Formel 1 Leclerc sägt schon an Vettels Sitz

Shanghai · Der Monegasse im Ferrari hat nach zwei Formel-1-Rennen die Nase vor dem Deutschen.

 Charles Leclerc zeigt derzeit Sebastian Vettel zumeist den Auspuff.

Charles Leclerc zeigt derzeit Sebastian Vettel zumeist den Auspuff.

Foto: dpa/Luca Bruno

Der Stoff ist reif für die große Leinwand – und Sebastian Vettel kennt ihn nur zu gut: Ein Jungspund kommt ins Team und setzt den Platzhirschen unter Druck, in der öffentlichen Wahrnehmung dreht sich der Wind rasant, der gefeierte Held von einst muss plötzlich härter denn je um seinen Status kämpfen. 2014 war es Daniel Ricciardo, der bei Red Bull den viermaligen Weltmeister Vettel entzauberte und in die "Flucht" zu dessen Traumziel Ferrari schlug. Bei der Scuderia nun ist Charles Leclerc nach zwei Rennen der noch jungen Saison klarer Punktsieger gegen Vettel, und ein gewisser Mick Schumacher wird von Italiens Presse nach einem einzigen Testtag schon als Nachfolger seines hochdekorierten Landsmanns in Position gebracht.

Man kann sich lebhaft vorstellen, wie die Schlagzeilen aussehen, wenn Vettel sich auch beim 1000. Rennen der Formel-1-Geschichte in Shanghai/China am Sonntag (8.10 Uhr MESZ/RTL und Sky) erfolglos an Leclerc abarbeitet. "Man hat einen zukünftigen Weltmeister gesehen", lobte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff den 21 Jahre alten Youngster nach dem geerbten Doppelsieg seiner Silberpfeile in Bahrain: "Charles hat eine tolle Persönlichkeit, er ist demütig und sehr schnell. Und er kann seine Gefühle in beide Richtungen kontrollieren."

Leclerc, der sich beim Saisonauftakt in Melbourne noch gefügt und den viertplatzierten Vettel auf Geheiß nicht attackiert hatte, ging in Bahrain ohne ausdrückliche Erlaubnis am Teamkollegen vorbei. Die Legitimation für den brisanten Vorgang erteilte er sich selbst. "Ich bin schneller, Jungs", funkte er an die Box und überholte Vettel. Im Vorjahr sah das noch anders aus, Altmeister Kimi Räikkönen (39) war für Vettel eher Vasall als Gegner. Auch in seinen Weltmeisterjahren bei Red Bull (2010 bis 2013) hatte der Heppenheimer dem Australier Mark Webber schnell das Etikett der Nummer zwei umgehängt. Dann aber kam ein furchtloser Ricciardo ins Team und sägte kräftig an Vettels Thron.

Wiederholt sich die Geschichte nun? Wenn Ferrari Vettel schon Ende 2019 nicht mehr wollen sollte, bliebe ihm wohl nur der Rückzug in den Ruhestand. Solange Lewis Hamilton für Mercedes fährt, ist ein Vettel-Engagement bei den Silberpfeilen jedenfalls unvorstellbar. Und jedes andere Team wäre eine Rückentwicklung.

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