Blick in die Verkehrsunfallstatistik 2018 Raserei bleibt Unfallursache Nummer eins

St. Wendel · Die Zahl der Unglücke auf den Straßen im St. Wendeler Land ist leicht gesunken. Dafür weist die Polizei-Statistik mehr Unfälle mit Verletzten auf.

 Radarfallen sollen Autofahrer vom Rasen abhalten. Die Statistik zeigt, dass eine überhöhte Geschwindigkeit im St. Wendeler Land im vergangenen Jahr zu 119 Unfällen mit Verletzten geführt hat.

Radarfallen sollen Autofahrer vom Rasen abhalten. Die Statistik zeigt, dass eine überhöhte Geschwindigkeit im St. Wendeler Land im vergangenen Jahr zu 119 Unfällen mit Verletzten geführt hat.

Foto: dpa/Marijan Murat

Die stahlharten Burschen sind etwa zwei Meter groß. Doch ihre Tarnung ist grandios. Gut versteckt legen sie sich auf die Lauer. Nähert sich ein Fahrzeug mit überhöhter Geschwindigkeit, kommt ihre heimtückische Waffe zum Einsatz: ein roter, blendender Blitz. Autofahrer ärgern sich oft über diese Attacken. Doch ein Blick in die Verkehrsunfallstatistik 2018 zeigt, dass die Tempomessgeräte durchaus eine Berechtigung haben. Denn noch immer ist Raserei ursächlich für 35 Prozent aller Unfälle mit Verletzten im St. Wendeler Land. Gefolgt von zu geringem Abstand (zwölf Prozent), missachteter Vorfahrt (elf Prozent) und dem Genuss von Alkohol oder Drogen (sechs Prozent). „Diese Reihenfolge ist in den vergangenen Jahren immer ähnlich gewesen“, hat Jörg Valeske, Leiter der Polizeiinspektion (PI) St. Wendel, beobachtet. Dass sich Geschwindigkeit als Hauptunfallursache so deutlich absetzt, führt er primär darauf zurück, dass viele Fahrer ihr Tempo nicht an die äußeren Umstände anpassen.

Doch die Statistik verrät noch viel mehr. Etliche Diagramme, Tabellen, Zahlen und Karten verdeutlichen, was auf den Straßen los ist. Und vor allem im St. Wendeler Land ist das so einiges. Denn hier scheinen die Menschen ihren fahrbaren Untersatz besonders zu lieben. 747 138 Wagen waren im vergangenen Jahr im Saarland zugelassen, 73 739 davon im Landkreis St. Wendel. Der ist damit erneut Spitzenreiter im kleinsten Flächen-Bundesland, gefolgt von Merzig-Wadern. „Diese Ausgangssituation sollte einem bewusst sein, wenn man sich die Unfall-Verteilung ansieht“, erklärt Valeske. Logisch: Denn wo viele Fahrzeuge unterwegs sind, ergeben sich schließlich auch viele Gelegenheiten für Unfälle. „Wir leben in einer Pendlerregion. Die Menschen auf dem Land bewegen sich oft mit dem eigenen Auto und nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fort. Zudem kommen viele Urlauber hierher. Und wir haben etliche kurvenreiche Landstraßen“, fasst der Polizeichef zusammen, welche Fakten die Unfallrate beeinflussen.

Insgesamt haben sich im vergangenen Jahr 3416 Unglücke auf den Straßen im St. Wendeler Land ereignet. „Im Vergleich zu 2017 bedeutet das ein leichter Rückgang von 0,23 Prozent“, rechnet Valeske vor. Er freut sich, dass es dieses Mal keinen Zuwachs zu verzeichnet gibt. Das war in den Jahren zuvor noch anders. 2016 wurden 3163 Unfälle registriert, 2017 waren es 3425. Ein Anstieg um satte 8,3 Prozent. Dass sich die Lage nun wieder stabilisiert hat, führt der Erste Kriminalhauptkommissar unter anderem auf die gute Zusammenarbeit in der Verkehrsunfallkommission zurück. Hier versuchen Vertreter des Landesbetriebs für Straßenbau, der Straßenverkehrsbehörden und der Polizei gemeinsam, die Sicherheit auf den Straßen zu verbessern. „Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg, und fühlen uns auch in unserem Handeln bestätigt“, sagt Valeske.

Unterteilt man die Gesamtzahl der Verkehrsunfälle nun in solche mit und ohne Verletzte, ergibt sich allerdings ein gespaltenes Bild. Die gute Nachricht: Nach dem Anstieg der Unglücke ohne Personenschäden im Jahr 2017 auf ein Zehn-Jahres-Hoch (3111 Unfälle) gibt es in diesem Bereich nun einen Rückgang um 1,9 Prozent (3077 Unfälle). Die schlechte Nachricht: Wurden 2017 insgesamt 314 Unfälle mit Verletzten registriert, waren es im Jahr 2018 insgesamt 339. Ein Zuwachs um acht Prozent. „Wir haben versucht zu analysieren, was die Gründe dafür sind“, erklärt Hauptkommissar Albert Feidt, „allerdings haben wir keine plausible Erklärung gefunden.“ Schwankungen seien in dem Teil der Statistik nicht ungewöhnlich. Sie seien in den vergangenen Jahren immer wieder aufgetreten.

Gleich geblieben ist hingegen die Zahl der Toten. Wie schon im Jahr 2017 starben auch 2018 wieder sechs Menschen auf den Straßen im St. Wendeler Land. Zudem wurden bei den 339 Unfällen, bei denen Menschen zu Schaden kamen, 344 leicht und 112 schwer verletzt. Dieses Ungleichgewicht zwischen Unglücken und Opfern kommt zustande, da oft mehrere Insassen in einem Unfallwagen unterwegs waren. Feidt weist in diesem Zusammenhang auf die Bundesstraße 41 hin: „Auf der Hauptverkehrsader ereignen sich immer wieder schwere Unfälle.“ Die Autofahrer würden dort gerne mal aufs Gaspedal drücken und die Überholspuren bis auf den letzten Drücker ausreizen. Dienststellen-Leiter Valeske versichert, dass die Polizei diese Strecke besonders im Auge habe – und immer wieder versuche, sie sicherer zu machen. Erst vor kurzem sei beispielsweise der Fahrstreifen im Bereich Niederlinxweiler umgestaltet worden. Dadurch würden die Autofahrer ihre Geschwindigkeit langsamer aufnehmen. Eine Maßnahme, die bereits Wirkung zeige, wie Valeske versichert.

In die meisten Unfälle mit verletzten Personen sind übrigens junge Autofahrer verwickelt. Mit 66 Kollisionen war die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen im vergangenen Jahr Spitzenreiter. Dicht auf den Fersen sind ihnen die 25- bis 34-Jährigen mit 58 Unfällen. Deutlich seltener kracht es hingegen, wenn Senioren das Lenkrad in die Hand nehmen. Die 65- bis 74-Jährigen verursachten 20 Unfälle, die über 75-Jährigen insgesamt 17. In Zeiten, in denen über Fahrtauglichkeitsprüfungen für ältere Menschen diskutiert wird, stellt Polizeihauptkommissar Feidt fest: „Senioren am Steuer sind nicht unser größtes Problem.“

Ereignet sich eine Kollision auf einer Straße im Landkreis St. Wendel, sind daran meist Autos beteiligt (249 Unfälle), gefolgt von Zweirädern (33) und Radfahrern (24). Die Zahl der Unglücke mit Drahteseln bleibt somit gegenüber dem Vorjahr unverändert. „Obwohl immer mehr E-Bikes unterwegs sind, verzeichnen wir hier keinen Anstieg der Unfälle“, sagt Valeske und fügt hinzu: „Noch nicht.“ Denn die elektronisch betriebenen Räder gewinnen zunehmend an Beliebtheit und bergen gleichzeitig ein erhöhtes Gefahrenpotenzial. Plötzlich würden Menschen aufs Rad steigen, die dies jahrelang nicht mehr getan haben. Ihnen fehle oft das Geschick, ihr Gefährt zu steuern. „Hinzu kommt, dass man mit E-Bikes die Möglichkeit hat, an Stellen Geschwindigkeiten zu fahren, die man aus Muskelkraft nicht erreichen würde“, warnt der Polizeichef. Er geht davon aus, dass Unfälle mit Pedelecs künftig in der Statistik eine größere Bedeutung einnehmen werden.

 Unfallbeteiligung

Unfallbeteiligung

Foto: SZ/Steffen, Michael
 Unfallursachen

Unfallursachen

Foto: SZ/Steffen, Michael

Fester Bestandteil sind hingegen schon seit Jahren die Wildunfälle. Sie bereiten den Polizisten Kopfzerbrechen. „Das ist eine ständige Kurve nach oben“, hat Feidt beobachtet. Mit 1147 Wildunfällen habe man im Jahr 2017 den bisherigen Höchstwert erreicht. Und dieser sei im vergangenen Jahr auch nur geringfügig auf 1079 zurückgegangen. „Außerdem gibt es noch eine Dunkelziffer“, weiß Feidt. Um in Zukunft Zusammenstöße mit Rehen, Wildschweinen, Dachsen und Co. zu verhindern, arbeitet die Verkehrsunfallkommission unter anderem mit der Technischen Hochschule in Saarbrücken zusammen. Einige Studenten analysieren Strecken, auf denen es häufig zu Unglücken mit Tieren kommt. Anschließend schlagen sie Maßnahmen vor, um diese Zahlen zu senken. „Unsere Aufgabe ist es dann zu gucken, was davon realisierbar ist“, sagt Feidt. Gerade erst wurden neue Warninformationstafeln auf der B 41 zwischen Alsfassen und Pinsweiler, der B 269 zwischen Winterbach und Alsweiler sowie der B 420 zwischen Marth und der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz aufgestellt. Darüber hinaus gibt es ein neues optisches Blinkwarnlicht auf der L 131 zischen St Wendel und Werschweiler. „Noch haben wir keine Ergebnisse, ob sich diese Maßnahmen positiv auswirken. Das wird die Zeit zeigen“, sagt Valeske. Er betont: Das beste Mittel, um Unfälle zu verhindern, sei immer noch eine vorausschauende Fahrweise. Hierbei sei die Geschwindigkeit insbesondere auch den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen anzupassen. Und ganz nebenbei schützt dieses Verhalten auch vor den fiesen Angriffen der Blitzersäulen.

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