Leserbriefe zur Dillinger Hütte Hätte mir mehr Fakten gewünscht

„Technikvorstand entschuldigt sich“, SZ vom 28. September

 Die Wogen um die Störfälle am Hochofen der ROGESA auf dem Dillinger Hüttengelände samt Rußwolke sind noch nicht geglättet.

Die Wogen um die Störfälle am Hochofen der ROGESA auf dem Dillinger Hüttengelände samt Rußwolke sind noch nicht geglättet.

Foto: Nicole Bastong

„Alles gut . . ., toll aufgeklärt. . ., der Bürger versteht die Technik sowieso nicht. . .“. So in etwa könnte man die Berichterstattung von SZ-Redakteur Mathias Winters zu den Störfällen der Dillinger Hütte interpretieren. Leider ist es dem Redakteur nicht gelungen, die Fakten korrekt darzustellen, und es fehlt mir an kritischer Recherche in der Berichterstattung.

Ich war am 13. September als Zuhörer in der ersten Sitzung des Stadtrates, in welcher der technische Vorstand der Dillinger Hütte, Bernd Münnich, mehrmals beteuerte, die Dillinger Hütte habe keinerlei Messergebnisse der unkontrolliert freigegebenen Stoffe und Stoffgrößen, und man wisse auch nicht mehr als die Öffentlichkeit (siehe SZ-Artikel vom 14. September). Man möge zu den Ergebnissen das LUA befragen. Da die Ratsmitglieder geschlossen dieser Aussage nicht Glauben schenken mochten, wurde noch in der Sitzung der Antrag auf Zuladung des LUA für die nächste Stadtratssitzung gestellt. Aus diesem Antrag entstand dann die Dringlichkeitssitzung in der Rodener Kulturhalle.

In folgender Sitzung wurde durch Herrn Münnich dann zugegeben, dass die Hütte nun doch eigene Messungen durchgeführt habe und es einen Abgleich mit dem LUA gab. Es kommt da schon der Verdacht auf, dass hier den Ratsmitgliedern etwas verschwiegen wurde, warum auch immer. Der Berichterstattung von Herrn Winters kann ich deshalb in keiner Weise folgen. Ich hätte mir da schon eine kritische Aufarbeitung und viel mehr Fakten gewünscht. Verlorenes Vertrauen wurde für mich dadurch nicht wiederhergestellt.

Ich wohne in Roden. Ich habe die Explosionen und die Abgaswolken der letzten Wochen und die Verharmlosung der Vertreter der Hütte im Stadtrat vor ein paar Wochen erlebt. Die Äußerungen der Vertreter des Unternehmens, aber auch der Landesbehörden bei der Veranstaltung in der Kulturhalle, waren für mich nicht gerade Vertrauen erweckend.

Da wurde verharmlost. Wenn man die Vertreter der Hütte und des Landesamtes für Umweltschutz hört, wohne ich hier in Roden in einem Luftkurort. Schöner kann es nicht sein. Nun bin ich Realist. Die Hütte ist ein großes Unternehmen, dort arbeiten viele Menschen. Wir leben in einem Verdichtungsraum. Was ich aber erwarten würde, wäre mehr Ehrlichkeit und Offenheit. Gerade bei Störfällen wie in den letzten Wochen.

Dass die Landesbehörden nach eigenem Bekunden noch nicht einmal in der Lage sind, ordentliche Proben zu nehmen, hat mich entsetzt. Die Stadtratssitzung in Roden hat bei mir sogar den Eindruck erweckt, das die Mittel der Landesbehörden für eine effektive Überwachung recht bescheiden sind. Das Ganze hat bei mir den Eindruck erweckt, dass man die wirklichen Schadstoffmengen nicht an die Öffentlichkeit bringen will. Es wird verharmlost, dass sich die Balken biegen.

Manche der Herren, die für Aufklärung sorgen sollten, haben sich öfters um eine klare Antwort gewunden. Herr Ulrich hat auf seine Frage keine klare und verständliche Antwort bekommen und hat dann nochmals nachgefragt, er war aus meiner Sicht der einzige, der sich nicht mit den teils unklaren Aussagen abspeisen lies. Auch Hakan Gündüz von der SPD hat mehrere Fragen gestellt und erwähnt, dass der technische Vorstand bei der letzten Stadtratssitzung nicht so vorbereitet war, wie bei dieser Sitzung. Zudem hat die Dillinger Hütte bestätigt, dass weibliche Beschäftige vorzeitig nach Hause geschickt wurden, weil man giftige CO-Emissionen befürchtete und dies negative Auswirkungen auf Schwangere hätte. Auch den Hinweis von Herrn Ulrich, dass man zu diesem Zeitpunkt auch Anwohner hätte informieren müssen, dass es eine mögliche Gefahr für Schwangere gab, wird in Ihrem Beitrag nicht erläutert.

Als ich den Bericht in der Saarbrücker Zeitung zur Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag las, war ich verwundert. Der Bericht gab nur einen Teil der Geschehnisse wider, die ich dort erlebt habe. Viele Besucher waren deutlicher kritischer mit Blick auf die Ereignisse, als die Berichterstattung wiedergab. Objektivität und Neutralität blieben meiner Meinung nach deutlich auf der Strecke.

Was mich besonders gestört hat, waren die sehr einseitig agierenden Mitarbeiter der Dillinger Hütte. Ich saß mitten in einer großen Gruppe von Menschen, deren betriebliche Zugehörigkeit klar durch ihre Gespräche erkennbar war. Leider waren diese Leute wenig an einer sachgerechten Aufklärung interessiert. Sobald kritische Fragen gestellt wurden, gab es Pfiffe und Unmutsbekundungen. Das Ganze wirkte auf mich sehr inszeniert und diente der Sache sehr wenig.

Ich als Bürger von Saarlouis hätte erwartet, dass dieses für jeden erkennbare Verhalten auch in der Berichterstattung Erwähnung gefunden hätte. Schade, dass dem nicht so war.

Der Technikvorstand entschuldigt sich also. Wunderbar. Nach Wochen! Die Belastungen durch die Probleme von Dillinger belasten und verunsichern die Bevölkerung in Saarlouis aber seit Wochen. Wie lange hat es gedauert, bis der Konzern überhaupt reagierte. Mein Eindruck ist, dass da zuerst nur auf Vertuschung und Abwiegeln gesetzt wurde. Erst als es gar nicht mehr anders ging, als der öffentliche Druck zu groß wurde – da wurde reagiert. Die erste Stadtratssitzung war eine Peinlichkeit für Technikvorstand Münnich. Als im Stadtrat energisch nachgefragt wurde, war die Reaktion überheblich und nicht informativ. Da wurde Vertrauen verspielt.

Was ich jetzt über die zweite Stadtratssitzung lesen musste, war eine dünne Suppe. Was wirklich geschehen ist: Fehlanzeige. Welche Gefahrenstoffe entwichen sind, was gemessen wurde? Darüber erfahre ich als Leser nichts. Darum ging es aber doch. Von Entschuldigungen wird meine Gesundheit nicht geschützt.

Warum gibt es eigentlich Behörden? Wäre es nicht deren Aufgabe schnell und proaktiv in die Öffentlichkeit zu gehen und zu informieren statt zu beschwichtigen? Der Gedanke möglicherweise lungengängigen Stoffen ausgesetzt gewesen und nicht über Folgen aufgeklärt worden zu sein, ist äußerst beängstigend!

Nachdem ich die Berichterstattung über die Sondersitzung des Saarlouiser Stadtrates gelesen hatte, stellte ich mit Verwunderung fest, dass sich der anwesende Journalist, der über die Sitzung berichtete und sie kommentierte, sich nur in lobenden und verständnisvollen Worten über die Berichterstattung der Dillinger Hütte (Herrn Münnich, Technischer Vorstand) und dem LUA (Landesinstitut für Umwelt- und Arbeitsschutz) sowie dem Ministerium für Verbraucher- und Umweltschutz äußerte.

Das grüne Stadtratsmitglied Hubert Ulrich hatte allerdings eine unangenehme Frage gestellt , wie weit (gemeint Entfernung außerhalb des Hüttengeländes) die Dillinger Hütte, wenn sie einen Hochofen öffnet, der hochgiftige Gase enthält – genannt wurde vor allem CO Kohlenmonoxid –, eine Gefährdung feststellen kann. Die Frage konnte Herr Münnich nicht beantworten, alle Frauen wurden in dieser Zeit aus dem Werk nach Hause geschickt, aber das angrenzende Stadtviertel Roden, die Stadt Dillingen, die Autofahrerinnen der B 51, die am Werk vorbeiführt, waren recht ahnungslos.

Was wäre passiert, wenn CO , das geruchslos ist, freigesetzt und schwangere Frauen dem ausgesetzt gewesen wären. Schon winzige Mengen können einen Fötus schädigen. Hätte die Hütte nicht vorher die angrenzenden Stadtviertel warnen müssen, angesichts der Gefährlichkeit von CO? Zum Glück gab es keine gefährliche Emission von CO und die Information von Herrn Münnich war für mich glaubwürdig , aber ein Unwohlsein als Anwohnerin bleibt.

Pfiffe aus dem Publikum zeigten, unangenehme Fragen waren von vielen nicht gewollt, Kritik nicht erwünscht. Für mich war es wichtig, dass dennoch kritische Fragen aus den Stadtratsfraktionen gestellt wurden. Eine unabhängige Berichterstattung der Saarbrücker Zeitung dazu habe ich leider vermisst.

Die jüngsten Störfälle geben Veranlassung, die Emissionen der Dillinger Hütte näher zu betrachten. Da ist es aufschlussreich, an einem normalen, störungsfreien Tag vom Litermont-Kreuz aus einen Blick auf Dillingen und Umgebung zu richten. Tja, das sieht man wenigstens, was man einatmet. Aber es gibt ja ein probates Gegenmittel: Stopp die Luftverschmutzung, hör auf zu atmen.

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