St. Wendeler Marienkrankenhaus „Wir bereiten uns auf das Unvorstellbare vor“

St. Wendel · Nach dem Ende des Aufnahmestopps ist das St. Wendeler Marienkrankenhaus wieder voll einsatzbereit. Doch die Corona-Pandemie wirbelt den Klinik-Alltag weiterhin kräftig durcheinander.

  Bei der Umzugsaktion wurden elf Patienten von der Klinik in Ottweiler ins St. Wendeler Marienkrankenhaus verlegt.

Bei der Umzugsaktion wurden elf Patienten von der Klinik in Ottweiler ins St. Wendeler Marienkrankenhaus verlegt.

Foto: B&K/Bonenberger/

Langsam kehrt wieder Ruhe im St. Wendeler Marienkrankenhaus ein. Die Aufregung, die der Aufnahmestopp ausgelöst hatte, legt sich. Die Quarantäne der positiv getesteten Mitarbeiter läuft nach und nach aus. Alle Stationen sind einsatzbereit und auch die Patienten kommen wieder. „Wir hatten am Freitag 19, am Samstag 17 und am Sonntag elf stationäre Zugänge“, berichtet Rainer Kropp, Kaufmännischer Direktor der St. Wendeler Klinik. Ein fast normaler Zustand – der so in den vergangenen zwei Wochen undenkbar war.

Denn kurz nachdem das Coronavirus in der Region Einzug gehalten hatte, traf es auch das Marienkrankenhaus. Am 15. März erkrankte zunächst eine Ärztin aus dem Bereich der Anästhesiemedizin. Danach breitete sich die neuartige Lungenkrankheit innerhalb des Personals aus. Insgesamt elf positiv getestete Mitarbeiter meldete ein Klinik-Sprecher. Die Verantwortlichen beschlossen daher am 20. März, keine neuen Patienten mehr aufzunehmen und nur noch Notfälle zu behandeln. Sieben Tage lang dauerte die Zwangspause, ehe das St. Wendeler Marienkrankenhaus am Freitag wieder ans Netz ging. Doch vom Alltag ist es noch immer weit entfernt. Die Pandemie wirbelt den Ablauf auch weiterhin kräftig durcheinander.

So stand bereits eine große Umzugsaktion an (wir berichteten). Da die Kliniken in Ottweiler und Losheim nun als Corona-Standorte dienen, mussten verschiedene Bereiche (Gefäßchirurgie, Unfallchirurgie, Konservative Orthopädie) nach St. Wendel verlagert werden. Geräte, Patienten, Mitarbeiter, Betten – quasi von heute auf morgen sind die Fachbereiche umgesiedelt worden. Doch Dr. Ernst Konrad, Medizinischer Einsatzleiter und Chefarzt der Anästhesie in der Marienhausklinik St. Josef Kohlhof, betont: „Das bedeutet nicht, dass ab sofort alle Covid-Patienten nur noch in Losheim und Ottweiler behandelt werden.“ Auch in St. Wendel würden sich Ärzte und Pflegekräfte darauf einstellen, Menschen mit der Infektionskrankheit aufzunehmen. „Es ist ganz klar geregelt, dass der Rettungsdienst eine Klinik anhand von Leitsymptomen anfährt“, erläutert Dr. Konrad. Das heißt: Wer beispielsweise einen Schlaganfall hat, wird – unabhängig davon, ob er mit dem Coronavirus infiziert ist oder nicht – nach St. Wendel gebracht. Denn hier gibt es eine zertifizierte Stroke-Unit. Patienten mit Verdacht auf einen Herzinfarkt hingegen kommen auch weiterhin nach Ottweiler, weil dort ein Herzkatheterlabor vorhanden ist. „Im Prinzip muss daher jedes Krankenhaus ein Covid-Krankenhaus sein“, ist Dr. Konrad überzeugt.

Aus diesem Grund hat sich auch die St. Wendeler Klinik darauf eingestellt, Corona-Inifzierte aufzunehmen. Wie vom Robert-Koch-Institut (RKI) vorgesehen, haben die Verantwortlichen verschiedene Bereiche eingeteilt. „Einen für Covid-Kranke, einen für Verdachtsfälle und einen für all die anderen Patienten“, zählt Dr. Konrad auf. Sowohl auf der Normal- als auch auf der Intensivstation seien diese Gruppen voneinander isoliert. Insgesamt stünden in St. Wendel sieben Beatmungsplätze zur Verfügung, um Corona-Patienten zu behandeln. Hinzu komme eine sogenannte Intermediate-Care-Einheit (Intensiv- 
überwachungspflege, IMC).

Zum Vergleich: Am Corona-Standort Ottweiler gebe es acht Beatmungsgeräte, fünf IMC-Plätze und 50 Betten für Patienten, deren Krankheitsverlauf eine Beatmung nicht erforderlich macht. In der Kohlhof-Klinik seien sechs Beatmungsgeräte und ebenfalls zusätzliche IMC-Betten vorhanden. „Im Saar-Ost-Verbund sind wir gut aufgestellt und gut vorbereitet“, ist sich Dr. Konrad sicher. Dennoch bekräftigt er: „Was uns fehlt, sind Geräte, Geräte und Schutzmaterialien.“

Dem ist sich auch der Kaufmännische Direktor bewusst. Zwar werde das Marienkrankenhaus derzeit noch täglich mit entsprechender Ausrüstung versorgt. Allerdings wisse niemand, wie sich die Pandemie entwickele. Von daher sei es laut Kropp nicht auszuschließen, dass es zu Engpässen kommen werde. „Wir müssen uns auf das Unvorstellbare vorbereiten“, warnt er. Daher suche man bereits nach einer Alternative zu den klassischen Beatmungsgeräten. „Wir werden auch überlegen, wie wir etwa mit Narkose-Geräten Beatmungsprozesse unterstützen können“, erläutert Kropp.

Da schon bald deutlich höhere Zahlen an Corona-Erkrankter zu erwarten sind, sorgt das Marienkrankenhaus auch in Sachen Personal vor. So arbeiten die Ärzte beispielsweise  in verschiedenen Teams, damit im Falle einer Infektion immer ein Ersatz-Team zur Verfügung stehe.

„Außerdem haben wir 40 bis 50 Mitarbeiter aus der Rente akquiriert, die zurzeit Schulungen besuchen“, sagt Kropp. Sollte das Gesundheitssystem an seine Belastungsgrenze stoßen, könnten sie die Klinik unterstützen. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass es auch in unserer Region zur Ausnahmesituation kommen wird“, begründet Kropp die Maßnahme.

Derzeit sei die Lage allerdings noch relativ entspannt. So haben die Ärzte im St. Wendeler Marienkrankenhaus bislang keine Corona-Patienten behandelt. In Ottweiler seien momentan zwei positiv Getestete untergebracht. „Dort mussten wir bereits einen Patienten beatmen. Sein Zustand hatte sich aber so schnell verschlechtert, dass er in die Universitäts-Klinik verlegt wurde“, berichtet Chefarzt Dr. Konrad. Das bedeutet: Es seien noch genug Kapazitäten frei. „Bislang können wir alle Patienten adäquat versorgen.“ Niemand brauche Angst zu haben. „Wer etwa mit einer Oberschenkelhalsfraktur eingeliefert wird, wird nach wie vor behandelt“, versichert Dr. Konrad.

 Rainer Kropp, Kaufmännischer Direktor für den Verbund Saar-Ost.

Rainer Kropp, Kaufmännischer Direktor für den Verbund Saar-Ost.

Foto: Astrid Oertel
Dr. Ernst Konrad, Medizinischer Einsatzleiter Saar-Ost.

Dr. Ernst Konrad, Medizinischer Einsatzleiter Saar-Ost.

Foto: Raphael Maass

Dass sich die Situation im St. Wendeler Marienkrankenhaus wenige Tage nach Ende des Aufnahmestopps wieder beruhigt hat, freut auch Landrat Udo Recktenwald (CDU). „Für uns ist es wichtig, dass das Haus voll funktionsfähig ist. Wir brauchen die Klinik für die Betroffenen der Epidemie, aber auch für all die anderen Patienten.“ Daher sei es die richtige Entscheidung gewesen, den Standort für ein paar Tage herunterzufahren, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen.

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