DFB-Bundestag DFB erwartet grünes Licht für „Leuchtturm“

Frankfurt · Der Außerordentliche Bundestag des Verbandes entscheidet heute über den 150 Millionen Euro teuren Bau der neuen Akademie.

 Bundestrainer Joachim Löw (Mitte) und Team-Manager Oliver Bierhoff (rechts) zeigen Nationalspieler Jonas Hector das Modell der DFB-Akademie, die in Frankfurt auf dem Gelände der ehemaligen Galopprennbahn gebaut werden soll. Der derzeit verletzte Saarländer Hector soll von dem Projekt noch profitieren können.

Bundestrainer Joachim Löw (Mitte) und Team-Manager Oliver Bierhoff (rechts) zeigen Nationalspieler Jonas Hector das Modell der DFB-Akademie, die in Frankfurt auf dem Gelände der ehemaligen Galopprennbahn gebaut werden soll. Der derzeit verletzte Saarländer Hector soll von dem Projekt noch profitieren können.

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

An manchen trüben Dezember-Tagen wirkt mitunter alles noch trister als ohnehin. Der Haupt­eingang zu den früheren Wettschaltern ist mit Graffitis beschmiert, die Scheiben zum Wiegeraum sind zerborsten, die Ställe rundherum stehen leer: Die Galopp-Rennbahn im Frankfurter Stadtteil Niederrad bietet ein Bild des Jammers. Das Gelände verödet, und wenn nicht einmal Golfer sich über das Grün schlagen, ist es auch menschenleer. Eigentlich hätte das Areal bereits seit dem 1. Januar 2016 von der Stadt Frankfurt in einer auf 99 Jahre angelegten Erb­pacht an den Deutschen Fußball-Bund (DFB) übertragen werden und die Bagger rollen sollen. Aber fast zwei Jahre später ist immer noch nichts passiert.

Jüngst wurde immerhin das Logo für die neue DFB-Akademie gezeigt, und auch Bundestrainer Joachim Löw hat sich das schöne Modell schon angeschaut. Aber wann wird es verwirklicht? Inzwischen sind die Baukosten aus verschiedensten Gründen derart rasant davon galoppiert, dass es eigens einen Außerordentlichen DFB-Bundestag braucht, um das „Leuchtturmprojekt“ des Verbandes von den 263 Delegierten zu legitimieren.

Aus dem ursprünglichen Finanzbedarf von 89 Millionen Euro waren im Spätsommer 2015 bereits 109 Millionen geworden – aktuell wird mit 123 Millionen für die Umgestaltung der immerhin 15 Hek­tar Fläche kalkuliert. Und weil vorsichtshalber noch ein Puffer von 27 Millionen Euro eingebaut ist, wird heute im Frankfurter Congress Center über eine historische 150-Millionen-Investition abgestimmt. Ein stolzer Preis für das neue Zuhause des größten Sportfachverbandes der Welt, der dafür aber nicht seine Rücklagen (162 Millionen Euro) aufbraucht, sondern die Hälfte finanzieren will.

DFB-Präsident Reinhard Grindel („Wir können uns das nur leisten, weil wir überragende Sponsorenverträge abgeschlossen haben“) und Generalsekretär Friedrich Curtius haben in fünf Regionalkonferenzen erklärt, warum nicht nur der Spitzenfußball mit seiner Lokomotive A-Nationalmannschaft profitiert, sondern auch die Basis – und nebenbei der gesamte Verbandsapparat eine größere Heimat als an der Otto-Fleck-Schneise im Stadtwald benötigt. „Alles unter einem Dach – dieses Symbol finde ich total wichtig“, betont Grindel, und das Dach ist gewaltig groß. Allein der Gebäude-Komplex soll 307 Meter lang und 149 Meter (ohne Parkhaus) breit werden. In stundenlangen Gesprächen mit der Basis hat er „viele Fragen, aber keine Ablehnung“ erlebt. „Mehr als zehn Gegenstimmen“ würden ihn überraschen, sagt auch Curtius.

Sollte es mit dem Umzug 2020/2021 klappen, könnten die alten Räumlichkeiten an andere Sportverbände gehen – und vielleicht das Organisationskomitee einer EM 2024 in Deutschland dort beheimatet werden. Zukunftsmusik. Die Gegenwart wird wegen der nicht ausgestandenen Rechtsstreitereien von Ungewissheit geprägt. Anders als die Fußball-Basis geben sich die Turf-Liebhaber nämlich unversöhnlich. Vor allem der Vizepräsident des Rennclubs, Carl-Philipp zu Solms Wildenfels, scheint sich fast einen Spaß daraus zu machen, Sportverband und Stadt vor sich herzutreiben.

Nicht mal als sein Bürgerbegehren scheiterte – und damit ein zweifelsfrei demokratischer Entscheidungsprozess ausgeführt worden war –, gab der streitbare Graf klein bei. Einwände und Einsprüche, Klagen und Verzögerung: Dieses Spiel läuft in Endlosschleife. Ein Entscheid des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe für die Zwangsräumung könnte nun allerdings wegweisend gewesen sein. Im April 2018 ist noch eine mündliche Verhandlung angesetzt. Der DFB zeigt sich vorsichtig optimistisch, dass zum Abflug der deutschen Mannschaft zur Weltmeisterschaft nach Russland ein symbolischer Akt wie der erste Spatenstich erfolgt – dann hätte sich die Geduld gelohnt. Ein Umzug ins Umland der Mainmetropole war nie wirklich eine Alternative.

Speziell für den ab 1. Januar 2018 zum neuen Direktor Nationalmannschaft und Fußballentwicklung beförderten Bierhoff ist die maßgeblich mit seinen Ideen gespeiste Akademie, die drei Fußballplätze und eine Mehrzweckhalle beinhaltet, eine Lebensaufgabe geworden. Ihm kam nach eigenem Bekunden bereits 2009 der Einfall, eine Art fußballerische Denkfabrik zu errichten, aus der gebündelt weltweite Trends im Spitzenfußball entwickelt und vermittelt, gesetzt und gelenkt werden.

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