„Gestillte Kinder sind gesünder“

Saarlouis · Barbara Apitz ist Hebamme, Still- und Laktationsberaterin IBCLC und Stillbeauftragte des saarländischen Hebammenverbands. Die 46-Jährige aus Merzig berät werdende oder junge Mütter zum Thema Stillen, unter anderem im DRK-Krankenhaus in Saarlouis. Über die positiven Auswirkungen des Stillens für Mutter und Kind sprach mit ihr SZ-Mitarbeiterin Barbara Scherer.

Frau Apitz, warum sollten Mütter ihre Kinder stillen?

Apitz: Muttermilch enthält wesentlich mehr Inhaltsstoffe als künstliche Nahrung. Gestillte Kinder sind gesünder, es sinkt zum Beispiel das Risiko von Diabetes. Stillen nutzt auch der Mutter, da das Risiko für Brust- und Ovarialkrebs deutlich niedriger ist. Für die Gesellschaft sinken die Gesundheitsausgaben, aber auch die Familie spart Geld für Säuglingsnahrung.

Wie lange sollte eine Frau ihr Kind stillen?

Apitz: Anzustreben ist es, ein halbes Jahr voll zu stillen und dann mit Beikost weiter zu stillen - laut WHO und Unicef bis zu zwei Jahre und darüber hinaus. Es kann so lange gestillt werden, wie es Mutter und Kind gefällt. Weltweit gesehen werden viele Kinder bis zum siebten Lebensjahr gestillt. Vom immunologischen Standpunkt her ist es immer gut für ein Kind, Muttermilch zu kriegen.

Wie oft wird ein Kind gestillt?

Apitz: Damit die Milchbildung sich etabliert, empfiehlt man, in den ersten zwei Wochen acht bis zwölf Mal in 24 Stunden anzulegen. Danach entwickelt sich das individuelle Stillmanagement zwischen Mutter und Kind .

Welche Möglichkeiten haben stillende Mütter , die mehrere Stunden von ihrem Kind getrennt sind?

Apitz: Man kann Milch abpumpen, sodass eine andere Person dem Kind die Milch später geben kann. Man kann auch Muttermilch in der Kita oder Kinderkrippe abgeben.

Wie geht man bei der Umstellung von Muttermilch auf normale Nahrung vor?

Apitz: Man spricht hier von Beikost, und die Betonung liegt auf "Bei": Stillen bleibt vorerst die Hauptnahrungsquelle. So, wie das Kind das Tempo vorgibt, wird dann schrittweise Mahlzeit für Mahlzeit ersetzt. In der Regel beginnt das Kind mit etwa zehn Monaten sowieso, vom Familientisch mitzuessen - mit einem Jahr soll es das. Wie oft es dann noch dazu gestillt wird, ist ganz individuell.

Gibt es Situationen, in denen empfohlen wird, nicht zu stillen?

Apitz: Frauen mit HIV-Infektion rät man in Deutschland vom Stillen ab. Außerdem gibt es Stoffwechselerkrankungen, bei denen man unter Umständen nur teilstillen kann. Da muss im Einzelfall entschieden werden.

Müssen Frauen, die stillen, bestimmte Dinge beachten?

Apitz: Früher hat man Empfehlungen herausgegeben, was man nicht essen sollte - davon ist man ganz abgekommen. Eine ausgewogene Mischkost ist für die Stillende okay, der Kalorienbedarf ist um etwa 500 Kalorien erhöht. Was natürlich nicht einfach so konsumiert werden darf, sind Alkohol, Nikotin und Medikamente. Bei einer vorhandenen Erkrankung kann die Mutter eine Beratungsstelle aufsuchen. Es gibt für fast jede Erkrankung ein Medikament, das eingesetzt werden kann.

Wohin können sich Frauen mit Fragen zum Stillen wenden?

Apitz: Jede Frau hat das Anrecht auf Hebammenhilfe nach der Geburt. Bis zu acht Wochen dauert die reguläre Nachsorge, danach gibt es dann noch acht mögliche Beratungstermine oder Telefonate, die die Krankenkasse trägt. Wenn das nicht ausreicht, können auf Verordnung des behandelnden Arztes auch mehr Termine in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus gibt es zum Beispiel die Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen, die La-Leche-Liga, Stillberaterinnen IBCLC und hier im DRK-Krankenhaus einen Still- und Babytreff.

Zum Thema:

HintergrundDie Weltstillwoche ist eine 1991 eingeführte Aktionswoche. Ihr Ziel ist es, auf das Stillen aufmerksam zu machen und es zu fördern. Weltweit sollen Frauen über die Vorteile des Stillens aufgeklärt werden. Die Weltstillwoche stand in diesem Jahr unter dem Motto "Stillen - Ein Gewinn fürs Leben". Während dieser Woche und darüber hinaus bietet das DRK-Krankenhaus in Saarlouis Informationen zum Thema an. bsch

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