Unmut wächst gegen Sparzwang

Niederkirchen/Kusel · Die Pläne, pfälzische Dörfer dem saarländischen Ostertal-Dorf Niederkirchen zu unterstellen, sorgen bei Protestanten für Widerstand. Ihren Unmut äußerten sie während einer Tagung der evangelischen Kirche der Pfalz in Kusel.

 Die Kirche in Niederkirchen soll künftig auch Heimat für die Protestanten aus den Ostertalgemeinden Herchweiler und Selchenbach sein. Archivfoto: B&K

Die Kirche in Niederkirchen soll künftig auch Heimat für die Protestanten aus den Ostertalgemeinden Herchweiler und Selchenbach sein. Archivfoto: B&K

In Niederkirchen hat die Kuseler Bezirkssynode über Neuordnungspläne im Kirchenbezirk Kusel beraten. Betroffen davon ist auch die evangelische Kirchengemeinde Niederkirchen mit 2157 Mitgliedern in Niederkirchen, Bubach, Marth, Osterbrücken und Saal, die zur evangelischen Kirche der Pfalz gehört.

Bei der Tagung im Paul-Gerhardt-Haus ging es um Vor- und Nachteile der Strukturreform, mit der ab 2020 eine Pfarrstelle im Dekanat Kusel eingespart werden soll. Der Bezirkskirchenrat favorisiert ein Modell, nach dem die Kirchengemeinde im pfälzischen Konken aufgeteilt werden soll. Konken und Albessen sollen danach einem neuen Pfarramt Kusel 3 zugeordnet, die Ostertalgemeinden Herchweiler und Selchenbach mit derzeit 470 Mitgliedern der Kirchengemeinde Niederkirchen zugeschlagen werden.

Dagegen gibt es in der Kirchengemeinde Konken seit Wochen Widerstand: Unter anderem waren bei einer Gemeindeversammlung Mitte Februar 775 Unterschriften gesammelt worden, damit Herchweiler und Selchenbach mit Albessen und Konken zusammenbleiben. Das Presbyterium in Konken macht sich dafür stark, die komplette Kirchengemeinde mit Herchweiler, Selchenbach und Albessen Kusel zuzuordnen. "Wir wollen keine Spaltung unserer Kirchengemeinde", appellierte die Konker Pfarrerin Ulla Steinmann an die Bezirkssynode. "Es ist für uns nicht nachzuvollziehen, dass ein Pfarrer in Niederkirchen problemlos 2500 Gemeindemitglieder versorgen kann, aber ein Pfarrer in Kusel mit 2400 völlig überfordert wäre", argumentierte Steinmann dagegen.
Bürgermeister sind für Erhalt

Sie gab ferner zu bedenken, dass die Zahl der Kirchenmitglieder aufgrund des Bevölkerungsrückgangs bis zur möglichen Zusammenlegung in vier Jahren weiter schrumpfen werde. Auch Kommunalpolitiker, wie Konkens Ortsbürgemeister Fritz Emrich und der frühere Herchweiler Ortsbürgermeister Helmut Weyrich setzen sich für den Erhalt der Kirchengemeinde Konken ein.

In der Kontroverse über die Strukturpläne sei die "sachliche Debatte in den Hintergrund getreten", bedauerte der Vorsitzende der Synode, Niederkirchens Pfarrer Stefan Werner. Wenn es ums Sparen gehe, seien "Zerwürfnisse nicht zu verschweigen", sagte er. "Sehr befremdlich" fand Werner kritische Äußerungen von Kommunalpolitikern der betroffenen Dörfer: "Wir lassen uns von kommunaler Seite nicht sagen, was zu tun ist", sagte er und erntete Applaus.

"Wir entscheiden heute nichts, daher können alle ganz entspannt sein", warb der Kuseler Dekan Lars Stetzenbach, der die Strukturpläne den 46 Kirchenvertretern vorstellte. Die endgültige Entscheidung über die Neuordnung fällt die pfälzische Kirchenregierung in Speyer.

"Eine Pfarrstelle muss fallen", skizzierte Stetzenbach die Notwendigkeit der Strukturreform. Dieser Prozess gehe den Menschen näher als "irgendwelche Verbandsgemeindefusionen".Vermutungen, wonach in der Kirchengemeinde Niederkirchen durch die Hinzunahme der beiden pfälzischen Orte die Diakonenstelle erhalten bleibe, wies er zurück.

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HintergrundDer Kirchenstreit um Niederselchenbach: Nicht zum ersten Mal ist die Ostertal-Gemeinde Niederkirchen von einer kirchlichen Strukturveränderung betroffen. Bereits 1821 wurde der Ort Niederselchenbach mit damals zehn Familien aus der Pfarrei Konken ausgegliedert und Niederkirchen zugewiesen. Laut "Chronik des mittleren Ostertals" dauerte es allerdings nur zwei Jahre, bis die Niederselchenbacher ihre Rückkehr nach Konken einforderten. Der Weg nach Konken sei 30 Minuten kürzer und in besserem Zustand als die Strecke nach Niederkirchen, argumentierten sie. Zunächst jedoch erfolglos: Denn das Niederkircher Presbyterium sah in dem Ansinnen der Niederselchenbacher den Versuch, ihren Beiträgen zum Pfarrhausneubau in Niederkirchen aus dem Weg gehen zu wollen. Schließlich befasste sich die Synode in Kusel mit dem Antrag. Mit der Begründung, die weitere Zugehörigkeit von Niederselchenbach zur Pfarrei Niederkirchen "verwehre oder verbittere den Antragstellern ihre Gottesverehrung", wurde 1823 die Rückkehr des Ortes nach Konken verfügt. Ein erneuter Vorstoß des Niederkircher Pfarrers von 1832, seine Pfarrei doch wieder um den Ortsteil zu erweitern, blieb ohne Erfolg, heißt es in der Chronik. nec

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