Saarländische Kandidaten Saarländische Frauen-Power für Tokio

Saarbrücken · Turnerin Schäfer, Radprofi Klein, Fußballerin Marozsan – sie alle haben beste Aussichten für die Olympischen Spiele 2020.

 Dzsenifer Marozsan war beim letzten Lehrgang mit Horst Hrubesch dabei. Nach ihrer Lungenembolie kam sie aber noch nicht zum Einsatz.

Dzsenifer Marozsan war beim letzten Lehrgang mit Horst Hrubesch dabei. Nach ihrer Lungenembolie kam sie aber noch nicht zum Einsatz.

Foto: dpa/Friso Gentsch

In 20 Monaten beginnen die Olympischen Sommerspiele in Tokio. Auch die Topsportler aus dem Saarland haben ihren Planungen voll und ganz auf diesen Karriere-Höhepunkt ausgerichtet. Jeder will in Japan dabei sein. Die SZ-Sportredaktion gibt zur Halbzeit der Olympiade (Zeitraum zwischen zwei Olympischen Spielen) einen Überblick, wer aus dem Saarland auf Olympia-Kurs liegt und wo die Aussichten eher düster sind. Heute: Teil 2 mit Handball, Turnen, Radsport und Frauenfußball.

HANDBALL

Der einzige Saarländer, der sich mit vagen Olympia-Hoffnungen beschäftigen darf, ist Yves Kunkel. Der 24 Jahre alte Völklinger, der in der Bundesliga für die MT Melsungen auf die Platte geht, hat schon ein paar Länderspiele auf dem Buckel, war aber in letzter Zeit bei Bundestrainer Christian Prokop kein Thema mehr. In Melsungen versucht Kunkel, sich auf Linksaußen wieder mehr ins Blickfeld zu spielen – wohl wissend, dass er mit Uwe Gensheimer (Paris St. Germain) den wohl weltbesten Linksaußen als Konkurrenten hat. Der Titelträger der WM 2019, die in Deutschland und Dänemark ausgespielt wird, hat sein Tokio-Ticket sicher, der Europameister 2020 in Österreich, Schweden und Norwegen ebenfalls. Zehn weitere Plätze werden in drei Qualifikationsturnieren im Frühjahr 2020 ausgespielt – Zeit genug also für Kunkel, sich wieder für die Nationalmannschaft zu empfehlen.

TURNEN

Seit zehn Jahren hat es kein saarländischer Turner mehr zu den Olympischen Spielen geschafft. Eugen Spiridonov, der Altmeister im Trikot der TG Saar, wurde 2008 in Peking mit der deutschen Männerriege starker Vierter. In die Fußstapfen von „Mister Zuverlässig“ konnten die lange hoch gehandelten Waldemar Eichorn und Ivan Bykov aber nicht treten. Und so dürfte die Wahrscheinlichkeit, dass 2020 ein Sportler vom Olympiastützpunkt in Saarbrücken in Tokio an den Start geht, gering sein. Die besten Karten hat noch Felix Remuta. Der 20-jährige Bayer gilt als großes Talent, wurde in diesem Jahr deutscher Meister am Sprung und gehört zu den Stützen des Turn-Bundesligisten TG Saar. Remuta könnte sich bei optimalem Verlauf einen Platz in der Mannschaft erkämpfen.

So geht der saarländische Blick zu den Frauen – und da sieht die (Turn-)Welt deutlich besser aus. Schließlich gibt es die Schäfer-Schwestern. Die große, Pauline, schrieb 2017 deutsche Turn-Geschichte und wurde bei der WM im kanadischen Montréal sensationell Weltmeisterin auf dem Schwebebalken. Die Saison 2018 geriet allerdings zum Vergessen für die in Dudweiler geborene 21-Jährige, die früher für den TV Pflugscheid-Hixberg aus Riegelsberg startete und seit 2012 am Bundesstützpunkt in Chemnitz lebt und trainiert. Bei der EM in Glasgow leistete sich die dreimalige Saarsportlerin des Jahres einen Abstieg von ihrem Lieblingsgerät und verpasste die sichere Medaille, es kam zum ersten Knatsch mit ihrer langjährigen Heimtrainerin Gabi Frehse, die Trennung folgte sechs Wochen später. Ihre WM-Teilnahme musste Schäfer dann wegen einer Verletzung am Fußgelenk auch noch absagen – die Titelverteidigung war passé. Nun muss Schäfer wieder gesund und fit werden, um nächste Saison wieder angreifen zu können.

Gleiches gilt für die kleine Schwester Helene. Die 17-Jährige gilt als extrem talentiert, musste sich aber im Februar einer Operation unterziehen, um eine Fehlstellung der Hüfte korrigieren zu lassen. Immerhin verlief die Operation gut, und Helene hat den Weg in die Turnhalle zum Training längst wieder gefunden.

RADSPORT

Egal, ob auf dem Bahnrad-Oval oder auf der Straße – Lisa Klein aus Völklingen-Lauterbach hat in den letzten 18 Monaten mehrfach bewiesen, dass sie sowohl national als auch international ein ordentliches Wort mitsprechen kann. Mit gerade einmal 22 Jahren setzt Klein regelmäßig Duftmarken bei großen Rennen und Wettbewerben. Nach zahlreichen Erfolgen und Medaillen im Juniorinnen-Bereich ist der Übergang zu den Aktiven in diesem Jahr endgültig geglückt. Seit dieser Saison fährt Klein auf der Straße für das renommierte Canyon-SRAM-Team, landete in deren Trikot auf Platz zwei bei der Be-Ne-Ladies-Tour, einer viertägigen Rundfahrt über 361 Kilometer, nur geschlagen von der Niederländerin Marianne Vos, ihres Zeichens zwölffache Weltmeisterin und zweifache Olympiasiegerin.

Höhepunkt war dann der Weltmeistertitel im Mannschaftszeitfahren für Klein und ihr Team bei der WM in Innsbruck Ende September. Ihre gute Form von der Straße nahm Klein dann auch mit auf die Bahn, verbesserte mit dem deutschen Frauen-Vierer in den letzten Wochen gleich mehrfach den deutschen Rekord in der Mannschaftsverfolgung über 4000 Meter bei diversen Weltcuprennen. So scheint die Frage nicht zu sein, ob die vielseitige Klein bei Olympia 2020 mit von der Partie ist, sondern in welcher Disziplin und auf welchem Untergrund. Ihr ist der Weg an die Spitze durchaus zuzutrauen.

FRAUENFUSSBALL

Eine saarländische Domäne. Aus der einst goldenen Saarbrücker Generation ist nach den Karriere-Enden von Ex-Weltfußballerin Nadine Keßler und 2016-Olympiasiegerin Josephine Henning nur noch Dzse­nifer Marozsan übrig. Als Kapitänin der Nationalmannschaft ist die Spielmacherin von Champions-League-Sieger Olympique Lyon gesetzt. Zwar musste Marozsan zuletzt wegen einer Lungenembolie und deren Folgen pausieren, ihre Rolle bleibt davon aber unberührt.

Und die nächste Saarländerin hat es auch bereits in die Nationalmannschaft geschafft: Lena Lattwein aus Hüttigweiler. Die 18-Jährige bestritt gerade beim Abschied von Bundestrainer Horst Hrubesch ihre ersten beiden Länderspiele (5:2 gegen Italien, 0:0 gegen Spanien), auch unter Hrubeschs Nachfolgerin Martina Voss-Tecklenburg sollte die Mittelfeldspielerin des Bundesligisten 1899 Hoffenheim weitere Chancen bekommen, sich bis Olympia im DFB-Team festzuspielen. Und eine dritte Saarländerin sollte in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden: Kim Fellhauer vom SC Freiburg. Aktuell arbeitet die 20-Jährige in der Heimat an ihrer Rückkehr auf den Platz. Nach ihrem zweiten Kreuzbandriss gilt die oberste Priorität der Gesundheit. Aber jeder weiß: Ist und bleibt Fellhauer gesund, kann ihr Weg bis ganz nach oben führen.

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