Winter-Paralympics 19 Medaillen und strahlende Gesichter

Pyeongchang · Die deutsche Mannschaft überzeugt bei den Winter-Paralympics in Südkorea – vier Frauen holen dabei insgesamt 15 Medaillen.

 Friedhelm Julius Beucher (links), der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes gratuliert der erfolgreichsten deutschen Athletin bei den Winter-Paralympics, Andrea Eskau.

Friedhelm Julius Beucher (links), der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes gratuliert der erfolgreichsten deutschen Athletin bei den Winter-Paralympics, Andrea Eskau.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Die glänzende Bilanz des deutschen Teams bei den politisch aufgeladenen Winter-Paralympics brachte Friedhelm Julius Beucher glatt ins Schwärmen. „Ein wunderbares Ergebnis. Ich finde keine Steigerungsform mehr, wenn ich die Leistungen der Athleten bewerten soll. Unsere Athleten sind beste Repräsentanten“, sagte der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes völlig euphorisiert zur Ausbeute von 19 Medaillen in Pyeongchang. Sieben Mal Gold, acht Mal Silber und vier Mal Bronze bringt die deutsche Delegation, die heute Abend am Frankfurter Flughafen empfangen wird, mit zurück in die Heimat.

Fahnenträgerin Andrea Eskau räumte gleich sechs Mal Edelmetall ab und war damit die erfolgreichste Deutsche in Südkorea. Anna Schaffelhuber, die zwei Mal Gold und einmal Silber holte, durfte sich indes über nordkoreanische Gratulationen freuen. „Sie haben gesagt, dass sie sich wünschen, dass Nord- und Südkorea irgendwann wieder zusammen sind“, schilderte die 25-Jährige ihr Gespräch mit der nordkoreanischen Abordnung. „Da habe ich gesagt: Das wäre perfekt, denn das wünscht sich die ganze Welt.“ Beucher sagte: „Sport hat eine verbindende Wirkung erzeugt. Das macht froh.“ Politisch hatten die nordkoreanischen Auftritte Strahlkraft, sportlich spielte das Land erwartungsgemäß keine Rolle: Die beiden Langläufer Ma Yu Chol und Kim Jong Hyon landeten in ihren Rennen am Ende des Feldes.

Im Gegensatz zu Andrea Eskau. Die 46-Jährige holte zwei Mal Gold im Biathlon sowie drei Mal Silber und eine Bronzemedaille in der Langlauf-Lopie. „Wenn’s läuft, dann läuft’s“, stellte sie treffend fest – und dachte schon an die nächsten Ziele. In zwei Jahren will die querschnittsgelähmte Sportlerin bei den Sommer-Paralympics in Tokio mit dem Handbike für Furore sorgen.

Eskau und Schaffelhuber holten zusammen mit Andrea Rothfuss (28) und Anna-Lena Forster (22), die zum Abschluss der Winterspiele Gold im Slalom gewann, insgesamt 15 der 18 deutschen Einzel-Medaillen. Aber auch andere deutsche Sportler schrieben ihre speziellen Geschichten. Staffel-Bronzegewinner Alexander Ehler zum Beispiel, der einst die Olympischen Winterspiele 1992 in Albertville fest vor Augen hatte, dann mit dem Motorrad schwer stürzte und sich nun mit 48 Jahren seinen olympischen Traum bei den Paralympics erfüllte. Oder die sehbehinderte Clara Klug und ihr Guide Martin Härtl, die bei ihrer Paralympics-Premiere starkes Teamwork demonstrierten und zwei Mal Bronze gewannen. Klug durfte die deutsche Delegation bei der Schlussfeier gestern als Fahnenträgerin anführen.

Martin Fleig beendete am drittletzten Tag sogar den „Männer-Fluch“. Der 28 Jahre alte Freiburger bescherte den deutschen Männern die erste Medaille bei Winter-Paralympics seit 2918 Tagen – im Biathlonrennen der sitzenden Kategorie über 15 Kilometer holte er gleich Gold. „Der Männer-Fluch ist jetzt gebannt“, sagte Deutschlands Chef de Mission Karl Quade.

Deutschland holte vier Medaillen mehr als 2014 in Sotschi, wo es neun Mal Gold, fünf Mal Silber und einmal Bronze gab. Im Medaillenspiegel belegte der DBS Rang fünf. Insgesamt durften sich 26 Verbände mit Edelmetall schmücken. In Sotschi waren es 19 gewesen. Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) vermeldete in Pyeongchang nie da gewesene Zahlen an teilnehmenden Nationen (49), Athleten (567), Doping-Tests (600) und Medienvertretern (800). Mehr als 331 000 Tickets wurden verkauft. Damit wurde die Bestmarke von 316 200 Eintrittskarten in Sotschi überboten. Allerdings blieben einige Tickets ungenutzt und Tribünenplätze leer. Auffällig war auch das Wetter: Von strengen Minusgraden und Schneefall, über Regen, bis zu 19 Grad plus und Sonnenschein war alles dabei.

 Anna Schaffelhuber.

Anna Schaffelhuber.

Foto: dpa/Jan Woitas
 Anna-Lena Forster.

Anna-Lena Forster.

Foto: dpa/Jan Woitas
 Andrea Rothfuss.

Andrea Rothfuss.

Foto: dpa/Jan Woitas

Für Unmut sorgte im deutschen Team die kurzfristige Starterlaubnis für die russische Biathletin und Langläuferin Michalina Lisowa. Der DBS hatte die Freigabe für die 25-Jährige öffentlich als unverständlich bezeichnet, „weil ihr Name im McLaren-Report auftaucht“. Andrew Parsons, der Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees, hatte entgegnet, der McLaren-Report zu Dopingmanipulationen in Russland nenne keine Namen von Para-Athleten. Lisowa siegte zwei Mal und holte insgesamt sechs Medaillen. Parsons bezeichnete die Entscheidung, 30 ausgewählte russische Sportler als „Neutrale Paralympische Athleten“ antreten zu lassen, als richtig. „Ich habe mich viel unter Athleten umgehört, es gab keine Beschwerden“, sagte der 41-Jährige.

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