Formel 1: Deutscher steht unter Druck Für Vettel wird es bei Ferrari höchste Zeit

Melbourne · Viel Druck: Der Deutsche ist bei der Scuderia schon vier Jahre ohne Titel. Schafft er wie Schumacher die Erlösung im fünften Anlauf?

(sid) Der Zauber des Anfangs ist verflogen. Sebastian Vettel und Ferrari, das ist längst eine Ehe mit Höhen und Tiefen, nach vier Jahren ohne Titel spürt der Deutsche die schwere Last des roten Rennanzugs. Doch vielleicht hilft gerade jetzt der Gedanke an das große Idol. Michael Schumacher wurde ebenfalls erst im fünften Jahr bei der Scuderia Weltmeister – und machte sich in der Folge als Seriensieger unsterblich.

Es wäre also weiterhin „das Ultimative, wenn ich mit Ferrari die WM gewinne“, sagt Vettel vor dem Start der neuen Saison am Sonntag (6.10 MEZ/RTL und Sky) im australischen Melbourne: „Es ist mein Ziel, mein Traum.“ Und es wird höchste Zeit für den 31-Jährigen. Denn einiges spricht dafür, dass das fünfte Jahr in Rot ein Alles-oder-Nichts-Jahr für Vettel ist.

Der viermalige Weltmeister muss liefern. Schon in der vergangenen Saison hatte Ferrari ein Auto, das in der Lage war, die Dominanz von Mercedes und Weltmeister Lewis Hamilton zu brechen. Dass es am Ende nicht klappte, lag an Fehlentwicklungen in Maranello – aber eben auch am Fahrer. Vettel zeigte in einer insgesamt guten Saison Schwächen, und er ist nicht mehr unumstritten in Italien.

Vettel sieht es sportlich, es gebe eben nur „einen Sieger“, sagte er der Sport Bild: „Der Zweite ist der erste Statist. Das ist nicht immer fair, aber Formel 1 ist kein Kindergeburtstag.“

Und weil die Formel 1 ein hartes Pflaster ist, muss Vettel sich nun auch teamintern einer ganz neuen Herausforderung stellen. Nach vier Jahren an der Seite seines Kumpels, seines oft treuen Gehilfen Kimi Räikkönen, hat nun Charles Leclerc das zweite Ferrari-Cockpit ergattert.

Der Monegasse ist eines der größten Talente des Sports, er gilt als künftiger Weltmeister, kommt zudem aus der Ferrari-Akademie und wäre damit für den Rennstall ein sehr vorzeigbarer Nummer-1-Fahrer. Schon bei den Testfahrten in Barcelona präsentierte sich der 21-Jährige auf Augenhöhe mit Vettel – Mattia Binotto gibt sich wenig überrascht. „Charles ist smart, er ist schnell“, sagt der neue Teamchef dem Corriere della Sera: „Wir werden sehr viel Freude an ihm haben.“

Leclerc wird durchaus als einer gesehen, der Vettel den Status als Speerspitze der Roten nehmen kann, zweifellos soll ihm die Zukunft gehören. Kurzfristig gibt es allerdings auch gute Nachrichten für Vettel. Zwar sollen beide Piloten „frei kämpfen“, sagt Binotto. Wenn sich die Scuderia mit Blick auf die Meisterschaft aber in gewissen Rennsituationen für einen Piloten entscheiden muss, dann wird das zumindest zu Beginn wohl Vettel sein.

„Sebastian hat mehr Erfahrung, er ist viele Jahre bei uns, hat WM-Titel gewonnen“, sagt Binotto, „also ist er unser Champion.“ Genau dieses klare Bekenntnis hatte vergangene Saison gefehlt, in mindestens zwei Situationen sträubte sich Binottos Vorgänger Maurizio Arrivabene, Räikkönen zugunsten Vettels und der WM-Chancen einzubremsen. Es war einer der vielen Gründe für die Niederlage am Ende der Saison.

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Foto: SZ/Steffen, Michael

Und überhaupt hat Vettel bei allem Druck ja einige Gründe, 2019 optimistisch anzugehen. Sein Team scheint das neue Aerodynamik-Reglement am besten umgesetzt zu haben, der SF90 beeindruckte bei den Tests vom ersten Tag an. „Unglaublich“ fand Vettel sein neues Auto, sprach von „Perfektion“ und dem „besten Auftakt, den ich je hatte“. Erst in der zweiten Testwoche schlichen sich Probleme mit der Zuverlässigkeit ein, nichts Gravierendes allerdings. Und echte Antworten wird es sowieso erst in Melbourne geben. „Noch hat sich niemand in die Karten schauen lassen“, sagt Vettel. Das fünfte Jahr soll kein verflixtes werden.

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