Die Hoffnung heißt Neymar

Rio de Janeiro · Mit dem größten Aufgebot der Geschichte will Brasilien bei Olympia daheim erstmals unter die ersten Zehn im Medaillenspiegel. Es gibt einige Hoffnungsträger. Aber zwei große Stars müssen zuschauen.

 Er verkörpert alle Attribute, die der Gastgeber auf der olympischen Bühne zeigen will: Siegeswille, Spielfreude und Weltklasse. Neymar soll die Fußballer zur Goldmedaille führen. Foto: sayao/dpa

Er verkörpert alle Attribute, die der Gastgeber auf der olympischen Bühne zeigen will: Siegeswille, Spielfreude und Weltklasse. Neymar soll die Fußballer zur Goldmedaille führen. Foto: sayao/dpa

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Von den 465 Athleten im Gastgeber-Team ist er das Olympia-Gesicht schlechthin. Wie schon bei der Fußball-WM vor zwei Jahren lasten die Erwartungen eines ganzen Landes auf ihm: Neymar. Unter seiner Regie soll die Schmach des 1:7 gegen Deutschland 2014 vergessen gemacht werden und Brasilien zum ersten Mal olympisches Fußball-Gold gewinnen. Zwar schickt Brasilien das größte Team seiner Geschichte ins Medaillenrennen - aber allzu zahlreich sind die Goldhoffnungen für die Heim-Spiele in Rio de Janeiro nicht.

Neymar gibt sich vor dem heutigen Auftaktspiel der Fußballer gegen Südafrika (21 Uhr) betont locker, verbreitet bei Twitter ein Video, in dem er ein Ei mit dem Fuß über die Schulter in eine Pfanne bugsiert, um sich ein Omelett zu braten. "Ich habe bereits eine Silbermedaille, jetzt denke ich nur noch an Gold ", sagt der Kapitän.

Keine Angst zu verlieren

Für dieses Ziel hat Brasilien alles in Bewegung gesetzt. Auch Neymars Clubkollege Rafinha steht im Aufgebot, dazu der ehemalige Bundesligaprofi Renato Augusto (Beijing Guoan), der von europäischen Topclubs umworbene Gabriel Jesus (Palmeiras) und Abwehrtalent Marquinhos von Paris Saint-Germain. Die Hoffnungen der Fans ruhen dennoch fast ausschließlich auf Neymar, und dem Superstar ist das nur recht: "Wer Angst hat zu verlieren, verliert die Lust zu spielen. Und ich bin ein Typ, der überhaupt nicht gerne verliert."

Das hört man in Brasilien gerne. Zumal es ein offizielles Regierungsziel gibt, den "Plano Brasil Medalhas", den brasilianischen Medaillen-Plan. Der war 2012 von der Präsidentin Dilma Rousseff ins Leben gerufen worden - flankiert mit Finanzzusagen von 280 Millionen Euro für die Entwicklung des Spitzensports. Das Ziel: erstmals unter die ersten Zehn im Medaillenspiegel zu kommen. In London 2012 landete Brasilien mit drei Gold-, fünf Silber- und neun Bronzemedaillen auf Platz 22. Im ewigen Ranking liegt das fünftgrößte Land der Welt auf Platz 33 - überraschenderweise gewann man die meisten Goldmedaillen im Segeln (6).

"Das Team Brasilien hat die beste Vorbereitung seiner Geschichte und einen absoluten Rekord bei der Zahl der Mitglieder", betont der Chef der Mission, Bernard Rajzman. Rund ein Drittel des Teams (145) sind Militärsportler. Man setzt darauf, dass die bisher mäßige Lust auf die Spiele durch Erfolge zunimmt. Bei den Testwettbewerben der vergangenen Monate zeigten die Brasilianer ihre Begeisterungsfähigkeit - vor allem wenn einheimische Athleten überraschten. Aber viele der olympischen Sportarten sind völlig unbekannt. Am größten ist das Interesse neben Fußball an Volleyball. Bei den Männern gewann das Land schon drei Mal den WM-Titel, die Frauen gewannen in London 2012 Gold . Und beim Beach-Volleyball am Strand an der Copacabana rechnet man sich auch viel aus, die Stimmung wird hier enthusiastisch sein in dem 12 000-Zuschauer-Stadion mit Blick auf Zuckerhut und Atlantik.

Eine Goldhoffnung ist der beste Turner und Olympiasieger von London: Arthur Zanetti soll erneut Gold an den Ringen holen. Und im Judo will Sarah Menezes ihren Olympiasieg von London wiederholen. Auch die Judo-Weltmeisterin Mayra Aguiar ist Gold-Aspirantin. In der Leichtathletik gilt Südamerikas Rekordhalterin im Stabhochsprung (4,85 Meter), Fabiana Murer, als Medaillenhoffnung. Sie war 2011 Weltmeisterin, 2015 Zweite.

Die Moderne Fünfkämpferin Yane Marques, die in London Bronze holte, wird auch hoch gehandelt - sie wird zudem die brasilianische Fahne bei der Eröffnungsfeier tragen. "Ich möchte in diesem Moment die Repräsentantin aller Brasilianer sein", sagt sie.

Für einen Superstar in Brasilien endete der Gold-Traum tragisch. César Cielo muss das Heimspiel als Zuschauer verfolgen. In der nationalen Qualifikation kam der Olympiasieger von Peking über 50 Meter Freistil überraschend nur auf Platz drei. Der Weltrekordhalter über die Distanz (20,91 Sekunden) weinte nach der herben Niederlage. Sein Gold ist der einzige brasilianische Olympiasieg im Schwimmen.

Zukunftspläne für Olympiapark

Möglichst viele Medaillen der Heimmannschaft sind immer ein Garant für gute Stimmung, es sollen Spiele der Emotionen werden, um all die Negativschlagzeilen im Vorfeld vergessen zu machen. Aber egal wie es ausgeht - ein "Erbe" von Rio 2016 soll sein, dass endlich im Land professionellere Bedingungen für den Spitzensport geschaffen werden.

 Schwimm-Star César Cielo hat die Olympia-Teilnahme im eigenen Land verpasst. Foto: dpa

Schwimm-Star César Cielo hat die Olympia-Teilnahme im eigenen Land verpasst. Foto: dpa

Foto: dpa

Der Olympiapark in Barra mit den meisten Sportstätten soll daher nach Olympia zu einem riesigen Leistungssportzentrum werden, der zentrale Olympia-Stützpunkt des Landes mit Schulen und Trainingszentren in rund 20 Olympiadisziplinen für den Nachwuchs. Damit Brasilien in Zukunft ein größeres Wort bei den Medaillenvergaben mitsprechen kann und nicht nur auf einen einzigen Sportler setzen muss, in diesem Fall Fußballer Neymar.

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