Schwimm-WM in Südkorea Die ersten Olympia-Fahrkarten sind gelöst

Yeosu · Freiwasser-Schwimmerinnen Finnia Wunram und Leonie Beck qualifizieren sich bei der WM in Südkorea für Tokio 2020.

Leonie Beck blickte noch nervös auf die Anzeigetafel, als ein paar Meter weiter Finnia Wunram schon überglücklich Deutschlands Vorzeigeschwimmer Florian Wellbrock um den Hals fiel. Beim WM-Herzschlagfinale um die Olympia-Tickets waren nach zwei kraftraubenden Stunden im Ocean Park in Yeosu auch gute Nerven gefragt. Erst nach langem Warten jubelte auch Vizeeuropameisterin Beck: Beide Freiwasserschwimmerinnen hatten über zehn Kilometer ihre Flüge nach Tokio 2020 gebucht.

„Es war Wahnsinn. Wir haben 20 Minuten gebibbert“, sagte Bundestrainer Stefan Lurz, „du konntest es nicht mit dem bloßen Auge erkennen.“ Nach Auswertung der Zielfotos stand fest: Als Achte und Neunte hatten Wunram und Beck ihre Mission erfüllt. Erstmals gehen im olympischen Freiwasserrennen im nächsten Jahr zwei deutsche Frauen an den Start.

Jetzt sind die Männer gefragt: 1500-Meter-Europameister Well­brock, die neue Medaillenhoffnung der deutschen Schwimmer im Becken und draußen, und der ehemalige Teamweltmeister Rob Muffels kämpfen am Dienstag (1 Uhr MESZ) um ihre Startplätze für Olympia. „Ihre Chancen sind sehr, sehr gut“, meinte Beck, „ich glaube, dass auch eine Medaille rauskommen könnte.“

Edelmetall hatten die Frauen beim Überraschungssieg der Chinesin Xin Xin nicht im Blick, für sie ging es einzig um ihren olympischen Traum. „Man hat das ganze Rennen dafür gekämpft. Wenn es dann nicht gereicht hätte, wäre es echt scheiße“, sagte Beck, die bei der EM 2018 mit Silber über fünf Kilometer und in der Staffel ihren Durchbruch gefeiert hatte: „Die ganzen Jahre, die ich dafür gearbeitet habe, haben sich rentiert.“ Nur zwei Zehntelsekunden trennten die Würzburgerin vom elften Rang, der nicht mehr zur Olympia-Qualifikation reichte. Die französische Titelverteidigerin Aurelie Muller, die das Tempo des Rennens bestimmt hatte, landete auf diesem undankbaren Platz und legte Protest gegen die Wertung ein – der wurde anderthalb Stunden nach dem Rennen zurückgewiesen.

Beck, die am Mittwoch (1 Uhr MESZ) über fünf Kilometer zu den Medaillenkandidatinnen gehört, erlebt in Tokio ihre zweiten Olympischen Spiele. Rio 2016 hatte mit Tränen geendet, als sie über 800 Meter Freistil als 21. weit hinterherschwamm und ans Aufhören dachte. Jetzt bekommt die 22-Jährige eine neue Chance. Für Wunram dagegen ist Olympia Neuland. „Das ganze harte Training hat sich endlich ausgezahlt“, sagte die Magdeburgerin, die vor vier Jahren bereits WM-Bronze über fünf Kilometer gewann, „dafür liebe ich den Sport, dass man so belohnt wird.“

Wellbrock, der laut Lurz „in einer eigenen Liga schwimmt“, und Muffels sollen am Dienstag nachlegen und dem Deutschen Schwimm-Verband (DSV) einen historischen Erfolg bescheren: Noch keine Nation brachte bisher vier Athleten zu den olympischen Freiwasserwettbewerben. „Das wäre grandios“, sagte Teamchef Bernd Berkhahn.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort