt die Endspielzeit. Nach der deftigen Europapokal-Pleite des FC Bayern München beim FC Barcelona droht das Projekt des nach dem 0:4 schwer gezeichneten Trainers nach nicht einmal zehn Monaten ein unrühmliches Ende zu nehmen.

"Wir sind ein stolzer Club. Dieser Stolz ist heute Abend zum Teil - speziell in der ersten Halbzeit - mit Füßen getreten worden", sagte ein schwer atmender Vorstands-Chef Rummenigge im Hotel Rey Juan Carlos bei seiner nächtlichen Bankett-Ansprache. Nach dem im Viertelfinal-Hinspiel praktisch besiegelten K.o. in der Königsklasse steht Klinsmann in der Pflicht, deutscher Meister zu werden. "24 Punkte sind zu vergeben. Daran wird der Trainer gemessen und jeder einzelne Spieler", betonte Klinsmann, der in "keinster Weise" ans Aufgeben denkt und glaubt, die Mannschaft noch zu erreichen. Am Ostersamstag zu Hause gegen Frankfurt, betonte Rummenigge, werde Klinsmann auf der Bank sitzen. Spätestens aber, wenn für den Tabellenvierten das Minimalziel Platz zwei und damit wie vor zwei Jahren die direkte Qualifikation für die Champions League gefährdet ist, bleibt den Bayern-Bossen wohl keine andere Wahl, als die hoch ambitionierte Zusammenarbeit vorzeitig zu beenden.

Nach der "Nacht der Schande" ist für diese Saison nur noch Schadensbegrenzung angesagt. "Wir müssen retten, was zu retten ist", forderte Rummenigge: "Ich weiß nicht, was ich mehr bin - schockiert, traurig oder wütend über das, was wir gesehen haben." Derartig gedemütigt wie am Mittwochabend wurde der glorreiche FC Bayern wohl noch nie in seiner mehr als 46 Jahre langen Europapokal-Historie. "Eine Katastrophe. Die erste Halbzeit war das Fürchterlichste, was ich je vom FC Bayern gesehen habe", sagte Beckenbauer.

Die ersten 45 Minuten glichen einer sportlichen Hinrichtung. "Wir hatten Glück, dass Barcelona in der zweiten Halbzeit nicht mehr wollte. Das hat uns vor einem zweistelligen Ergebnis bewahrt", sagte Torhüter Michael Rensing, der von Klinsmann völlig überraschend zu Gunsten von Jörg Butt auf die Bank gesetzt worden war.

Gegen Eintracht Frankfurt an diesem Samstag, 15.30 Uhr, muss nun unbedingt ein Sieg her - das weiß Klinsmann. "Wir müssen versuchen zu gewinnen - für den Trainer und die ganze Mannschaft", sagte Stürmer Luca Toni. Weiter verletzt zuschauen muss Philipp Lahm wegen seiner Wadenverletzung. Abwehr-Chef Lucio kehrt dagegen zurück.

Klinsmann ist angeschlagen

Von SZ-Redakteur

Mark Weishaupt

Ob Jürgen Klinsmann der richtige Trainer für den FC Bayern München ist, darüber wird schon seit seiner Verpflichtung heftig gestritten. Denjenigen, die sich spätestens nach den desaströsen Auftritten gegen Wolfsburg und Barcelona in Klinsmanns Inkompetenz bestätigt sehen, sei aber gesagt: Auf dem Platz standen allesamt Spieler, die nicht Klinsmann, sondern seine Vorgänger oder das Management um Uli Hoeneß verpflichtet haben. Wenn Kicker wie Breno oder Lell überfordert wirkten, dann ist das kaum dem ehemaligen Bundestrainer anzulasten.

Fakt ist aber auch: Wer zur Halbzeit 0:4 in Barcelona zurückliegt, der sollte im zweiten Durchgang zumindest versuchen, noch ein Tor zu erzielen. Statt Lukas Podolski oder Tim Borowski aber einen defensiven Mann wie Andreas Ottl zu bringen, zeugt von Angst. Mit Angst lässt sich nichts gewinnen - weder in der Champions League noch in der Meisterschaft. Und ein ängstlicher Trainer, der ist angeschlagen. Deswegen wird Jürgen Klinsmann bei FC Bayern keine große Zukunft haben.

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