SR-Sparmaßnahmen “Die Streichung des Halberg-Open-Airs ist noch nicht entschieden”

Der Vorsitzende des SR-Rundfunkrates Wolfgang Krause fordert vom Intendaten Thomas Kleist, dringend nach Alternativen zu suchen.

 Halberg Open Air zum Ferienbeginn im Saarland am Freitag (24.07.2015) in Saarbrücken, hier die Orsons . Foto: Becker&Bredel

Halberg Open Air zum Ferienbeginn im Saarland am Freitag (24.07.2015) in Saarbrücken, hier die Orsons . Foto: Becker&Bredel

Foto: BeckerBredel/bub/ fb

Dem Saarländischen Rundfunk stehen künftig wegen nicht erwarteter zu niedriger Beitragseinnahmen statt 69 Millionen jährlich etwa zwei bis drei Millionen Euro weniger zur Verfügung. SR-Intendant Thomas Kleist hat daher eine Streichliste entwickelt, um den Sender nicht in eine finanzielle Schieflage zu bringen. Besonders das von Kleist geplante Aus für das beliebte kostenlose Halberg-Open-Air ab 2018 hat eine Protestwelle im Saarland hervorgerufen. Der Rundfunkratsvorsitzende Wolfgang Krause (Chef der Verbraucherzentrale/SPD) erklärt im SZ-Interview, ob die Entscheidungsgremien am Halberg den Plänen zustimmen werden.

Ist die Streichung des kostenlosen Halberg-Open-Airs ab 2018 alternativlos?

KRAUSE Der SR hat sich damit auseinanderzusetzen, dass ihm vom Beitragsservice, die frühere GEZ, statt 69 nur noch etwa 66 Millionen Euro überwiesen werden. Diese Kürzung aufgrund demografischer Entwicklungen muss spätestens im Januar 2018 im nächsten SR-Haushalt verarbeitet werden. Dieses Geld kommt nicht mehr herein. Hintergrund ist, dass der SR am stärksten von der Veränderung des Rundfunkbeitrags betroffen ist. Der Rundfunkbeitrag war früher ein Kopfbeitrag und ist jetzt ein Haushaltsbeitrag. Wir haben im Saarland ein weit überdurchschnittliche Mindereinnahme-Situation, weil sehr viele Beitragszahler hier unter einem Dach leben. Überdurchschnittlich viele Studenten, die noch bei den Eltern wohnen, und überdurchschnittlich viele ältere Menschen, die im Häuschen der Kinder mitwohnen. Hinzu kommt eine überdurchschnittlich hohe Quote an Beitragsbefreiungen aus sozialen Gründen. All dies führt dazu, dass die Schätzung des Beitragsservices drastisch zurückgenommen worden ist um etwa drei Millionen Euro. Die fehlen uns in der Kasse. Zu den Beiträgen kommt noch die Umlage, die innerhalb der ARD gezahlt wird. Wir haben beim SR einen Haushalt von etwa 123 Millionen Euro. Intendant Thomas Kleist hat zunächst intern im Haus kommuniziert und dann den Rundfunkrat mit einem Tag Abstand informiert, was ich für richtig finde. Es hat zwar Friktionen (Reibungen, d. Red.) im Rundfunkrat deswegen gegeben, aber ich glaube, das kann man erklären. Das Halberg-Open-Air ist in dem Zehn-Punkte-Plan von Kleist das markanteste Ereignis.

Hat das Halberg-Open-Air noch Chancen?

KRAUSE Das Halberg-Open-Air kostet uns 360.000 Euro. Das ist schon ein Löwenanteil an der Einsparsumme von zwei Millionen Euro. Wenn wir im Rundfunkrat sagen, wir machen es trotzdem weiter, müssen wir Alternativen finden. Wir müssen Sponsoren finden, was auch in den letzten Jahren schon extrem schwierig war. Und wir müssen Möglichkeiten finden, wenn wir es fortsetzen würden, die Kosten an anderer Stelle wieder einzusparen. Es wird – so oder so – Aufschreie geben. Ich kann nicht sagen, ob das gelingen wird. Ich kann aber verbindlich sagen, dass wir das Thema sehr intensiv diskutieren werden. Es gibt von Seiten einzelner Rundfunkratsmitglieder erhebliche Bedenken wegen der Streichung des Halberg-Open-Airs. Egal ob Verwaltungsrat, Finanzausschuss des Rundfunkrates oder Rundfunkrat: Auf jeder dieser Ebenen sind noch Veränderungen möglich.

Welche Empfehlung werden Sie als Rundfunkrats-Vorsitzender dem Rundfunkkrat in der nächsten Sitzung am 19. Juni geben: Zustimmung zum Sparprogramm des Intendanten Kleist? Oder schlagen Sie Veränderungen vor?

KRAUSE Wir werden bis dahin auch im Verwaltungsrat noch eine Sitzung haben. Ich werde auf jeden Fall dem Intendanten vorschlagen, dringend nach Alternativen zur Streichung des Halberg-Open-Air zu suchen. Wir sind als ARD und SR bemüht, die Jugend an den Sender zu binden. Das ist ja unser ARD-Problem: Die totale Überalterung. Das junge Publikum setzt sich über Internet mit den modernen Medien auseinander. Oder die Jugend erreicht man nur noch über den Sport. Aber die Rechte für die Übertragung von Sportveranstaltungen sind nur noch sehr schwer zu bekommen. Die Medien-Experten sagen immer, der Sport sei das letzte große Lagerfeuer, wo sich die Familie um den Fernseher versammelt. Andererseits muss man beim Halberg-Open-Air sagen: man darf es in seiner Wirkung für den Sender auch nicht überschätzen. Es ist ein emotionales Thema. Viele, viele Eltern waren in ihrer Jugend schon dabei. Viele Eltern und Großeltern, die ihre Kinder heute nach dem Openair am Halberg abholen, nehmen das positiv wahr, wenn die Kinder und Jugendlichen begeistert wiederkommen. Wir suchen deshalb nach alternativen Lösungen, die allerdings verkraftbar sein müssen. Einer der Hauptkostenfaktoren dabei ist die Sicherung des Halbergs. Auch beim Rocko-del-Schlacko ist der SR Mitveranstalter und bei diversen Pop-Konzerten gibt sich der SR mit seinem Sprecher Peter Meyer (Chef des Saar-Pop-Rates, d. Red.) Mühe, in der Pop-Kultur ein Gegengewicht zur Hochkultur Klassik zu schaffen.

Wie beurteilen Sie die Kritik der Jugend-, Schüler- und Elternverbände an der Streichung des Halberg-Open-Airs?

KRAUSE Ich habe dafür volles Verständnis. Gerade wegen der spezifischen Zielgruppe. Wir haben zwar Unser Ding und die Angebote im Internet, aber man muss nicht drumherumreden: Im Saarland ist das Halberg-Open-Air eine Institution, zu der jeder Jugendliche, unabhängig davon, ob die Eltern viel Geld haben oder nicht, hinkommen konnte. Aber wir haben auch die Gesamtverantwortung für den Sender.

Gibt es nach Ihrer Ansicht als Mitglied der ARD-Finanzplanungskommission noch Chancen, mehr Geld für den SR aus der ARD-Gemeinschaft loszueisen? Vergleichbar mit den erfolgreichen Anstrengungen der Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bei den Bund-Länder-Finanzverhandlungen zugunsten des Saarlands? Das ist ja eine ähnliche Notlage.

KRAUSE Das ist vor allem insofern ähnlich, weil es eine unverschuldete Situation ist. Bei allen Finanzplanungen innerhalb der ARD hatte dieser Faktor des Gebührenaufkommens nie eine Rolle gespielt, weil wir den als stabil angesehen haben. Und auch davon ausgegangen sind, dass die Zahlen belastbar sind. Wir waren beim SR im ARD-Vergleich schon immer sparsam aufgestellt. Wir sind allerdings im Moment in einer Schraubstock-Situation. Die Staatskanzleien der Bundesländer haben in der ARD eine Überprüfung von Kooperationsmöglichkeiten in Auftrag gegeben, weil offenbar ein stabiler Beitrag ab 2020 politisch angestrebt wird. Das bedeutet weitere erhebliche Einsparmaßnahmen, vor allem für die großen Anstalten.

Wäre eine moderate Anhebung der Rundfunkgebühren eine Lösung, um den SR aus der Finanzkrise zu führen? Um welchen Betrag müsste die Gebühr erhöht werden, um das Halberg-Open-Air zu retten?

KRAUSE (lacht) Gute Frage! Es wird über eine Summe von etwa einem Euro diskutiert, die man braucht, um ansatzweise die Kosten in den Griff zu kriegen. Wobei bundesweit gesehen – nicht im Saarland, die Regierung steht voll hinter dem SR – politisch eher auf Beitragsstabilität gesetzt wird. Was angesichts von Lohnsteigerungen und teurer Technik zu Mindereinnahmen führen wird. Für das Halberg-Open-Air wäre eine sehr geringe Beitragserhöhung notwendig. Aus ARD-Sicht sind die 360.000 Euro gar nichts. Aber für den SR sind das etwa zehn Prozent von dem, was wir einsparen müssen. Aber wir werden hart miteinander diskutieren. Das kann ich auch allen jungen Leuten versprechen: Die Streichung des Halberg-Open-Airs ist noch nicht entschieden.

Das Gespräch führte Dietmar Klostermann.

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